# taz.de -- Herbstkonferenz der Justizminister: Mehr Geld für geraubte Zeit | |
> Die Justizminister beschließen die Erhöhung der Entschädigung für | |
> unschuldig Inhaftierte. Eine konkrete Summe steht noch aus. | |
Bild: Herbstkonferenz der Justizminister in der Landesvertretung Rheinland-Pfal… | |
BERLIN taz | Die Haftentschädigungen für unschuldig Inhaftierte sollen | |
„deutlich“ erhöht werden. Das beschloss die Justizministerkonferenz | |
(Jumiko) am Donnerstag in Berlin. Die Umsetzung in ein Bundesgesetz gilt | |
nun nur noch als Formsache. | |
Bisher beträgt die Haftentschädigung 25 Euro pro Tag. Im Vorfeld der Jumiko | |
wurde über eine Erhöhung auf 35 oder 40 Euro pro Tag diskutiert. Der | |
Deutsche Anwaltverein fordert sogar eine Vervierfachung auf 100 Euro pro | |
Tag. Eine konkrete Summe wird im Beschluss nun aber nicht genannt. Diese | |
muss dann der Bundestag festlegen. | |
Bisher scheiterte eine Erhöhung am Widerstand der Länder, die die | |
Entschädigungen letztlich zahlen. Die Minister räumten aber ein, dass es | |
letztlich um relativ geringe Summen geht. In Rheinland-Pfalz waren es seit | |
2000 im Schnitt 95.000 Euro pro Jahr. Die 25 Euro decken als Schmerzensgeld | |
nur die immateriellen Schäden für die verlorene Zeit hinter Gitter ab. | |
Materielle Schäden, wie Verdienstausfälle, können separat geltend gemacht | |
werden. | |
Haftentschädigung gibt es im Wesentlichen in zwei Konstellationen: Zum | |
einen geht es um verurteilte Straftäter, die später ein erfolgreiches | |
Wiederaufnahmeverfahren bestreiten, weil es neue entlastende Beweismittel | |
gibt, etwa das Geständnis des wahren Täters. Zum anderen geht es um | |
rechtswidrig verhängte Untersuchungshaft, weil etwa fälschlich Fluchtgefahr | |
oder ein dringender Tatverdacht angenommen wurde. Letzteres sind zwar die | |
häufigeren Fälle, hier ist aber die Dauer der zu Unrecht erlittenen Haft | |
meist deutlich kürzer. | |
Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grüne) versprach, dass Personen, die | |
lange Zeit zu Unrecht inhaftiert wurden, künftig auch sozial besser betreut | |
werden. „Auch bei ihnen ist oft das ganze berufliche und private Leben | |
zusammengebrochen“, sagte Steffen. „Wer zu Recht inhaftiert war, wird | |
anschließend von der Bewährungshilfe betreut, die unschuldig Inhaftierten | |
fallen bisher durch alle Raster.“ Hierzu gab es allerdings keinen | |
Beschluss. | |
Die Justizminister forderten zudem die Deutsche Post AG auf, weiterhin | |
täglich Briefe zuzustellen. Hieran habe die Justiz ein dringendes | |
Interesse, weil man bei der Berechnung von Fristen davon ausgehe, dass | |
Briefe spätestens am dritten Tag nach dem Einwerfen in den Briefkasten | |
zugestellt wurden. Eine von der Post AG gewünschte Aufweichung des | |
Postrechts wurde abgelehnt. | |
„Die Post bekommt für ihre Dienstleistung ein staatlich genehmigtes | |
Entgelt, dafür muss sie dann aber auch eine entsprechende Leistung | |
bringen“, sagte Herbert Mertin (FDP), der als rheinland-pfälzischer | |
Justizminister in diesem Jahr die Konferenz leitete. „Vielleicht ist es | |
eines Tages möglich, die Briefe der Justiz digital zuzustellen“, so Mertin, | |
„dann muss aber auch jeder Bürger einen empfangsbereiten Computer haben.“ | |
Das heißt: Die Justiz wird wohl noch einige Jahre oder Jahrzehnte auf | |
tägliche Postzustellung dringen. | |
10 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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