| # taz.de -- Privatisierung der Autobahn: Heute dagegen, morgen dafür | |
| > Im Bundestag warnen die Grünen vor der privaten | |
| > Infrastrukturgesellschaft. Im Bundesrat stimmen sie aber dafür. Die Linke | |
| > legt sich noch nicht fest. | |
| Bild: Der privaten Infrastrukturgesellschaft steht nicht mehr viel im Weg | |
| Berlin taz | Im Bundestag waren die Fronten am Donnerstag klar: Vor der | |
| Abstimmung über die Grundgesetzänderung, mit der die Autobahnen in eine | |
| privatrechtlich organisierte [1][Infrastrukturgesellschaft] überführt | |
| werden, verurteilten Grüne und Linke das Vorhaben noch einmal scharf. „Die | |
| Hintertüren für eine Privatisierung der Autobahnen stehen weiter offen“, | |
| sagte der Grünen-Abgeordnete Sven Kindler. Teure öffentlich-private | |
| Partnerschaften seien weiter möglich, sagte er – und forderte „ein klares | |
| Nein“ zu der geplanten Regelung. | |
| Noch schärfer fiel die Kritik von Sahra Wagenknecht aus. Durch die geplante | |
| Regelung werde einer „großflächigen Privatisierung“ der Weg bereitet, | |
| warnte die Vorsitzende der Linken-Fraktion. Der SPD, die nach den jüngsten | |
| Änderungen am Gesetz Privatisierungen für ausgeschlossen erklärt hat, warf | |
| Wagenknecht vor, zu täuschen. „Hören Sie auf, die Leute zu belügen“, rief | |
| sie – und unterstellte einen Zusammenhang mit den hohen Parteispenden, die | |
| Union und SPD aus der Versicherungsbranche erhalten. | |
| SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann wies das empört zurück und warf | |
| Wagenknecht eine sprachliche Nähe zur AfD vor. Inhaltlich verteidigte er | |
| den Beschluss. „Sie haben anscheinend gar nicht mitbekommen, dass wir das | |
| Gesetz verändert haben“, hielt er Wagenknecht vor. Selbst der | |
| Bundesrechnungshof, den die Linke bei der letzten Debatte noch als | |
| Kronzeuge gegen die Infrastrukturgesellschaft anführte, habe gegen das | |
| überarbeitete Gesetz keine Einwände, sagte Oppermann. Auch | |
| CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt verteidigte die Pläne. | |
| Bei der [2][Abstimmung] erreichte die Grundgesetzänderung, mit der die | |
| Zuständigkeit für die Autobahnen auf die neue Gesellschaft übergeht, die | |
| notwendige Zweidrittelmehrheit deutlich. Während Linke und Grüne fast | |
| geschlossen dagegen stimmten, gab es aus Union und SPD nur einzelne | |
| Neinstimmen und Enthaltungen. | |
| ## Knebel durch Paketabstimmung | |
| Um beschlossen zu werden, braucht das Gesetz aber auch im Bundesrat noch | |
| eine Zweidrittelmehrheit. Anders als im Bundestag könnten Linke und Grüne | |
| diese im Bundesrat leicht verhindern, denn sie sind in 12 der 16 | |
| Bundesländer an der Regierung beteiligt. Und wenn sich die | |
| Koalitionspartner nicht einig sind, muss sich ein Bundesland enthalten, was | |
| bei einem zustimmungspflichtigen Gesetz wie ein Nein wirkt. | |
| Doch diese Macht wollen die Ländervertreter der Grünen nicht nutzen. | |
| Baden-Württemberg, wo die Grünen mit Winfried Kretschmann den | |
| Ministerpräsidenten stellen, werde „für die Neuordnung“ stimmen, teilte d… | |
| Staatskanzlei auf Anfrage mit. Das rot-grün regierte Hamburg kündigte | |
| ebenfalls eine Zustimmung an. Und auch im rot-grün regierten Niedersachsen, | |
| wo es auch in der SPD viele Kritiker der privaten Autobahn-Gesellschaft | |
| gibt, „führt diese Kritik voraussichtlich nicht dazu, dass Niedersachsen | |
| gegen das Gesetzespaket stimmen wird“, so der stellvertretende | |
| Regierungssprecher Michael Jürdens zur taz. | |
| Denn entschieden wird über die Einrichtung der Autobahn-Gesellschaft, | |
| obwohl es keinen direkten sachlichen Zusammenhang gibt, im Paket mit der | |
| Neuregelung der Bund-Länder-Finanzen. Und auf die damit verbundenen | |
| Zahlungen des Bundes sind viele Länder dringend angewiesen. | |
| Damit würde der Bund die Länder „erpressen“, kritisierte Sahra Wagenknech… | |
| Ob das auch bei den Ländern mit Regierungsbeteiligung der Linken gelingt, | |
| war am Donnerstagnachmittag offen. In Berlin zeigte sich die | |
| Senatssprecherin „optimistisch“, dass das Land zustimmen werde. Thüringen, | |
| wo die Linke mit Bodo Ramelow den Ministerpräsidenten stellt, und | |
| Brandenburg konnten oder wollten sich noch nicht festlegen. Doch selbst | |
| ohne die Stimmen dieser Länder ist eine Mehrheit sicher. | |
| 1 Jun 2017 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Kabinett-billigt-Autobahn-Gesetz/!5366669 | |
| [2] /Einigung-ueber-Infrastrukturgesellschaft/!5407896 | |
| ## AUTOREN | |
| Malte Kreutzfeldt | |
| ## TAGS | |
| Autobahn | |
| Privatisierung | |
| Autobahn | |
| Parteiprogramm | |
| Autobahn | |
| Autobahn | |
| Autobahn | |
| Autobahn | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Zentralisierung der Straßenverwaltung: Beraterinflation bei Autobahn GmbH | |
| Die umstrittene Autobahn GmbH kostet schon vor Betriebsbeginn dreimal so | |
| viel wie geplant. Vor allem der Bedarf an Beratern ist hoch. | |
| Vor dem Parteitag der Grünen: Linke Basisgrüne mucken auf | |
| Mehrere Kreisverbände fordern einen scharfkantigeren Regierungsplan: Sie | |
| sind gegen Kohle und Hartz-IV und wollen die Vermögenssteuer einführen. | |
| Kritiker über Autobahn-Gesellschaft: „Ganz offen durch die Vordertür“ | |
| Auch nach den von der SPD durchgesetzten Änderungen sieht Carl Waßmuth die | |
| geplante Infrastrukturgesellschaft als große Gefahr. Denn „die | |
| Privatisierung droht weiter“. | |
| Einigung über Infrastrukturgesellschaft: Gesetzentwurf mit Macken | |
| Die SPD setzt Privatisierungsbeschränkungen durch und spricht von einem | |
| großem Erfolg. Doch das Gesetz bleibt umstritten. | |
| Streit um Autobahn-Privatisierung: Koalition einigt sich überraschend | |
| Der Konflikt über die künftige Autobahngesellschaft des Bundes scheint | |
| beigelegt. Im Grundgesetz soll es weitgehende Privatisierungsschranken | |
| geben. | |
| Privatisierung von Autobahnen: Gesetz ausgebremst | |
| Weil sich Union und SPD nicht einigen können, wird die für Freitag geplante | |
| Verabschiedung des umstrittenen Autobahn-Gesetzes wohl verschoben. |