# taz.de -- Rechte Partei in der Krise: Schwund bei der Jungen Alternativen | |
> Nach der Wahl von Lars Steinke zum Niedersächsischen Vorsitzenden der | |
> AfD-Jugend trat ein Dutzend Mitglieder aus. Auch Landeschef Hampel | |
> distanziert sich. | |
Bild: Der Haussegen hängt schief bei der AfD Niedersachsen | |
HAMBURG taz | Es sieht so aus als katapultiere sich die Junge Alternative | |
(JA) Niedersachsen mit einer Personalentscheidung selbst ins politische | |
Aus. Seit die Jugendorganisation der Alternativen für Deutschland den | |
Göttinger Lars Steinke vor einer Woche mit knapper Mehrheit zum | |
Landesvorsitzenden bestimmte, häufen sich die Austritte. | |
Rechts müsse ja nicht gleich rechtsextrem bedeuten, erklärt der | |
zurückgetretene JA-Bezirksvorsitzende in Lüneburg, Mario Olssen. Aber: Mit | |
der Personalentscheidung sei eine Richtungsentscheidung getroffen worden. | |
Er wendet sich an seine Expartei: „Liebe Mitglieder und Funktions- oder | |
Mandatsträger in der AfD, ich rate euch zwingend aus der Jungen Alternative | |
auszutreten oder die Zusammenarbeit einzustellen.“ Wenn sich alle daran | |
halten, würden noch 40 Personen die JA verlassen, kalkuliert Olssen. | |
Beim fünften Landeskongress des Jugendverbandes setzte sich Steinke, | |
JA-Bezirksvorsitzender in Braunschweig, mit 32 Stimmen mit zwei Stimmen | |
Vorsprung gegen einen Mitstreiter durch. Ein Ergebnis, dass nicht bloß | |
Parteikollege Olssen erschütterte. Zwölf JA-Mitglieder sollen gleich am | |
nächsten Tag ausgetreten sein. Läuft doch gegen Steinke, der die Göttinger | |
JA-Hochschulgruppe gegründet hat, ein Parteiausschlussverfahren. | |
Steinke hat den rechtsextremen Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen | |
mitgegründet. Dieser organisiert in der Region Göttingen seit 2015 | |
Mahnwachen gegen „Überfremdung“ und „Asylpolitik“. Mit dabei: Anhänge… | |
NPD, der Partei Die Rechte und der Kameradschaft AG Rhumetal. Im Februar | |
dieses Jahres ging die Polizei gegen den Freundeskreis vor, wegen des | |
Verdachts der Bildung einer bewaffneten Gruppe. Bei einer Razzia stellten | |
sie Schusswaffen sicher sowie Schlag- und Stichwerkzeuge. | |
Diesen Kontakt hält Olssen nicht bloß Steinke vor. „Steinke und | |
insbesondere der Bezirk Braunschweig“ seien gemeinsam mit dem | |
rechtsextremen Freundeskreis aufgetreten, schreibt er in seiner | |
Rücktrittserklärung, die der taz vorliegt. Ein Mitglied des BV Braunschweig | |
hätte zudem vor öffentlichen Kameras den Hitlergruß gezeigt. Im vergangenen | |
Jahr hätte die JA 20 Ordnungsmaßnahmen gegen Mitglieder des Bezirkes | |
eingeleitet worden. Olssen erklärt, dass diese Maßnahmen nötig waren, da in | |
der JA-Whatsapp-Gruppe Braunschweig Aussagen gepostet wurden wie: „Wir | |
sollten Tierversuche stoppen und Flüchtlinge dafür nehmen“ oder „Wir | |
sollten endlich über eine Endlösung für die Musels in Deutschland | |
nachdenken“. Wer „NPD-Slogans recycelt“ würde der AfD einen „braunen | |
Stallgeruch“ verpassen, resümiert Olssen. Der ebenso zurückgetretene | |
Vorsitzende des Bezirksverbandes Hannover, Sven Larres, hält Steinke auch | |
die Nähe zur rechtsextremen Identitären Bewegung (IB) vor. | |
Die Nähe zum Freundeskreis sei „vollkommen erdacht“, behauptet Steinke, und | |
seine Kontakte zur IB hätten vor dem Unvereinbarkeitsbeschluss bestanden. | |
Auf der Facebook-Seite der Braunschweiger JA wird jedoch prominent das Buch | |
eines IB-Kaders beworben. | |
Schon auf dem Landeskongress erklärte Armin-Paul Hampel, Vorsitzender der | |
AfD-Niedersachsen, wegen der Wahl Steinkes, „die Zusammenarbeit mit der | |
Landes-JA in Zukunft verweigern zu wollen“. Die Wahl Steinkes sei nicht im | |
Sinne des Landesvorstandes, bestätigte AfD-Landessprecher Daniel Biermann | |
dem Göttinger Tageblatt. Formal besteht für die Partei aber nicht viel | |
Spielraum. Unter dem Paragrafen 18 der Satzung der JA Niedersachsen heißt | |
es: „Die JA Niedersachsen und AfD Niedersachsen (…) sind zur gemeinsamen | |
Zusammenarbeit verpflichtet.“ | |
Die Abgrenzungsbemühungen Hampels verwundern nicht. Die Partei sorgt sich, | |
vom Verfassungsschutz beobachtet werden zu können. Im Januar 2017 sagte | |
Thorsten Weiß, JA-Vorsitzender in Berlin, dass „es immer wieder Personen | |
gibt, die Veranstaltungen gegenseitig besuchen“. Bei der versuchten | |
Erstürmung des Bundesjustizministeriums Mitte Mai durch IB-Anhänger war der | |
ehemalige Schatzmeister der JA-Berlin, Jannik Brämer, beteiligt. Per | |
Haftbefehl wurde er gesucht, da er bei der Aktion fast einen | |
Zivilpolizisten überfahren hätte. Brämer legte sein Amt nieder. | |
Der neue JA-Landesvorstand gibt sich gegenüber der Landes-AfD offen: Er | |
stehe „für konstruktive Lösungen“ und hoffe, dass die Mutterpartei einen | |
„Kurs der Entspannung“ einschlägt. | |
7 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
## TAGS | |
Junge Alternative (AfD) | |
AfD Niedersachsen | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
Junge Alternative (AfD) | |
AfD Niedersachsen | |
Schwerpunkt AfD in Berlin | |
Schwerpunkt Landtagswahlen | |
Göttingen | |
Demonstrationen | |
Schwerpunkt Flucht | |
Niedersachsen | |
Fritz Bauer | |
Fritz Bauer | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kolumne Der rechte Rand: AfD-Jugend im Steinke-Streit | |
Lars Steinke ist niedersächsischer Landeschef der „Jungen Alternative“. | |
Deren Bundesvorstand will Steinke ausschließen – nun ruft Steinke auf zum | |
Putsch. | |
Job als Mitarbeiter statt Parteiausschluss: AfD beschäftigt Identitären-Freund | |
Niedersachsens AfD-Fraktion verschafft Lars Steinke einen Job als | |
Mitarbeiter. Wegen Steinkes Nähe zu rechtsextremen Organisationen läuft | |
zugleich ein Parteiausschlussverfahren. | |
Jungen Alternative und Identitäre: Die AfD hat ein Jugendproblem | |
Die Berliner AfD-Jugend wählt ein umstrittenes Mitglied in ihren Vorstand. | |
Die Partei reagiert überaus harsch. | |
Rauswurf bei der AfD: Rechtspopulisten auf neuem Kurs | |
Die AfD schmeißt in Niedersachsen kurz vor der Landtagswahl ihre | |
Spitzenkandidatin Dana Guth aus ihrer Fraktion. | |
Studentenverbindungen unter Schutz: Polizei sorgt sich um Burschenschaftler | |
Weil es in Göttingen vermehrt Angriffe auf Studentenverbindungen gibt, | |
richtet die Polizei eine gesonderte Ermittlungsgruppe ein. | |
Linke vereint gegen Rechtsextreme: Wenn Nazis sich nach Göttingen trauen | |
Linke Szene und SPD verbündeten sich zur Demo gegen die „Mahnwache“ des | |
rechtsextremen „Freundeskreises Thüringen/Niedersachsen“ in Göttingen. | |
Asylfeindlicher „Freundeskreis“: Marathon gegen Flüchtlinge | |
Eine rechte Gruppe überzieht Niedersachsen und Thüringen mit | |
Anti-Asyl-Kundgebungen. Mit dabei: vorbestrafte Neonazis. | |
Hässliche Koalition in Niedersachsen: Rechts und rechts gesellt sich | |
Im niedersächsischen Duderstadt geht der „Freundeskreis | |
Thüringen/Niedersachsen“ gegen die Asylpolitik auf die Straße. Eine neue | |
rechte Koalition. | |
Briefe von Fritz Bauer: Der einsame Nazijäger | |
Dokumente voller Verzweiflung und Hoffnung im Kampf gegen Altnazis: der | |
Briefwechsel zwischen Staatsanwalt Fritz Bauer und Thomas Harlan. | |
Kolumne Gott und die Welt: Ein existenzieller Prozess | |
Neues zum Fall des Generalstaatsanwalts Fritz Bauer: Er hat Verfahren gegen | |
NS-Juristen eingestellt. Tragik oder der Wille zum Rechtsstaat? |