# taz.de -- Kirchentag in Berlin: „Alle sind für Menschenrechte“ | |
> In Messehalle 7 dreht sich alles um Willkommenskultur sowie ums | |
> Kennenlernen von Deutschen und Geflüchteten. Das ist nicht immer einfach. | |
Bild: Kennen lernen im 20-Minuten-Takt: World-Café zum Thema Migration | |
Schlag 11 Uhr hebt an den Biertischen ein Gesumme an wie aus 100 | |
Bienenstöcken. Rund 50 Menschen versuchen, sich beim „World-Café“ zum The… | |
„Was ist meine Migration?“ in 20 Minuten kennenzulernen. Habtezghi Dawit, | |
26, aus Eritrea, erzählt freimütig von seinem neuen Leben in Kassel. Wie er | |
mithilfe einer Unternehmensstiftung Deutsch lernt und gerade den | |
Hauptschulabschluss macht. Wie freundlich die Menschen zu Flüchtlingen | |
sind. Dass er Lagerlogistiker werden will und orthodox ist. „Mein Glaube | |
hat mir in der schweren Zeit der Flucht sehr geholfen“, sagt er. | |
In Halle 7 dreht sich alles um Flucht und Migration – und das Interesse ist | |
groß. Gebannt lauschen die KirchentagsbesucherInnen den Erzählungen junger | |
Männer. Das entbehrt nicht immer der Komik. Etwa wenn eine junge Deutsche | |
einen Iraner fragt: „Und das Gefängnis, war das in Ordnung?“ Darauf der | |
Mann: „Du wirst geschlagen und musst fürs Essen bezahlen.“ | |
Dass es trotz der Bemühungen von beiden Seiten nicht immer einfach ist mit | |
dem Kennen lernen, weiß auch Sabine Jacoby von der Willkommensinitiative in | |
Groß Schönebeck in Brandenburg. Seit über zwei Jahren kümmert sie sich mit | |
anderen in dem 3.000-Seelen-Dorf um die rund 40 Geflüchteten. Alle | |
Flüchtlingsfamilien im Dorf haben eine eigene Wohnung bekommen, erzählt | |
sie, und einen Paten, der sie betreut. | |
Aber so mancher Helfer habe wieder aufgehört, das Kümmern sei anstrengend. | |
Und es gebe viele Missverständnisse aufgrund von Unkenntnis. „Ein Syrer hat | |
sich mal bei mir über das Jobcenter beschwert“, erzählt sie. Es stellte | |
sich heraus, dass seine Bekannten in Berlin Schwarzarbeit hatten. „Das | |
kannte er gar nicht, ich musste ihm erklären, dass wir hier Steuern zahlen | |
und wozu.“ Ihr selbst gibt das Helfen aber insgesamt sehr viel, findet sie. | |
„Ich wollte eine Aufgabe. Und ich erweitere meinen Horizont.“ | |
Auch Philipp Marx, der mit zwei Mädchen das „Café der Begegnung“ betreibt, | |
weiß, warum er sich engagiert. „Wir wollten zeigen, dass man mit einfachen | |
Mitteln helfen kann, auch wenn wir nur Jugendliche sind.“ So hat er mit | |
Freunden aus der Schule das „Project Equality“ gegründet. In ihrem | |
Heimatort Ludwigshafen sammeln sie Geld und Sachspenden ein. Die erste | |
Fuhre haben sie in ein Flüchtlingscamp in Slowenien gebracht, beim zweiten | |
Mal waren sie in der Türkei. | |
Ob sein Engagement etwas mit Glauben zu tun habe? „Wir haben Muslime, | |
Christen und Ungläubige“, sagt Marx. Aber eigentlich sei das egal, findet | |
er. „Alle Religionen sind doch für Menschenrechte.“ | |
26 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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