# taz.de -- Privatisierung der Autobahnen: Erst machen, dann prüfen | |
> Die Große Koalition will eine neue Autobahngesellschaft gründen. Dazu | |
> muss sie das Grundgesetz ändern. Ob das wirtschaftlicher ist, weiß sie | |
> noch nicht. | |
Bild: Führen deutsche Autobahnen demnächst in den Rachen privater Profiteure?… | |
Berlin taz | Die Bundesregierung erarbeitet eine der größten | |
Privatisierungen der letzten Jahre offenbar ohne | |
Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, die für derartige Vorgaben eigentlich | |
nötig wäre. Das geht aus einer Anfrage des Abgeordneten der Linken, Roland | |
Claus, hervor, die der taz vorliegt. | |
Unter Federführung des Bundesverkehrsministeriums und des | |
Bundesfinanzministeriums arbeitet die Bundesregierung an einer | |
Grundgesetzänderung, mit deren Hilfe eine Bundesfernstraßengesellschaft | |
(BFG) geschaffen werden soll. Die Änderung des Grundgesetzes ist nötig, | |
damit die bisherige Zuständigkeit der Länder für die Verwaltung der | |
Bundesfernstraßen an den Bund übertragen werden kann. | |
Doch für diese Änderung verzichtet das Bundesverkehrsministerium vorab auf | |
eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit einer solcher Gesellschaft. Das | |
bedeutet, bevor überhaupt klar ist, ob eine solche Gesellschaft tatsächlich | |
wirtschaftlicher arbeiten würde, hat das Verkehrsministerium bereits einen | |
„Formulierungsvorschlag für den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des | |
Grundgesetzes erstellt“, wie es in der Antwort heißt. | |
Das Vorhaben befindet sich in der „hausinternen Abstimmung“ mit dem | |
Bundesministerium des Innern, „damit dort der Gesetzentwurf der | |
Bundesregierung zur Änderung des Grundgesetzes erstellt und förmlich | |
ressortabgestimmt werden kann“, wie es heißt. Lediglich im zweiten Schritt, | |
also nach der weitreichenden Änderung des Grundgesetzes, werde die | |
Wirtschaftlichkeit geprüft. | |
Laut Spiegel soll Paragraf 90 geändert werden. „Aufgaben der Planung des | |
Baus, des Betriebs, der Erhaltung, der vermögensmäßigen Verwaltung und der | |
Finanzierung der Bundesautobahnen können durch Bundesgesetz einer | |
Gesellschaft in privatrechtlicher Form übertragen werden“, würde die | |
Änderung lauten, so das Nachrichtenmagazin. | |
## Geld gegen Zustimmung | |
Dem Vorhaben müssen die Länder zustimmen, die dies bislang ablehnten. | |
Allerdings arbeiten Bundesregierung und Ministerpräsidenten an einem Deal | |
im Rahmen des Länderfinanzausgleichs: Geld gegen Zustimmung. Auch der | |
Bundesrechnungshof ist bereits seit 2015 mit der Sache befasst. Die | |
[1][bisherigen Berichte der Behörde] zu den Privatisierungen der | |
Bundesfernstraßen in Form von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) | |
fielen extrem kritisch aus. Nach Informationen der taz tut sich der | |
Rechnungshof schwer damit, in welcher Form er über die Gesellschaft | |
berichten will. | |
Die Bundesregierung arbeitet bereits seit zwei Jahren an dem Vorhaben. So | |
hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel die so genannte [2][Fratzscher-Kommission] | |
ins Leben gerufen, die Vorschläge erarbeiten sollte. Kritisiert worden war | |
die Kommission von DIW-Chef Marcel Fratzscher weil in ihr neben den | |
Gewerkschaften vor allem Lobbyisten von Banken und Versicherungskonzernen | |
vertreten waren. | |
Angesichts niedriger Zinsen hatte Gabriel vor der Gründung der Kommission | |
mitgeteilt, er wolle den „Lebensversicherungskonzernen attraktive Angebote | |
machen, sich an der Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur zu | |
beteiligen“. 2014 hockten diese auf 1,4 Billionen Euro Vermögen. Bereits | |
damals hatten Kritiker wie Gemeingut in Bürgerinnenhand davor gewarnt, es | |
ginge möglicherweise um die Privatisierung der Autobahnen in Deutschland. | |
27 Jun 2016 | |
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## AUTOREN | |
Kai Schlieter | |
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