# taz.de -- Streit um Autobahn-Privatisierung: Koalition einigt sich überrasch… | |
> Der Konflikt über die künftige Autobahngesellschaft des Bundes scheint | |
> beigelegt. Im Grundgesetz soll es weitgehende Privatisierungsschranken | |
> geben. | |
Bild: Der Privatisierung sollen weitere Schranken gesetzt werden | |
BERLIN dpa | Union und SPD haben sich über letzte strittige Punkte zur | |
geplanten Autobahngesellschaft des Bundes verständigt und damit den Weg für | |
den historischen Bund-Länder-Finanzpakt frei gemacht. Die Koalitionäre | |
einigten sich nach Angaben der SPD auf zusätzliche Privatisierungsschranken | |
im Grundgesetz, um eine Veräußerung der künftigen Infrastrukturgesellschaft | |
und von Autobahnen auch durch die Hintertür zu verhindern. Eine | |
Privatisierung der Autobahnen und Bundesstraßen soll damit erstmals | |
verfassungsrechtlich ausgeschlossen sein. Der Text dazu lag bis | |
Redaktionsschluss noch nicht vor. | |
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sprach vom größten Reformwerk in | |
der Koalition. Er sei froh, dass nach langen Verhandlungen jetzt eine | |
Einigung gelungen sei, so dass dieses Gesetzeswerk in der nächsten | |
Sitzungswoche im Bundestag verabschiedet werden könne. Kauder nannte die | |
Reform ein ausgewogenes Paket zwischen den Interessen des Bundes und der | |
Interessen der Länder. | |
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann betonte, seine Partei habe großen Wert | |
darauf gelegt, dass es nicht zu Privatisierungen komme. Deshalb seien | |
mehrere Privatisierungsbremsen eingebaut worden. Die SPD pochte darauf, | |
dass nicht nur ein Privatisierungsverbot für die Gesellschaft und ihre | |
Tochterfirmen in der Verfassung verankert wird, sondern auch | |
Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) per Grundgesetz begrenzt werden. | |
Vorgesehen sei nun auch, dass eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung | |
Dritter an der Infrastrukturgesellschaft und möglichen | |
Tochtergesellschaften per Grundgesetz ausgeschlossen wird. Ebenfalls | |
verfassungsrechtlich verhindert werden soll eine „funktionale | |
Privatisierung“, etwa über ÖPP-Projekte für Teilnetze. Die Gesellschaft | |
soll nicht kreditfähig sein. Das wirtschaftliche Eigentum an den | |
Bundesfernstraßen soll nicht an die Gesellschaft übergehen, sondern in | |
Bundesbesitz bleiben. | |
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, mit der Einigung werde | |
eines der wichtigsten und größten Gesetze im Bundestag zum Abschluss | |
gebracht. Beim Länderfinanzausgleich bestehe künftig ein wenig mehr | |
Gerechtigkeit, sagte sie mit Blick auf Bayern, das zuletzt mehr als die | |
Hälfte der Hilfszahlungen der „reichen“ an die „armen“ Bundesländern | |
schultern musste. | |
## Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig | |
Mit der Einigung steht einer Abstimmung des Bundestages über die mühsam | |
ausgehandelte Reform der Finanzbeziehungen von Bund und Ländern nichts mehr | |
im Wege. Die Reformpläne einschließlich Grundgesetzänderungen sollten | |
eigentlich an diesem Freitag abschließend beraten werden. Die Koalition | |
hatten sich aber darauf verständigt, die Abstimmung noch einmal kurzfristig | |
zu vertagen. Für die Grundgesetzänderungen ist in Bundestag und Bundesrat | |
jeweils eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. | |
Bund und Länder hatten sich im Oktober nach langen Verhandlungen auf eine | |
Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen verständigt. Danach sollen die Länder | |
von 2020 an jährlich 9,75 Milliarden Euro vom Bund erhalten – Tendenz | |
steigend. Das ist deutlich mehr Geld als bisher. Der Bund bekommt dafür | |
mehr Eingriffsrechte – etwa bei Fernstraßen, in der Steuerverwaltung und | |
bei Investitionen in Schulen. | |
Mit der Infrastrukturgesellschaft will der Bund ab 2021 für mehr Effizienz | |
in Planung, Bau und Betrieb der Autobahnen und Bundesstraßen sorgen. Die | |
Länder geben Befugnisse ab. | |
Das komplizierte Gesetzgebungsverfahren enthält 13 Änderungen des | |
Grundgesetzes und zahlreiche einfachgesetzliche Änderungen. Der Konflikt | |
über die geplante Infrastrukturgesellschaft hatte den Zeitplan für die | |
Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen gefährdet. | |
17 May 2017 | |
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