# taz.de -- Abtreibungen in Irland: Ein längst fälliges Frauenrecht | |
> Seit mehr als dreißig Jahren kämpfen AktivistInnen gegen das | |
> Abtreibungsverbot. Nun will der Premier ein Referendum darüber abhalten. | |
Bild: Mary Phelan protestiert gegen das Abtreibungsgesetz, das zu Savita Halapp… | |
Dublin taz | Irlands Regierungen kommen und gehen, aber das Thema | |
Abtreibung bleibt. Es steht seit mehr als 30 Jahren auf der Tagesordnung – | |
mal weiter unten, zurzeit aber wieder ganz oben. Der neue Premierminister | |
Leo Varadkar will im nächsten Jahr ein Referendum über die Abschaffung des | |
[1][Abtreibungsverbots] in der Verfassung anberaumen. | |
Die Liste der Tragödien, die sich aufgrund dieses Verbots abgespielt haben, | |
ist lang. Der bisher letzte Fall betraf eine schwangere 14-Jährige, die mit | |
ihrer Mutter nach Dublin gefahren war, um die Schwangerschaft abbrechen zu | |
lassen. Das Mädchen war suizidgefährdet. Der Psychologe entschied jedoch, | |
dass eine Abtreibung „keine Lösung für all ihre Probleme“ sei, und ließ … | |
Mädchen zwangseinweisen. | |
Ihr wurde ein Vormund zugeteilt, der ein zweites Gutachten einholte. Darin | |
wurde festgestellt, dass das Mädchen keineswegs psychisch krank sei, worauf | |
sie freigelassen werden musste. Was danach mit ihr geschah, ist nicht | |
bekannt. Vielleicht ist sie nach England zur Abtreibung gefahren, so wie es | |
mehr als 150.000 irische Frauen in den vergangenen 40 Jahren getan haben. | |
Vor knapp zwei Wochen urteilte der Ausschuss für Menschenrechte der | |
Vereinten Nationen, dass Irland erneut die Menschenrechte einer Frau | |
verletzt habe. Diesmal ging es um Siobhán Whelan, der eine Abtreibung | |
verweigert worden war, obwohl bei dem Fötus eine tödliche Anomalie | |
diagnostiziert worden war. Die UN bezeichneten Irlands Umgang mit Frauen | |
als „gemein, inhuman, entwürdigend“ und forderten die Regierung auf, Whelan | |
Schadensersatz zu zahlen. | |
Eine fötale Anomalie ist im irischen Abtreibungsgesetz nicht vorgesehen. | |
Als im November 2013 die indische Zahnärztin [2][Savita Halappanavar] in | |
der Universitätsklinik der westirischen Stadt Galway an einer | |
Blutvergiftung starb, weil sich die Ärzte mit Hinweis auf das | |
Abtreibungsverbot geweigert hatten, den nicht lebensfähigen Fötus aus ihrer | |
Gebärmutter zu entfernen, verabschiedete die Regierung ein Gesetz, das zwar | |
eine Abtreibung bei Lebensgefahr für die Schwangere erlaubt, aber nicht bei | |
Gefährdung ihrer Gesundheit, bei Vergewaltigung oder bei Missbildung des | |
Fötus. | |
Eine deutliche Mehrheit spricht sich bei Umfragen seit Jahren dafür aus, | |
das Gesetz zu liberalisieren. Die Bürgerversammlung hatte im April | |
empfohlen, Abtreibung selbst aus ökonomischen Gründen zu gestatten. Diese | |
Versammlung besteht aus 100 Personen, die einen Querschnitt der irischen | |
Gesellschaft repräsentieren. Das Parlament wendet sich mit bestimmten | |
Themen an die Versammlung, deren Entscheidung ist aber nicht bindend. | |
Varadkar hat nun einen Parlamentsausschuss unter Vorsitz der Senatorin | |
Catherine Noone einberufen. Der Ausschuss soll seine Empfehlungen bis | |
Weihnachten vorlegen, im nächsten Jahr dürfen die Irinnen und Iren per | |
Referendum über die Streichung des Verfassungsparagrafen abstimmen. Damit | |
ist es freilich nicht getan. In einem parallelen Prozess befasst sich ein | |
anderer Ausschuss mit der Liberalisierung des Gesetzes. | |
Die Journalistin Una Mullaly kritisiert, dass Psychologen, Politiker und | |
selbst die katholische Kirche in ihrer letzter Schlacht bei „dieser | |
Angelegenheit“ mitmischen. „Unser Körper gehört nicht uns selbst“, sagte | |
Mullaly. „Macht diesem irischen Schreckensszenario endlich ein Ende.“ | |
26 Jun 2017 | |
## LINKS | |
[1] /Abtreibungsrecht-in-Irland/!5311888 | |
[2] /Abtreibungsverbot-in-Irland/!5079051 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
## TAGS | |
Irland | |
Schwerpunkt Abtreibung | |
Frauenrechte | |
Schwerpunkt Abtreibung | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Armenien | |
Schwerpunkt Abtreibung | |
Schwerpunkt Abtreibung | |
Schwerpunkt Feministischer Kampftag | |
Schwerpunkt Abtreibung | |
Familie | |
Irland | |
Irland | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Schwangerschaftsabbrüche in Irland: Wut im Bauch | |
Die Bevölkerung soll abstimmen, ob das Verbot der Abtreibung aus der | |
Verfassung gestrichen wird. Kaum ein Thema wird so heiß diskutiert. | |
„Werbung“ für Abtreibungen: Notfalls durch alle Instanzen | |
AbtreibungsgegnerInnen verklagen eine Ärztin. Sie führt | |
Schwangerschaftsabbrüche durch und das steht auf ihrer Webseite. | |
Abtreibungen in Armenien: Schuld und Sühne | |
Söhne sind die Erben der Familie, Töchter sind unerwünscht. So denken | |
viele in Armenien. Alla bekämpft ihre ungeborenen Mädchen. | |
Reproduktive Rechte in Chile: Abtreibungsverbot wird gelockert | |
Schwangerschaftsabbrüche sind in Chile grundsätzlich verboten. Jetzt hat | |
der Senat drei Ausnahmeregelungen gebilligt. Das Gesetz muss aber noch | |
bestätigt werden. | |
Abtreibungen in den USA: My body, no choice | |
In Arkansas brauchen Frauen nun die Erlaubnis des Vaters, um eine | |
Schwangerschaft abzubrechen. Auch, wenn dieser sie vergewaltigt hat. | |
Proteste zum Frauentag: Frauenpower trotzt Gewalt | |
In vielen Ländern demonstrieren Frauen für ihrer Rechte. In Russland werden | |
Feministinnen festgenommen. | |
Interview zur Abtreibungspraxis: „Inakzeptabel, dass Frauen sterben“ | |
Es ist nicht die Aufgabe des Staates, Frauen zu zwingen, ein Kind | |
auszutragen, sagt der österreichische Gynäkologe Christian Fiala. | |
Abtreibungsverbot in Irland: Diese Pillen schickt der Himmel | |
Die Abtreibungsgesetze auf der irischen Insel stammen aus dem 19. | |
Jahrhundert. Frauen rebellieren gegen die Schikanen – per Drohne. | |
Abtreibungsrecht in Irland: UN nennt Gesetzeslage entwürdigend | |
Irland erlaubt eine Abtreibung nur, wenn das Leben der Frau in Gefahr ist. | |
Schwangere müssen Föten austragen, auch wenn diese medizinisch nicht | |
lebensfähig sind. | |
Abtreibungsverbot in Irland: Referendum gefordert | |
Tausende Demonstranten fordern in Dublin die Legalisierung von | |
Abtreibungen. Das Verbot in der Verfassung sei menschenverachtend. |