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# taz.de -- Heimpflege: Immer noch allein
> Trotz des Streits um die Betreuungsquote bleibt es bei nur einer
> Nachtwache für bis zu 50 Personen. Der neue Gesetzentwurf enthält nur
> Versprechungen
Bild: Musste 2015 wegen Missständen beinahe dichtmachen: Pflegeheim in Kirchhu…
Eine Nachtwache soll auch weiterhin alleine mit 50 BewohnerInnen in
Pflegewohnheimen klarkommen. Das sieht der Gesetzentwurf der
Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) immer noch vor. Trotz eines auch
koalitionsinternen Streits um die Neufassung des Bremischen Wohn- und
Betreuungsgesetzes (BremWoBeG) hat sich daran nur wenig geändert. Der
Vorsitzende der Sozialdeputation, Klaus Möhle (SPD), hatte den Entwurf
aufgrund der schlechten Nachtbetreuungsquote bereits zweimal blockiert und
auf mindestens eine Pflegekraft für 40 Personen gedrängt.
Tatsächlich hat die Sozialbehörde den Gesetzentwurf lediglich um eine
Absichtsbekundung im Vortext ergänzt. Derzufolge soll die enthaltene
Personalverordnung bis 2020 novelliert werden und darin dann auch eine
besserer Personalschlüssel von eins zu 40 für Nachtschichten festgelegt
werden. Verbindlich sei das jedoch keineswegs, wie Sigrid Grönert (CDU)
sagt: „Wenn das am Donnerstag so durchgesetzt wird, dann hat Möhle sich
über den Tisch ziehen lassen.“ Im Vortext bringe die Nennung einer Quote
und eines Zeitrahmens gar nichts, im Gesetz selbst müsse sie stehen.
Tut sie aber nicht. Im [1][Entwurf] steht weiterhin: „Im Nachtdienst muss
in Pflege- und Betreuungseinrichtungen für jeweils bis zu 50 Bewohnerinnen
und Bewohner (…) mindestens eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter für
Unterstützungsleistungen anwesend sein.“ Oder wie Bernd Schneider, Sprecher
der Sozialbehörde, sagt: „Die Quote eins zu 40 steht als Perspektive drin.“
Nach der Sozialdeputation muss der Entwurf noch durch Senat und
Bürgerschaft. Änderungen seien noch möglich, so Schneider.
Das fordern auch weiterhin Betroffenenverbände, die Gewerkschaft Ver.di
sowie der Berufsverband für Pflegeberufe. Sie fordern generell einen
Schlüssel von eins zu 30. Ver.di hat im Vorfeld eine Unterschriftenaktion
unter dem Motto „Keine Nacht alleine“ gegen den Entwurf gestartet. Die 700
Unterschriften, die Kerstin Bringmann von Ver.di bereits zusammen hat, will
sie am Donnerstag der Sozialsenatorin übergeben. Sie sagt: „Es kann nicht
sein, dass in der Nacht eine Kraft alleine für bis zu 50 pflegebedürftige,
teilweise dementiell erkrankte Personen zuständig ist!“ Ebenso kritisiert
der Berufsverband für Pflegeberufe, dass eins zu 50 „absolut unzureichend“
sei – sowohl für die verantwortungsgerechte Berufsausübung der Pflegekräfte
als auch die Sicherheit der BewohnerInnen.
Dass es um die Qualität der Pflege tatsächlich schlecht bestellt ist,
zeigen auch neue Zahlen des medizinischen Dienstes der Krankenkassen: Im
Bereich Pflege und medizinische Versorgung steht Bremen im Bundesvergleich
als Schlusslicht da. Möhle kennt das Problem: Die nun „im Kern
perspektivisch“ verbesserte Betreuungsquote sei nur eine Baustelle, sagt
Möhle: „Mich rufen manchmal Angehörige an, die fast schon traumatisiert
erzählen, wie schlimm es in einigen Einrichtungen ist“, sagt er, „und da
geht es nicht um schlechtes Essen, sondern Dinge wie nicht ordnungsgemäße
Medikamentenvergabe.“ Angesichts von Missständen müsse die Heimaufsicht von
sowohl Einrichtungen als auch ambulanten Pflegediensten ausgebaut werden.
Laut Sozialbehörde sind derzeit in Bremen für 191 Heime neun Personen plus
die Leitung für Heimaufsicht zuständig. Auch da gibt es Dissens. Schneider
sagt: „Die Personalausstattung ist aus unserer Sicht angemessen.“
31 May 2017
## LINKS
[1] http://www.soziales.bremen.de/sixcms/media.php/13/Novellierung%20des%20Brem…
## AUTOREN
Gareth Joswig
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