Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ausweitung von DNA-Tests bei Straftaten: Der genetische Augenzeuge
> Die DNA verrät, ob ein Täter blond ist oder weiße Haut hat. Dieses
> Fahndungsinstrument ist in Deutschland noch tabu, doch das soll sich
> ändern.
Bild: DNA-Übereinstimmungen gelten als sehr sicher
Können DNA-Tatortspuren künftig auch auf „äußere Merkmale“ wie die Haar-
oder Hautfarbe des mutmaßlichen Täters untersucht werden? Über diese
„DNA-Phänotypisierung“ will am Mittwoch und Donnerstag dieser Woche die
Justizministerkonferenz im rheinland-pfälzischen Deidesheim diskutieren.
Ein entsprechender Gesetzentwurf aus dem grün-schwarz-regierten
Baden-Württemberg liegt vor.
Anlass der Diskussion ist ein Mordfall in Freiburg. Die Studentin Maria L.
war im Oktober 2016 vergewaltigt und getötet worden. Es gab zwar eine
Tatortspur des mutmaßlichen Mörders, doch keinen Verdächtigen, mit dem der
genetische Fingerabdruck verglichen werden konnte. Auch eine Abfrage in der
DNA-Analyse-Datei des BKA blieb ergebnislos. Aus Kreisen der Polizei wurde
deshalb kritisiert, dass in Deutschland eine Auswertung der DNA-Spur auf
äußerliche Merkmale wie Haar- oder Hautfarbe ausdrücklich verboten ist.
Der Täter, ein afghanischer Flüchtling, wurde von der Polizei dennoch
alsbald ermittelt. Ein am Tatort gefundenes auffällig gefärbtes Haar und
eine Auswertung von Videoaufnahmen aus Freiburger Straßenbahnen brachte die
Lösung. Die Diskussion über eine erweiterte DNA-Analyse von Tatortspuren
war aber nicht mehr zu stoppen.
Im Februar brachte die baden-württembergische Landesregierung einen
Gesetzentwurf in den Bundesrat ein. In der Strafprozessordnung soll
Paragraf 81e durch folgenden Satz ergänzt werden: „Ist unbekannt, von
welcher Person das Spurenmaterial stammt, dürfen auch Feststellungen über
das Geschlecht, die Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie das biologische Alter
der Person getroffen werden.“ Auf Wunsch der Grünen soll keine Auswertung
der kontinentalen Herkunft ermöglicht werden, [1][obwohl dies die relativ
genaueste der Methoden ist].
Die anderen Bundesländer sind offen für eine Gesetzesänderung. Die
Innenministerkonferenz hat letzte Woche die erweiterte DNA-Analyse für
„sinnvoll und notwendig“ erklärt.
## Verfassungsrechtliche Vorgaben beachten
Da es um die Strafprozessordnung geht, ist allerdings Justizminister Heiko
Maas (SPD) federführend, der eher bremst. Er hat zwar im März ein Symposium
zum Thema veranstaltet. In Deidesheim wird er nach taz-Informationen aber
darauf verweisen, dass dessen Ergebnisse noch ausgewertet werden. Eine
Regelung der erweiterten DNA-Analyse sei „denkbar“, müsse aber die
verfassungsrechtlichen Vorgaben beachten.
Kritiker der erweiterten DNA-Analyse um die Freiburger
Wissenschaftshistorikerin Veronika Lipphardt kritisieren, dass die
Auswertung von DNA auf äußere Merkmale zur Stigmatisierung ganzer
Bevölkerungsgruppen führen könne. Außerdem werde die Leistungsfähigkeit der
DNA-Phänotypisierung überschätzt.
Der Stuttgarter Justizminister Guido Wolf (CDU) hat zu diesem Eindruck
beigetragen, indem er die „enorme Bedeutung“ der neuen Methoden betonte.
Sie erlaubten, den Kreis der Verdächtigen „schnell einzugrenzen“. Dabei,
das räumt Wolf an anderer Stelle auch ein, könnte die Polizei allenfalls
ihre Ermittlungen „priorisieren“.
Eine Gefahr der Stigmatisierung sieht Wolf nicht. Es dürften ja auch die
Aussagen eines Augenzeugen verwendet werden, wenn er über die Hautfarbe des
Täters berichtet. Allerdings will Wolf auch Massengentests unter
Berücksichtigung der genetisch prognostizierten äußeren Merkmale
durchführen. Das macht wohl nur bei eher seltenen Merkmalen Sinn, etwa bei
dunkler Hautfarbe.
20 Jun 2017
## LINKS
[1] /Erweiterte-DNA-Auswertung/!5423326
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
DNA-Test
DNA
Straftat
Straftäter
Heiko Maas
Justizminister
Verbrechen
DNA-Test
Gefängnis
DNA-Test
Schwerpunkt Rechter Terror
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gesetzentwurf zur DNA-Fahndung: Mit Haut und Haaren
Ermittler sollen durch DNA-Analyse Haut- und Haarfarbe von Tätern
feststellen dürfen. In dem Entwurf heißt es, der Eingriff ins
Persönlichkeitsrecht sei „verhältnismäßig“.
Herbstkonferenz der Justizminister: Mehr Geld für geraubte Zeit
Die Justizminister beschließen die Erhöhung der Entschädigung für
unschuldig Inhaftierte. Eine konkrete Summe steht noch aus.
Erweiterte DNA-Auswertung: Dem Täter auf der Spur
Der genetische Fingerabdruck führt oft direkt und ausgesprochen sicher zum
Täter. Die Prognose von äußeren Merkmalen ist viel unsicherer.
Der NSU-Prozess und ein Kindsmord: „Haben Sie Informationen zu Peggy?“
Ermittler haben die DNA von Böhnhardt mit dem Mordfall Peggy K.
zusammengebracht. Im Prozess gerät Zschäpe unter Druck: Was wusste sie?
Neue rechtsmedizinische Methode: Spargel, Fleisch und Leichen
Rechtsmediziner können mit einer Isotopenanalyse die Herkunft unbekannter
Toter ermitteln. Jetzt soll das Verfahren helfen, die Mutter eines
getöteten Babys zu finden.
RAF-Debatte: Bundesanwälte gegen Schäuble
Die Verfassungsschutzakten von Verena Becker bleiben nach dem Willen des
Innenministeriums weiterhin gesperrt. Die Bundesanwaltschaft ist
enttäuscht.
...dem Generalstaatsanwalt die Spürnase
Die bislang gesperrten Geheimdienstakten im Fall Buback sollen freigegeben
werden, doch der Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger weiß schon vorher, dass
nichts Neues drinsteht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.