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# taz.de -- Aus „Le Monde diplomatique“: An den Haustüren von Broxtowe
> Hat die Labour-Partei doch noch eine Chance bei der Wahl? Eine
> Beobachtung des Wahlkampfs in einer nordenglischen Durchschnittsstadt.
Bild: Labour! Auf den Hund gekommen? Die Wahl wird spannender als gedacht, die …
Wollte man die Siedlung Mill Hill in Broxtowe bei Nottingham mit einem Wort
charakterisieren, würde man sagen: adrett. Koniferenhecken, makelloser
Rasen, Pfingstrosen und Tulpen, blank gewienerte Automobile. Der Kandidat
der Labour Party, Greg Marshall, der vor den Parlamentswahlen die Gegend
abgegrast hat, wusste sehr wohl, dass sich die Zukunft seiner Partei in
Orten wie diesem entscheiden würde.
Denn in solchen Orten ist heute die britische Arbeiterklasse zu Hause. In
der älteren Hälfte der Siedlung leben ehemalige Bergarbeiter, Ingenieure
und Facharbeiter, im jüngeren Teil überwiegen die öffentlichen
Angestellten: Universitätsdozentinnen, Lehrkräfte, Krankenpflegerinnen. Der
Ort ist in jeder Hinsicht Durchschnitt.
Als Premierministerin May am 18. April überraschend vorgezogene Neuwahlen
ausrief, gab die Daily Mail sogleich den Ton vor: „Zermalmt die Saboteure!“
Die Labour Party wurde – zusammen mit den Liberaldemokraten und den
progressiven nationalistischen Parteien in Schottland und Wales – zu einer
Gefahr für Ordnung und Sicherheit erklärt und als Saboteurin des
Volkswillens an den Pranger gestellt.
Wer nur rechte Boulevardblätter las, konnte den Eindruck gewinnen, dass
Großbritannien sich in einer tiefen Existenzkrise befand, dass die
nationale Sicherheit bedroht und eine Katastrophe kaum noch abzuwenden sei.
In Mill Hill sorgte man sich allerdings vor allem um Schlaglöcher. Greg
Marshall – Gemeinderat und ein getreuer Gefolgsmann von Parteichef Jeremy
Corbyn – hatte zum Klinkenputzen die wichtigsten Fakten über das radikale
Steuer- und Ausgabenprogramm von Labour sowie einige Argumente für Corbyns
Positionen in Sachen Verteidigung und Migration parat. Aber die ersten drei
Personen, die ihm die Tür öffneten, zeigten nur über seine Schulter hinweg
und klagten über die Schlaglöcher in der Straße. Niemand nannte ihn einen
Saboteur.
Es waren geopolitische und ökonomische Gründe, die Theresa May zu
vorgezogenen Neuwahlen bewogen, nicht nur wahlstrategischer Opportunismus.
Das Wirtschaftswachstum des Vereinigten Königreichs hat sich verlangsamt
und der Absturz des Britischen Pfunds infolge des Brexit-Referendums heizte
die Inflation an. Obwohl die Arbeitslosigkeit einen historischen Tiefstand
erreicht hat, können nach der umfassenden Deregulierung des Arbeitsmarkts
die Löhne in der Privatwirtschaft nicht mehr steigen, während die
öffentlichen Arbeitgeber in den letzten sieben Jahren jeweils ein Prozent
draufgelegt haben. Was unter dem Strich trotzdem zu sinkenden Reallöhnen
führte.
## Die fremdenfeindliche Rechte stimmte für May
Gleichzeitig schickte sich die Europäische Kommission an – im Gegensatz zu
allen Verheißungen der Brexit-Befürworter –, Mays Regierung mit denselben
Waffen zu demütigen, die bereits gegen Griechenland zur Anwendung kamen:
mit einem Ultimatum und einem Vertrag. Brüssel will eine vollständige
Loslösung der Insel vom gemeinsamen Markt durchsetzen, um dann, so
verlautete aus einer Quelle, anzubieten, dass innerhalb von drei Jahren
neue Handelsbedingungen vereinbart werden.
Da aber 22 konservativen Abgeordneten wegen Verletzung des Wahlgesetzes im
Jahr 2015 ein Strafverfahren drohte, war Mays Verhandlungsposition
geschwächt. Sie musste schnell und entschlossen handeln. So erklärte sie
der britischen Wählerschaft, es gehe bei der Wahl nicht um den Inhalt der
Brexit-Vereinbarungen mit der EU, sondern einzig darum, eine Regierung mit
einem einheitlichen Standpunkt für die Verhandlungen zu schaffen. Sie hielt
den Namen ihrer eigene Partei aus dem Wahlkampf heraus und appellierte an
die Anhänger anderer Parteien: „Leihen Sie mir Ihre Stimme!“
Die Europäische Kommission verhärtete daraufhin ihre Verhandlungsposition
und steckte einige Details über ein frostiges Abendessen in der Downing
Street an die Medien durch. Am 3. Mai erklärte die Premierministerin
Brüssel den verbalen Krieg. „Europäische Politiker und Beamte haben
Großbritannien öffentlich gedroht“, sagte sie, „und zwar gezielt, um das
Ergebnis der Parlamentswahlen zu beeinflussen.“
Das Ergebnis war, wie sich an den Kommunalwahlen einen Tag später ablesen
ließ, dramatisch. Der Stimmenanteil für Ukip brach ein. In gerade einmal
zwei Wochen hatte Theresa May die Partei der fremdenfeindlichen Rechten
vernichtet und mehr als die Hälfte ihrer Anhänger zu den Tories
zurückgeholt, derweil es für Labour am Ende bei dieser Wahl nicht mehr um
Sieg oder Niederlage ging, sondern ums schiere Überleben.
Der Wahlkreis Broxtowe zerfällt in zwei soziale Welten. Der Norden besteht
aus ehemaligen Bergbaudörfern, der Süden aus einer ethnisch gemischten und
halbwegs prosperierenden universitären Vorstadt. Die einzige
Nord-Süd-Verbindung durch den Wahlbezirk ist eine Autobahn mit einer
einzigen Ausfahrt. Mit anderen Worten, Broxtowe ist England im Kleinformat.
Im Norden hielt nach dem Ende des Kohlebergbaus der Faschismus Einzug.
Viele ältere Labour-Aktivisten haben sich hier einst bei den Kämpfen gegen
die faschistische British National Party zusammengefunden. Aber der Erfolg
von Ukip konfrontierte sie mit einem Arbeiterpopulismus, gegen den sie
machtlos waren. Beim Referendum vom Juni 2016 stimmte Broxtowe bei einer
Wahlbeteiligung von fast 80 Prozent mit 55 zu 45 Stimmen für den Brexit.
Für Labour war die Frage schon immer: Was passiert nach dem Brexit? Denn
nach Angaben der Meinungsforscher gab es beides, sowohl „rote“ als auch
„blaue“ Ukip-Wähler. Die roten hätten sich wegen der wirtschaftlichen und
sozialen Folgen der starken Zuwanderung von der Labour-Partei abgewandt und
würden zurückkehren, wenn Labour den Brexit akzeptiere.1 Doch seit Januar
2017 befürchteten die Wahlkampfstrategen, diese Überschneidung könnte sich
umgekehrt auswirken.
Interne Umfragen zeigten nämlich, dass Labour ohne eine eindeutige
Stellungnahme gegen osteuropäische Migranten – die die Partei unmöglich
abgeben kann – in den Arbeitergegenden bis zu 100 Sitze verlieren könnte.
## T-Shirts künden von der Notwendigkeit einer Revolution
Unter Greg Marshalls rund einhundert Wahlhelfern fanden sich Männer Mitte
fünfzig, deren T-Shirts von der Notwendigkeit einer Revolution künden;
Krankenschwestern, Büroangestellte, Lastwagenfahrer und –
erstaunlicherweise – osteuropäische Fabrikarbeiter. Die durften zwar nicht
wählen, aber sie gingen mit ihren Labour-Ansteckern von Haus zu Haus.
Einer von ihnen brachte auf den Punkt, worum es ging: „Die Arbeiter, die
ich kenne, rechnen so: Wenn man die Zuwanderer rauswirft, steigen die
Löhne. Sie glauben, dass wir ihnen die Jobs wegnehmen und dass sie, sobald
sie uns los sind, zu ihrem Chef gehen und mehr Geld verlangen können. Sie
wollen eine andere Meinung dazu nicht mal hören. Für sie heißt Politik
‚Schmeißt die Migranten raus!‘ “
In anderen Zeiten hätte man die politische Beteiligung von Fabrikarbeitern
an einem Wahlkampf als ein Zeichen der innerparteilichen Geschlossenheit
gefeiert, aber für Labour verschärfte sie diesmal nur das Dilemma. Corbyn
stand zu Beginn des Wahlkampfs vor einem Chaos: Abwanderung traditioneller
Labour-Wähler zu den Grünen und den schottischen Nationalisten; dauerhafter
Verlust Schottlands; massive Zerwürfnisse innerhalb der Partei; und eine
konservative Wahlmaschine, die über dreimal so viel Geld verfügte wie
Labour. Dabei hatte er die Partei nicht vollständig unter Kontrolle – zwei
Drittel seiner Abgeordneten verweigerten ihm die Gefolgschaft.
Aber Corbyn und sein engster Mitstreiter, der Schattenschatzkanzler John
McDonnell, hatten ein Ass in der Hand, das sie ausspielen konnten: die
programmatische Kritik an der Sparpolitik, die sie in Corbyns ersten
Monaten als Parteiführer entwickelt hatten.
## Eine Intrige bringt den Wahlkampf in Schwung
In den verwinkelten, ausgelagerten Parlamentsräumen, die als eine Art
Parteizentrale fungierten, hatte John McDonnells Team ein Programm massiver
Umverteilung und staatlicher Konjunkturanreize ausgearbeitet. Es ist das
größte Konjunkturprogramm, das die britische Wählerschaft seit 1945 gesehen
hat.
Über höhere Steuern für Einkommen über 80 000 Pfund im Jahr,
Vermögenssteuern insbesondere für ausländische Immobilienspekulanten, die
Rücknahme von Kürzungen bei der Unternehmensteuer sowie eine
Robin-Hood-Steuer auf Börsengeschäfte soll die Abschaffung der hohen
Studiengebühren und die Verbesserung des Gesundheits- und Sozialwesens
finanziert werden. Jahrelang hatte es geheißen, ein solches Programm sei
niemandem mehr zu vermitteln.
Eigentlich hatte McDonnell seine Vorschläge während des Wahlkampfs Zug um
Zug an die Öffentlichkeit bringen wollen. Aber ein führender Politiker vom
rechten Parteiflügel war dem Vernehmen nach so schockiert über den
Programmentwurf, dass er das ganze Dokument der rechtsgerichteten Presse
zuspielte.
Wider Erwarten brachte diese Intrige den Wahlkampf erst richtig in Schwung
und zementierte zugleich den historischen Abschied der Partei mit der
neoliberalen Linie von New Labour. Der Parteivorstand stellte sich
einstimmig hinter Corbyns Programm, obwohl der Blair-Flügel für eine
teilweise Blockade getrommelt hatte. Damit hat Labour als erste große
sozialdemokratische Partei den radikalen Bruch mit dem Neoliberalismus
vollzogen.
Mit einem derart umfangreichen und verständlichen Angebot an die
Wählerinnen und Wähler, so Corbyns Kalkül, könnte es gelingen, wichtigere
Themen als Theresa May, die Stärke der Regierung und den Brexit in den
Vordergrund zu stellen. Als die Parteiaktivisten in die ruhigen Straßen von
Broxtowe ausschwärmten, merkten sie jedoch schnell, dass ihre Chancen nicht
gut standen, und dies aus einem Grund, auf den sie keinerlei Einfluss
hatten: die politische Dynamik in Schottland.
Als May ihre harte Brexit-Strategie festklopfte, witterte die Scottish
National Party, die gemeinsam mit den Grünen in Schottland regiert, eine
historische Chance. Die Parteichefin und schottische Premierministerin
Nicola Sturgeon brachte erst ihre Partei und dann das schottische Parlament
dazu, sich auf ein erneutes Unabhängigkeitsreferendum zu verpflichten.
Anders als die Abstimmung von 2014 wird dieses zweite Referendum, das für
die Zeit kurz vor oder nach dem Brexit angesetzt ist, gegen den Willen der
Londoner Regierung abgehalten werden.
## Die schottische Linke wählte nationalistisch
Als 55 Prozent der Schotten 2014 gegen die Abspaltung vom Vereinigten
Königreich votierten, hatte Brüssel einen gewichtigen Grund geliefert: Wenn
ihr Großbritannien verlasst, dann verlasst ihr auch die Europäische Union!
Schottland hätte seine Mitgliedschaft neu beantragen müssen, was erstens
Jahre gedauert hätte und zweitens mit der Übernahme des Euro verknüpft
gewesen wäre. Aber seit Großbritannien den Austritt aus der EU beschlossen
hat und Brüssel große Aufgeschlossenheit für einen separaten Vertrag mit
einem unabhängigen Schottland signalisiert, hat sich diese Angst
verflüchtigt.
Labour hat in Schottland nach 2014 keinen Fuß mehr auf den Boden bekommen,
weil die eher linken Lohnabhängigen für die Unabhängigkeit votierten. Zwei
Drittel der neuen SNP-Mitglieder sind ehemalige Labour-Wähler. Von der
schottischen Labour Party ist nur noch ein aberwitziges Bündnis aus
radikalen Sozialisten und Blair-Anhängern übrig, deren Gemeinsamkeit sich
darin erschöpft, dass sie im Vereinigten Königreich bleiben wollen. Erst
verlor Labour die Hälfte seiner Wähler an den schottischen Nationalismus,
dann lief die andere Hälfte nach und nach zu den Konservativen über.
Außerhalb Schottlands ist die Verbitterung über das destruktive Verhalten
der schottischen Labour Partei so groß, dass ihr kaum jemand eine Träne
nachweint. Die Labour-Strategen in London haben sich längst mit der
Tatsache abgefunden, dass Labour auf absehbare Zeit nur mit der SNP eine
Mehrheit gegen die Tories zusammenbekommen kann.
Sollte Schottland das Vereinigte Königreich verlassen, wird die Lage für
Labour noch elender. Noch nie in der Geschichte hat Labour in England eine
eigene Mehrheit errungen: Die Partei kam immer nur an die Regierung, wenn
es ihr gelang, die Stimmen der nordenglischen, schottischen und walisischen
Arbeiterklasse, der Bevölkerung der großen Städte und Teilen des Bürgertums
auf sich zu vereinigen.
Das Beispiel Schottlands ist aber auch aus einem eher strategischen Grund
von Bedeutung. Was Labour über 100 Jahre mit der schottischen
Arbeiterklasse verband, war das Zusammenwirken der ökonomischen und
kulturellen Narrative. Der Klassengegensatz war stärker als der zwischen
Katholiken und Protestanten, und er hatte mehr Gewicht als die schottische
Identität. Das ist heute nicht mehr so.
Mit dem Aufkommen eines progressiven kulturellen Nationalismus, der sich
mit der Globalisierung und mit sozialliberalen Positionen verbinden ließ,
wurde dieser für die Hälfte der schottischen Bevölkerung attraktiver als
das alte Labour-Programm. Die Tories ihrerseits wissen nicht nur die
Fremdenfeindlichkeit der Brexiteers, sondern auch das Wiedererstarken eines
protestantischen Konfessionalismus für sich zu nutzen.
Die Anhängerschaft der schottischen Labour Party ist mittlerweile auf die
Leute zusammengeschrumpft, die weder die Unabhängigkeit noch den Brexit
wollen – all jene, welche den Kräften, die die britische Gesellschaft
auseinandertreiben, Einhalt gebieten wollen. Doch zum Leidwesen der
Gesamtpartei lassen sich diese Kräfte kaum aufhalten.
An den Türen in Broxtowe waren sich die wenigsten darüber im Klaren, was
bei dieser Wahl auf dem Spiel stand. Das war das Widersprüchlichste, was
mir auffiel, als wir vorsichtig zwischen Topfpflanzen und Stauden
herumstiefelten. Die Wahl, die auf nationaler Ebene als ideologischer
Kulturkampf ausgefochten wurde, konnte – zumindest in diesem Wahlkreis –
keine Leidenschaften entfachen.
## Viel zu viele blieben zu Hause
Unter den vielleicht 50 Haushalten, bei deren Besuch ich den Kandidaten
Marshall begleitet habe, schienen diejenigen, die sich für Labour
entschieden hatten, es mit finsterer Entschlossenheit und im vollen
Bewusstsein um ihre Stigmatisierung durch die nationale Presse getan zu
haben. Sie traten aus ihrem Garten oder Schuppen und erklärten mit einer
vielsagenden Kopfbewegung, sie hätten schon ihr „ganzes Leben“ oder „seit
jeher für Labour“ gestimmt.
Die konservativen Wähler waren höflich. Meist handelte es sich um ältere
Leute, die sich, ganz ohne Feindseligkeit, auf ein längeres Gespräch über
die aktuellen politischen Probleme einließen. Wenn man fragte, welche
Verbesserungen sie sich vor Ort wünschten, kamen viele Unentschiedene auf
die schlechten Straßen und kommunalen Dienstleistungen zu sprechen, andere
zuckten die Achseln und wussten nicht, was sie sagen sollten.
Für Dawn Elliot, Labour-Gemeinderätin und Wahlkampfmanagerin, zeigt sich
hieran, wie sehr sich neoliberale Politik und politische Teilnahmslosigkeit
wechselseitig verstärken. „Unser Wähleranteil ist seit 2010 beständig
gesunken, aber nicht nur, weil die Arbeiterklasse von Labour enttäuscht
ist, sondern wegen einer allgemeinen Enttäuschung über die Politik“, meinte
Elliot. „Seit sieben Jahren werden die Leute durch die Sparpolitik aus dem
System gedrängt: Sie haben einfach das Gefühl, dass sie nichts mehr zu
erwarten haben. Also engagieren sie sich nicht mehr politisch. Je länger
die Tories im Amt sind und ihr ‚Jeder ist sich selbst der Nächste‘
propagieren, desto weniger Leute scheren sich um den Wert öffentlicher
Dienstleistungen.“
Als Theresa May vorgezogene Neuwahlen ausrief, stand sie in den Umfragen
bei 49 Prozent, im Vergleich zu 26 Prozent für Labour. Durch diese Zahlen
ermutigt, leitete May einen Bruch mit David Camerons liberalem
Konservatismus ein. Die Sparpolitik will sie zwar bis 2025 fortsetzten,
aber in langsamerem Tempo. Die verbalen Angriffe auf Sozialhilfeempfänger
sollen heruntergefahren werden. Stattdessen haben die Tories zum ersten Mal
seit 1990 ihre Bereitschaft zu Steuererhöhungen für die Mittelschicht
bekundet und erklärt, das „mittelständische Großbritannien“ müsse die
Kosten der wachsenden Sozialausgaben tragen. Das Einzige, was May von
Camerons Programm übernommen hat, ist der Beschluss, die
Unternehmenssteuern auf 17 Prozent zu senken, um Großbritannien nach dem
Brexit neben Irland und Luxemburg zu einem Steuerparadies zu machen.
Trotz seiner Radikalität hat der ideologische Bruch mit Cameron in der
Konservativen Partei kaum Wellen geschlagen. May hat die 30-jährige
Parteinahme der Elite für den Liberalismus und Europa abserviert. Die
liberalen Konservativen haben – zumindest vorübergehend – einer faktischen
Wählergemeinschaft mit der Ukip zugestimmt und schienen bereit, die
Auswüchse an nationalistischer und fremdenfeindlicher Rhetorik als
propagandistische Ausrutscher zu entschuldigen.
1 yougov.co.uk/news/2015/03/25/two-tribes-ukip.
Aus dem Englischen von Robin Cackett
8 Jun 2017
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Paul Mason
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