# taz.de -- Asylfeindlicher „Freundeskreis“: Marathon gegen Flüchtlinge | |
> Eine rechte Gruppe überzieht Niedersachsen und Thüringen mit | |
> Anti-Asyl-Kundgebungen. Mit dabei: vorbestrafte Neonazis. | |
Bild: Rechte Schmierereien des „Freundeskreises“. Doch es regt sich Widerst… | |
Göttingen taz | Sie nennen ihre Veranstaltungen „Freiheitliche Bürgertreffs | |
für die Zukunft unseres Landes“ oder schlicht „Mahnwachen“: Seit Ende des | |
vergangenen Jahres überzieht der rechte „Freundeskreis | |
Thüringen/Niedersachsen“ das Eichsfeld – eine konservativ und katholisch | |
geprägte Region im nordwestlichen Thüringen und im südöstlichen | |
Niedersachsen – mit flüchtlingsfeindlichen Kundgebungen. | |
Northeim, Katlenburg-Lindau, Duderstadt, Heiligenstadt: In diesen vier | |
Ortschaften versammeln sich jeden Sonntag zwischen 25 und 120 Menschen. Es | |
sind mehrheitlich Männer – und fast immer dieselben. Ist eine Kundgebung zu | |
Ende, setzen sie sich ins Auto und fahren zur nächsten. | |
„Mahnwachen-Marathon“, so bezeichnet der „Freundeskreis“ selbst seinen | |
Demonstrations-Tourismus. | |
Wer hinter dem „Freundeskreis“ steckt, soll offiziell nicht bekannt werden. | |
Statt einer Homepage mit Kontaktdaten und Impressum gibt es nur eine | |
Facebook-Seite. Bei den Kundgebungen stellen sich die Redner gar nicht oder | |
nur mit einem Vornamen vor. Dabei sind die Verbindungen ins rechtsradikale | |
Milieu offensichtlich. | |
Der Spuk begann im November im thüringischen Heiligenstadt. Unter den | |
Teilnehmern waren Beobachtern zufolge von Beginn an etliche Mitglieder der | |
NPD und neonazistischer „Kameradschaften“. Die zunächst nur wenigen | |
Gegendemonstranten seien teils mit Eisenstangen und Baseballschlägern | |
„durch die Stadt gejagt“ worden, berichteten Augenzeugen. | |
Auch Thorsten Heise wurde bei den Mahnwachen schon gesichtet. Der mehrfach | |
vorbestrafte Neonazi saß zeitweise im Bundesvorstand der NPD, war Chef der | |
inzwischen verbotenen Freiheitlich-Deutschen Arbeiterpartei (FAP) und ist | |
Herausgeber mehrerer rechtsextremer Publikationen. | |
In Niedersachsen fanden die ersten Mahnwachen Anfang Dezember in Duderstadt | |
statt. Anmelder war hier zunächst der Göttinger Verbindungsstudent Lars | |
Steinke. Er ist Vorstandsmitglied im Landesverband der | |
AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA). Inzwischen hat Steinkes | |
Kommilitone Jan Philipp Jaenecke die Rolle des Anmelders übernommen. Der | |
26-Jährige ist bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten. | |
## Rechtsextreme Szene gut vernetzt | |
„Die AfD-Jugendorganisation kooperiert offen mit der NPD, ein JA-Funktionär | |
organisiert gemeinsame Veranstaltungen mit einem NPD-Stadtrat aus dem | |
Eichsfeld“, sagt die thüringischen Linken-Abgeordnete Katharina König. Der | |
Info-Dienst „Blick nach rechts“ sieht die rechtsextreme Szene in der Region | |
als „Kameradschaft Dreiländereck“ schon seit Langem gut vernetzt. | |
Verbindungen des „Freundeskreises“ zur Neonazi-Szene konstatiert auch die | |
Niedersächsische Landesregierung. Es sei bekannt, dass Angehörige dieser | |
Szene an Veranstaltungen des „Freundeskreises“ teilgenommen hätten, teilte | |
das Innenministerium auf eine Anfrage der Grünen mit. | |
Inzwischen machen lokale Bündnisse gegen rechts gegen Auftritte des | |
„Freundeskreises“ mobil. Teilweise gelang es ihnen, die Mahnwachen mit | |
Sirenengeheul und lauter Musik zu übertönen. Nun droht der „Freudeskreis“ | |
Gegendemonstranten unverhohlen Gewalt an. „Es ist kein Geheimnis, dass | |
diverse Rocker Clubs, Hooligans und andere Vollkontaktbegeisterte in großer | |
Zahl zu unseren engsten Vertrauten gehören“, hieß es kürzlich bei Facebook. | |
Sollte die Polizei Störungen der Mahnwachen nicht verhindern, „kostet uns | |
das genau einen Anruf und wir nehmen die Sicherheit und den geregelten | |
Ablauf unserer Veranstaltung selbst in die Hand“. | |
2 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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