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# taz.de -- Atommüll-Transport auf dem Neckar: Entchen gegen Castorschiff
> Auf dem Neckar wird Atommüll verschifft. Aktivisten konnten den Transport
> kurz unterbrechen: indem sie sich von einer Brücke abseilten.
Bild: Wurden von der Polizei runtergeholt: kletternde Anti-AKW-Aktivisten
Göttingen taz | Mit einem Großaufgebot hat die Polizei am Mittwoch den
ersten Castortransport auf einem Fluss gesichert. Sie konnte aber nicht
verhindern, dass Umweltschützer mit einer Kletteraktion die Fahrt des
Atommüllschiffes für rund eine Stunde unterbrachen. Der aus einem
Transportschiff und einem Schubboot bestehende Transportverband war in der
Nacht in Obrigheim mit drei Castorbehältern aus dem stillgelegten
Atomkraftwerk beladen worden und um kurz nach 6 Uhr gestartet. Für die 50
Kilometer lange Strecke nach Neckarwestheim, wo die Castoren im dortigen
Zwischenlager geparkt werden sollen, hatten der AKW-Betreiber Energie
Baden-Württemberg (EnBW) und das Umweltministerium des Landes 12 Stunden
Fahrzeit kalkuliert.
Nach dem Ablegen fuhr der Konvoi zunächst neckarabwärts zur etwa zehn
Kilometer entfernten Schleuse Guttenheim und wendete dort. „Riskante
Experimente auf dem Wasser“, kritisierte die Umweltschutzorganisation
[1][Robin Wood per Twitter]. Zunächst verlief der Transport aber
störungsfrei, zu einer Protestdemo in Heilbronn versammelten sich lediglich
etwa 60 Atomkraftgegner.
Die Polizei hatte ein Bade- und Schwimmverbot sowie ein Überflugverbot für
den betroffenen Flussabschnitt verfügt und den übrigen Schiffsverkehr
gestoppt. „Wer Gegenstände ins Wasser wirft, begeht eine
Ordnungswidrigkeit“, [2][twitterten die Beamten] – Aktivisten hatten zuvor
angekündigt, die Castorflotte auch mit zu Wasser gelassenen Plastik- und
Gummienten zu stören. Der gelbe Vogel mit Augenklappe, Piratenflagge und
Anti-AKW-Sonne ist das Symbol der CastorgegnerInnen in der Region.
„Der riesige Aufwand der Polizei widerlegt alle Beteuerungen, das Schiff
wäre ausreichend gegen Terrorattacken gesichert“, schimpfte Jochen Stay von
der Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“ am Morgen. „Wenn dem so wäre,
dann würde es völlig ausreichen, ein paar Beamte abzustellen.“
Nicht verhindern konnte die Polizei die Kletterei von Robin Wood: Die vier
Aktivisten spannten über dem Neckar ein Transparent mit der Aufschrift
„Vermeiden statt verschieben“. Weitere Mitglieder der Umweltorganisation
demonstrierten am Ufer. Unter der Brücke patrouillierten Polizeiboote, auch
auf der Brücke und am Ufer waren Sicherheitskräfte zu sehen. Spezialkräften
gelang es, die Kletterer loszumachen und in ein Polizeiboot abzuseilen.
Wenig später passierte der Castortransport die Brücke.
## Überflüssige Verschiebeaktion?
Die Proteste gingen auch am Nachmittag weiter. An einem Wehr im Heilbronner
Stadtteil Horkeim seilten sich erneut zwei Atomkraftgegner ab. „Das
Höheninterventionsteam ist dabei, die Kletterer zu sichern“, hieß es [3][in
einem Polizeitweet] um 14.30 Uhr. „Ein Beruf so interessant wie das Leben!“
Die Demonstranten kritisieren das Verschieben der Castoren als völlig
überflüssig. Die Behälter seien am Zielort noch schlechter untergebracht
als in einem neuen Zwischenlager in Obrigheim. Das Zwischenlager in
Neckarwestheim befinde sich in zwei Tunnelröhren in einem ehemaligen
Steinbruch, so Julian Smaluhn von Robin Wood. Durch das Eindringen und
Abpumpen von Grundwasser entstünden dort immer wieder Hohlräume, beim
Einsturz eines Stollens könnten die Behälter beschädigt und radioaktive
Strahlung freigesetzt werden.
Die Grünen hatten zu Protesten aufgerufen. Am Mittag informierte sich
Landesumweltminister Franz Untersteller (Grüne) an der Schleuse Bad
Friedrichshall-Kochendorf über den Fortgang des Transports. „Wir haben
Messtrupps an der gesamten Strecke und ich habe mir die Werte auch noch mal
angeschaut“, sagte er.
28 Jun 2017
## LINKS
[1] https://twitter.com/robin_wood/status/879926727908233216
[2] https://twitter.com/PolizeiHN/status/879265489192718336
[3] http://twitter.com/PolizeiHN/status/880038957559554048
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
Umweltschutz
Castor
Verfassungsgericht
Atomkraftwerk
Atommüllendlager
Mali
Castor-Transport
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