# taz.de -- Zentralisierung geplant: Streit um Heim-Aufsicht | |
> Rot-Grün plant Zentralisierung der bezirklichen Wohn- und | |
> Pflege-Aufsicht. Seniorenbeiräte und Bezirke wehren sich dagegen. | |
> Gutachten noch unter Verschluss. | |
Bild: Die Aufsicht schaut nicht regelmäßig vorbei: Senioren im Heim | |
HAMBURG taz | Seitdem der rot-grüne Senat sich vorgenommen hat, die | |
Wohn-Pflege-Aufsicht (WPA) für alte Menschen zu zentralisieren, rumort es | |
in Hamburgs Bezirken. Man wolle „Synergien nutzen“, die Heimaufsicht in | |
einem Bezirk zusammenführen und zu einem „modernen Prüf- und Beratungsteam�… | |
entwickeln, heißt es auf Seite 91 des Koalitionsvertrages. Das stößt vor | |
allem bei den Seniorenbeiräten auf erbitterten Widerstand. | |
„Es würden die Netze in den Bezirken zerstört“, sagt Friedrich-Wilhelm | |
Jacobs, Vorsitzender des Seniorenbeirates Harburg. Denn die Aufsicht im | |
Bezirk arbeite gut mit anderen Gruppen wie den „Wohnbeiräten“ der Heime | |
zusammen. Die Kritik werde auch von Seniorenbeiräten in Bergedorf, Wandsbek | |
und Nord sowie vom Landesseniorenbeirat geteilt. | |
Auch die Linke ist „dagegen“, wie Julian Georg erklärt. „Die Hürden | |
zwischen Heimbewohnern und Mitarbeitern der Aufsicht würden höher“, sagt | |
der Wandsbeker Bezirkspolitiker. „Es gibt Missstände, die WPAs sind | |
unterbesetzt, es fehlen Standards, doch durch Zentralisierung wird das | |
nicht besser.“ | |
Die CDU-Abgeordnete Birgit Stöver warnt: „Die Kenntnisse der Mitarbeiter | |
vor Ort gingen verloren.“ Das Streben nach Effektivität dürfe nicht auf | |
Kosten der Altenheimbewohner gehen. Stöver stellte eine Anfrage, aus der | |
hervorgeht, dass die Zahl der zu kontrollierenden Einrichtungen seit 2013 | |
von 1.041 auf 1.123 gestiegen ist, während die Stellenzahl der | |
Aufsichtsmitarbeiter in allen Bezirken von 22,79 auf 19,37 sank. Nötig wäre | |
eine Aufstockung statt einer Zentralisierung. | |
Das sieht auch Julian Georg so, der die Daten auf Bezirksebene abfragte. In | |
Wandsbek hat die WPA mit ihren fünf Mitarbeitern eine „Überlastungsanzeige�… | |
gestellt. Vor allem die vorgeschriebenen Regelüberprüfungen finden kaum | |
statt. So hätten 2016 hundert Wandsbeker Einrichtungen kontrolliert werden | |
müssen. Es waren aber nur sechs. | |
Im ersten Halbjahr 2017 kamen die Mitarbeiter gar nicht dazu. Denn, so | |
teilt der Bezirk mit, wegen der steigenden Anzahl von Beschwerden müsse die | |
Arbeit „priorisiert“ werden. Vorrangig müsse kontrolliert werden, ob nach | |
Beschwerden festgestellte Mängel tatsächlich abgestellt wurden. | |
Auch im Bezirk Eimsbüttel wurde durch eine Anfrage der Linken offenbar, | |
dass diese Regelüberprüfung nicht klappt. 2016 wurden zwei Häuser besucht, | |
es hätten 31 sein müssen. | |
## Gutachten in der Schublade | |
Die Aufgaben der Wohn-Pflege-Aufsicht würden in den Bezirken „sehr | |
unterschiedlich wahrgenommen“, heißt es auch in einem Antrag von SPD und | |
Grünen, in dem versichert wird, mit der Weiterentwicklung solle „kein | |
Personal eingespart werden“. Doch auch zweieinhalb Jahre nach dem Start von | |
Rot-Grün ist unklar, was jetzt kommt. In der Gesundheitsbehörde liegt ein | |
Gutachten, in dem die bisherige Umsetzung des seit 2010 gültigen Gesetzes | |
zur Heimaufsicht evaluiert wird. | |
Es soll, so ist zu hören, die Unterbesetzung belegen. Doch es ist noch | |
nicht öffentlich. Es sei „noch nicht ausgewertet“, sagt ein Sprecher. | |
Vorher seien Aussagen nicht sinnvoll. CDU-Frau Stöver nennt das | |
„Geheimniskrämerei“. Die Behörde wisse genau vom Protest und wolle diesem | |
durch eine Hinhaltetaktik „Wind aus den Segeln nehmen“. | |
Immerhin gab ein Vertreter der Gesundheitsbehörde im Sommer in Harburg | |
Details bekannt: Man plane, besagte Regelprüfungen an den „Medizinischen | |
Dienst der Krankenkassen“ auszugliedern. Die WPA sollten nur noch die | |
anlassbezogenen Besuche machen, zum Beispiel wenn Mängel gemeldet werden. | |
Die Harburger Bezirksversammlung lehnte dies parteiübergreifend ab, weil es | |
zu „Kompetenzwirrwarr“ führe. | |
Ganz im Sinne von Friedrich-Wilhelm Jacobs. „In Harburg sind wir zufrieden | |
mit der Wohn-Pflege-Aufsicht, da wissen wir, was wir haben“, sagt der | |
Senior. „Aber wir wissen nicht, was wir wiederkriegen.“ | |
24 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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