# taz.de -- Kommentar Britische Unterhauswahl: Ohne Gespür, ohne Gefühl | |
> Theresa May hat sich verzockt. Die Neuwahl wird ihr keine stabilere | |
> Mehrheit im Parlament bringen. Dass die Sache danebenging, lag vor allem | |
> an ihr. | |
Bild: Wird sie nun zurücktreten – oder Premierministerin bleiben und in zwei… | |
Was für ein spektakuläres Eigentor! Als die britische Premierministerin | |
Theresa May im April Neuwahlen ausrief, lagen ihre Tories bei Umfragen mehr | |
als 20 Prozentpunkte vor Labour. Mays Ziel war es, die Opposition auf lange | |
Zeit zu zerstören. Die Wahl sollte eine Art Krönung für sie werden. | |
Dass die Sache so schiefgegangen ist, liegt an ihr. May hat sich selbst in | |
den Mittelpunkt des Wahlkampfes gestellt. Zu Beginn war sie für viele | |
Wähler trotz ihrer langen Zeit als Innenministerin ein relativ | |
unbeschriebenes Blatt. Je besser sie May kennenlernten, desto weniger | |
mochten die Wähler sie. Demenzsteuer und Verweigerung einer direkten | |
Debatte mit Labour-Chef Jeremy Corbyn, ihre hölzernen Interviews und ihre | |
Art, die Wähler als Manövriermasse für ihre eigenen Berechnungen zu | |
behandeln – Mays Wahlkampf war eine Katastrophe. Sie erwies sich als | |
Politikerin ohne Gefühl, ohne Gespür, ohne Phantasie. | |
Corbyn dagegen wurde im Wahlkampf immer besser, was ihm kaum jemand | |
zugetraut hatte, nicht mal in der eigenen Partei. Großbritannien hatte zum | |
ersten Mal in diesem Jahrhundert eine echte Wahl. Mussten sich die Wähler | |
bisher zwischen den Konservativen und einer weichgespülten Labour Party | |
entscheiden, so trat Labour diesmal mit einem zumindest teilweise radikalen | |
Programm an. Das hat viele, die bisher am Wahltag wegen des Mangels an | |
Alternativen zu Hause geblieben waren, an die Wahlurne gelockt – zu Labours | |
Vorteil. | |
Für eine Mehrheit hat es freilich nicht gereicht, die Tories werden mit | |
Hilfe der nordirischen Democratic Unionist Party (DUP) an der Macht | |
bleiben. Corbyn dürfte aber vorerst Ruhe vor seinen Feinden in der eigenen | |
Partei haben, die seit seinem Amtsantritt als Parteichef an seinem Stuhl | |
sägen. Theresa Mays Tage sind hingegen gezählt, ihr Rücktritt ist | |
unausweichlich. | |
## Kaum mehr Spielraum für Kompromisse beim Brexit | |
Durch das Wahlergebnis ist die britische Position bei den | |
Brexit-Verhandlungen deutlich geschwächt worden. May wollte in knapp zwei | |
Wochen mit gestärkter Rückendeckung zu den Verhandlungen nach Brüssel | |
reisen. Nun muss sie – beziehungsweise ihr Nachfolger – ständig über die | |
Schulter auf die eigenen EU-feindlichen Hinterbänkler schauen, so dass kaum | |
Spielraum für Kompromisse mit der EU bleibt. | |
Die beiden anderen Wahlverlierer sind die Scottish National Party, die mehr | |
als 20 ihrer 56 Sitze einbüßte, wodurch ein zweites Referendum für | |
Schottlands Unabhängigkeit in weite Ferne gerückt ist, sowie die | |
rechtspopulistische United Kingdom Independence Party (Ukip), die nach dem | |
Brexit-Referendum Opfer ihres eigenen Erfolgs geworden war. | |
9 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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