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# taz.de -- AfDlerin beim Kirchentag: „Und wie viele Nazis gibt’s hier?“
> Wenn der Bischof mit der Rechtspopulistin diskutiert: Die AfD-Politikerin
> Anette Schultner war zum Kirchentag geladen.
Bild: Mit der Christin in der Mitte? Moderatorin Bettina Warken, AfD-Politikeri…
Die ersten ProtestlerInnen stehen vor dem Eingang. Es sind Schülerinnen,
viele in Schwarz, eine trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift „Polizei“. Sie
stärken sich noch schnell mit Zimtschnecken, bevor sie lautstark „mit
Parolen“ protestieren wollen. Die Sophienkirche in Berlin-Mitte ist derweil
schon randvoll: Man hat zum „Christen in der AfD?“-Podium geladen. Obwohl
vorab mit einer Petition zu verhindern versucht wurde, dass die christliche
AfD-Sprecherin Anette Schultner beim Kirchentag spricht.
Nun ist sie da und diskutiert mit der Journalistin Bettina Warken, der
Juristin und AfD-Expertin Liane Bednarz – und mit Bischof Markus Dröge. Sie
räumt Fehler ihrer Partei ein und kritisiert deren Überzeugungen. Auf die
Eingangsfrage: „Was sind für Sie die Kernpunkte des christlichen
Menschenbildes?“, sagt Schultner: „Dass jeder Mensch von Gott gewollt ist.�…
Wirklich jeder? „Ja, jeder Mensch“, aber nicht jeder könne auf dieser Welt
machen, was er wolle. Es gebe zu wenig Solidarität der Kirche für „unsere
christlichen Brüder und Schwestern“ – und: „Das Ziel kann keine
Völkerwanderung sein.“
So habe der US-Geheimdienst festgestellt, dass ein bis zwei Prozent der
Flüchtlinge Terroristen seien: Nach der aktuellen Flüchtlingszahl seien das
mindestens Tausende, meint Schultner. Aus dem Publikum kommt die
Gegenfrage: „Und wie viele Nazis gibt’s hier?“
Um Ruhe in der Kirche bittet erst Moderatorin Warken, die mehrfach aufsteht
– dann auch Bischof Dröge. Er findet Schultners Position problematisch:
Rechte des Fremden seien tief fundiert im christlichen Menschenbild, im
modernen Staat, in dem jeder leben dürfe. Er wolle nicht mit Populisten der
AfD reden, die nur aufstacheln wollen, meint Dröge. Wohl aber mit den
Christen in der AfD, die ein Gespräch suchen.
Hinten in der Kirche wird angefangen zu singen und zu streiten – und
Schultner wirbt immer wieder um Verständnis. Sie sei wegen ihres Wunsches
nach einem echten Konservativismus, der ohne die AfD fehle, und wegen des
Linksrucks der Union, kein CDU-Mitglied mehr und sie engagiere sich
stattdessen jetzt in der AfD. „Als Christin.“
Die evangelische Kirche kritisiert Schultner heftig. Statt zu missionieren
und das Evangelium zu predigen, wirft sie ihr vor, sich zu sehr politisch
zu engagieren. Es sei eigenartig, dass medial und kirchlich eine gezielte
Dämonisierung der AfD vorgenommen werde: „Der Ton gegenüber der AfD war oft
unangemessen.“
Schultner wünscht sich mehr Aufrufe gegen Gewalt und gibt zu: Hassmails,
Diffamierungen und Gewalt seien keine Lösung, kein politisches Mittel. Bloß
kenne sie keinen AfDler, der gewalttätig sei. Und die Kirche sei immer
gegen rechts, aber nie gegen Linke.
## „Pauschale Luftballons“
„Hören sie doch mal auf, ständig pauschale Luftballons aufzublasen und
Dinge zu behaupten, die nicht stimmen“, sagt da Bischof Dröge, dauerhaft
versucht, ihre Argumente zu entkräften. Gemeinsam mit AfD-Expertin Liane
Bednarz liest er aus dem AfD-Programm vor. Worauf sich Schultner
strauchelnd wehrt oder sagt, dies sei nicht das offizielle AfD-Programm.
„Wir befinden uns in einer Situation tiefster gesellschaftlicher Spaltung“,
sagt sie. Die Erwartungshaltung an Christen sei eine originäre deutsche
Angelegenheit, „schauen Sie nach Europa, verhalten die sich christlich?“
Man könne nicht allen helfen. Aber denen helfen, die Hilfe brauchen – das
wolle auch die AfD.
„Gemeinschaft der Christen gegen den Terror“, das zumindest wünschen sich
beide Lager. Nur, meinen Dröge und Bednarz: AfD, das heiße
Kulturpessimismus und pauschale Feindbilder zu predigen. Da sei die Kirche
wesentlich weiter, als es die AfD je wolle.
25 May 2017
## AUTOREN
Linda Rustemeier
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