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# taz.de -- Ex-Finanzminister Eichel über ÖPP: „Das wird alles teurer werde…
> Der ehemalige SPD-Finanzminister kritisiert Öffentlich-Private
> Partnerschaften (ÖPP) als Verschwendung von Steuergeldern.
Bild: „Wenn wir die Infrastruktur direkt finanzierten, wäre das wesentlich g…
taz: Herr Eichel, Sigmar Gabriel möchte Versicherungskonzerne bei der
Finanzierung der Infrastruktur beteiligen. Würden Sie das als eine Form von
Öffentlich-Privater Partnerschaft bezeichnen?
Hans Eichel: Ja sicher. Aber ist das sinnvoll? Denn wir lösen dann die
Probleme der Lebensversicherungsgesellschaften über die Finanzierung der
Infrastruktur. Wenn wir die Infrastruktur direkt finanzierten, wäre das
wesentlich günstiger, denn der Bundesfinanzminister bekommt zur Zeit für
0,8 Prozent oder weniger eine 10-jährige Anleihe. Der Staat kann sich Geld
viel billiger leihen.
Außerdem wollen die Konzerne sicher nicht zum Wohle der Allgemeinheit bei
der Infrastruktur einsteigen.
Das wird man bei den Verhandlungen dann ja sehen: Unter vier Prozent
Rendite werden die nicht verlangen, eher mehr. Und um das wird das dann
alles teurer.
Ist eine Finanzierung mit privater Beteiligung immer teurer?
Ja, logischerweise. Weil schon die Kapitalkosten für die Privaten teurer
sind. Außerdem wollen Private natürlich Gewinne machen. Der
Bundesrechnungshof hat das ja im Einzelnen vorgerechnet, und er hat recht
damit.
Sigmar Gabriel sagte vor Einberufung seiner Expertenkommission, er möchte,
dass man wegkommt von den Öffentlich-Privaten Partnerschaften. Sie sagen
jetzt, was da rauskommt ist ja doch eine ÖPP?
Ja. Es gibt ja keine wirklich anderen Modelle. Ich verstehe die Motivation
von Sigmar Gabriel schon gut, denn wir haben eine Investitionsschwäche,
insbesondere im öffentlichen Bereich ist das sichtbar.
Was könnte da anstatt ÖPP helfen?
Wir brauchen vor allem investitionsfähige Gemeinden. Und das ist eine
Aufgabe des Finanzausgleichs, dafür zu sorgen. Und deswegen plädiere ich
sehr dafür, den Solidaritätszuschlag beizubehalten. Wir brauchen eine Art
Deutschlandfonds. Denn jetzt geht es nicht mehr nur um den Aufbau Ost, das
Kapitel ist weitgehend abgeschlossen. Sondern es geht darum, die
Auseinanderentwicklung in Deutschland insgesamt, unabhängig von
Himmelsrichtungen, zu verhindern.
Der Vorsitzende der Kommission, Marcel Fratzscher, sagt nun, dass in 70
Prozent aller Länder weltweit Infrastruktur privat erzeugt und auch
finanziert wird. Auch Deutschland solle sich dafür öffnen und keine Tabus
haben.
Nein, man sollte keine Tabus haben, aber man muss rechnen. Und wenn ich
eine Investition zu 0,8 Prozent Zinsen machen kann, dann mache ich sie als
Staat, und mache sie nicht zu vier, fünf, sechs oder sieben Prozent mit
Privaten. Das zahlen wir alle dann als Verbraucher.
Aber wenn das so eindeutig ist, wieso gibt es dann überhaupt diese
Expertenkommission?
Die Fragestellung, wie mehr Investitionen für die Infrastruktur ermöglicht
werden können, ist ja richtig. Ich habe mich aber als Finanzminister gegen
die ÖPP-Modelle gewehrt. Das Erste, was die Privaten dann immer wollen,
weil die Kapitalkosten für sie höher sind: einen Steuervorteil. Das habe
ich abgelehnt. Ich sehe das nicht ein. Es gibt ein einziges Problem, das
man sehen muss. Wir haben inzwischen beim Staat auf allen Ebenen die
Verwaltung so schlank gespart, dass er selber als Bauherr nicht mehr
richtig funktionieren kann. Das ist ein Verlust der Steuerungsfähigkeit des
Staates. Er kann seine Bauherrenfunktion oft nicht mehr richtig wahrnehmen.
Da müssen dann private Büros ran, da gibt es gute. Aber auch dann muss man
ja nicht privat finanzieren.
Die Aussage, eine private Finanzierung, die aus der Kommission kommt, ist
effizienter, ist nicht haltbar?
Nein.
In der Kommission sitzen einige Konzernvertreter. Deren Ziel ist nicht das
Allgemeinwohl, sondern nur Profit.
Sicher. Ich habe ja nichts dagegen, dass die Profit machen. Nur muss der
Staat die Investitionen in die Infrastruktur teuer finanzieren, um damit
die Probleme der Versicherungen zu lösen? Oder die Profite der Banken zu
erhöhen? Und damit den Verbrauchern mehr Kosten aufbürden, als wenn er es
selbst finanzierte?
Ist Ihnen ein ÖPP-Projekt bekannt, wo Sie sagen würden, das ist ein
Erfolgsfall?
Besser als der Bundesrechnungshof kann ich das nicht bewerten und dessen
Urteil ist negativ. Staatliche Investitionen, privat finanziert, können
sich im Vergleich zu einer öffentlichen Finanzierung nicht rechnen. Anders
mögen ÖPP-Projekte bei bestimmten Dienstleistungen aussehen.
Ist die Schuldenbremse ein Katalysator für derartige Teilprivatisierungen?
Sie wird dafür zum Teil missbraucht. Ich bin für die Schuldenbremse immer
gewesen, bin auch jetzt dafür. Wir sollten sie aber nicht ins Feld führen,
um Investitionen oder Leistungen des Staates zu privatisieren, wenn das für
die Menschen teurer wird.
Wäre es dann nicht auch ein Fortschritt, ÖPP als eine Form von Schulden zu
definieren?
Ja, wenn ÖPP-Projekte an die Stelle staatlicher Projekte treten und der
Staat am Schluss in der Haftung ist.
Sollte das auch transparenter irgendwo im Haushalt abgebildet werden?
Ja, selbstverständlich.
20 Dec 2014
## AUTOREN
Eva Berger
Kai Schlieter
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