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# taz.de -- Trockenheit in Schweden: Wassermangel im Wasserland
> Schweden erlebt eine schwere Wasserkrise. Im Süden soll die Bevölkerung
> nur noch 30 Sekunden lang duschen. Im Norden herrscht Überfluss.
Bild: Trotz zahlreicher Seen und Wasserfälle herrscht in Teilen Schwedens Wass…
Stockholm taz | Der Wunsch nach einem Regensommer ist in Schweden in diesem
Jahr weit verbreitet. „Hoffentlich gibt es einen richtig verregneten
Sommer“, sagte Jenny Johansson, Landwirtin im südschwedischen Ljungby, in
einem Radiointerview. Am besten sollen dem auch noch ein pitschnasser
Herbst und ein möglichst schneereicher Winter folgen.
Hintergrund ihres Wunsches ist: Schweden droht akuter Trinkwassermangel.
Vor allem im Süden und Osten des Landes ist der Grundwasserspiegel so
niedrig wie seit 70 Jahren nicht, seitdem der Pegel regelmäßig gemessen
wird.
Zum Hof von Johanssons Familie musste bereits im Vorjahr Trinkwasser
geliefert werden, weil der eigene Brunnen versiegt war. Auch auf Öland
herrschte schon 2016 ein chaotischer Sommer. Weite Teile dieser Ostseeinsel
wurden mit Tankwagen vom Festland aus versorgt. Nach einem schneearmen
Winter, dem jetzt ein Frühjahr mit wenig Niederschlägen folgte, könnte
dieser Sommer noch problematischer werden.
Erste Kommunen erließen schon im Dezember Bewässerungsverbote, seit März
haben mehr als ein Dutzend verboten, Swimmingpools mit Trinkwasser zu
füllen oder den Rasen zu sprengen. Auf Öland wird Mitte Juni die erste
schwedische Meerwasserentsalzungsanlage eingeweiht. Ende Mai verabschiedete
der Stadtrat von Halmstad einen Katastrophenplan, der festlegt, in welcher
Reihenfolge die städtische Wasserversorgung für welche Verbrauchergruppen
abgestellt werden kann. „Ein historischer Beschluss“, sagt die
Stadtverordnete Suzane Åkerlund schwedischen Medien: „So etwas haben wir
noch nie machen müssen.“
Neun staatliche Behörden warnen gemeinsam vor der schwersten Wasserkrise
seit 100 Jahren. Sie empfehlen, nicht länger als 30 Sekunden zu duschen.
Bäuerlichen Betrieben mit eigenen Brunnen wird geraten, diese tiefer zu
bohren. Aber die fraglichen Brunnenbohrbetriebe sind teilweise schon jetzt
für das ganze Jahr ausgebucht.
## Trockenere Sommer und schneeärmere Winter
Viele Flüsse und Seen haben ein extrem niedriges Wasserniveau. Ein großer
Vogelsee in der Nähe von Kristianstad droht ganz auszutrocknen, Teile von
Häfen an den großen Binnenseen sind nicht mehr benutzbar. Für die bei den
Touristen beliebten Fahrten durch den Götakanal könnte es bald bei mehreren
Schleusen Probleme geben, weil die Passagierboote zu wenig Wasser unter dem
Kiel haben.
Über ein Umweltproblem müsse Schweden sich vermutlich nie Gedanken machen,
schrieb eine Zeitschrift noch vor acht Jahren: Trinkwasser. Davon habe man
mehr als genug. Mehrere extrem trockene Jahre in Folge haben das schnell
geändert. Das meteorologische Institut SMHI macht den Klimawandel
verantwortlich. Die meisten Klimamodelle sagen für die Zukunft deutlich
trockenere Sommer und schneeärmere Winter voraus. Auch das geologische
Institut SGU warnt, was sich jetzt ankündige, werde womöglich noch
schlimmer werden.
Historisch gesehen hätten die schwedischen Landwirte immer mit zu viel
statt mit zu wenig Niederschlägen kämpfen müssen, sagt Markus Hoffman vom
Bauernverband LRF. „Nur schnell weg mit dem Wasser“, sei daher das Motto
gewesen. Nun sei das plötzlich gekippt, ohne dass man sich darauf hätte
vorbereiten können. Wobei der Wassermangel im Süden auch nur die eine Seite
der Medaille ist. Im Norden und Nordwesten Schwedens hat man mit dem
anderen Extrem zu tun: kräftig gestiegenen Niederschlagsmengen und
besonders langen und schneereichen Wintern.
„Wir haben viel zu lange Feuchtgebiete entwässert und trockengelegt“, sagt
Christina Nordenstein, Leiterin der „Wasserkatastrophengruppe“ bei der
staatlichen Lebensmittelbehörde: „Und wenn man der Natur das Wasser
abgräbt, wird sie noch anfälliger bei Wassermangel.“
7 Jun 2017
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Wassermangel
Wasser
Schweden
Trockenheit
Düngemittel
Schwerpunkt Flucht
Vereinte Nationen
Spanien
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