# taz.de -- Reaktor Neckarwestheim 2: Rohre im AKW schwächeln | |
> Eine Anti-Atom-Organisation warnt vor unterschätzten Risiken. Die | |
> Wandstärken im Meiler sind offenbar um bis zu 91 Prozent reduziert. | |
Bild: Nur auf der ersten Blick stabil: Das Atomkraftwerk Neckarwestheim | |
Im Atomreaktor Neckarwestheim 2 sind die Druckrohre nach Angaben der | |
Anti-Atom-Organisation Ausgestrahlt stärker geschwächt als bisher | |
angenommen. Mitte September hatte die Betreiberfirma EnBW mitgeteilt, die | |
laufenden Wartungsarbeiten im Reaktor würden sich voraussichtlich bis Mitte | |
November verlängern. Das Unternehmen begründete dies damit, dass „bei | |
einzelnen, in den Dampferzeugern verbauten Heizrohren eine Schwächung der | |
Rohrwände festgestellt“ worden sei. Ausgestrahlt wies nun darauf hin, dass | |
es nicht nur um einzelne Rohre gehe, sondern um mehr als 100. | |
Die jetzt entdeckten Risse, so die Organisation, verliefen ringförmig um | |
die Rohre: „Die Gefahr, dass derart beschädigte Rohre abreißen, ist | |
besonders groß – zumal es sich offenbar um schnell voranschreitende | |
Spannungsrisskorrosion handelt.“ Die normalerweise 1,2 Millimeter dicken | |
Rohrwände seien stellenweise nur noch 0,1 Millimeter stark. „Dass es in | |
Neckarwestheim 2 bislang nicht zu einem Heizrohrbruch und damit Störfall | |
kam, ist bloßes Glück“, schreibt Ausgestrahlt. Ein solcher Störfall, könne | |
sich unter bestimmten Umständen zu einem Super-GAU ausweiten. | |
Das Stuttgarter Umweltministerium als Atomaufsichtsbehörde bestätigte dies | |
gestern grundsätzlich: „Die Wandstärken sind um bis zu 91 Prozent | |
reduziert“, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Exakt 101 Heizrohre seien | |
betroffen bei einer Gesamtzahl von 16.400 Rohren in den vier | |
Dampferzeugern. Mitte September hatte EnBW noch erklärt, die betroffenen | |
Rohre verfügten „weiterhin über eine ausreichende Wandstärke“. Es laufe | |
aber noch „die abschließende Klärung der Ursache für die Schwächung der | |
Rohrwände“. | |
Ausgestrahlt kritisiert unterdessen, EnBW und das Stuttgarter | |
Umweltministerium hätten die Schäden „deutlich unterschätzt“. Schon vor | |
einem Jahr seien Vertiefungen an Rohren festgestellt worden. Doch nachdem | |
einige davon außer Betrieb genommen worden seien, ließ man den Reaktor | |
wieder ans Netz. Diesmal, fordert Ausgestrahlt, müsse der Reaktor so lange | |
vom Netz, bis sicher ausgeschlossen werden kann, dass es zu keinen weiteren | |
Rissen kommt. Gesetzlicher Abschalttermin ist das Jahr 2022. | |
22 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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