| # taz.de -- Neonazis in Braunschweig: Aufmarsch vor KZ-Gedenkstätte | |
| > In Braunschweig wollen Neonazis vor einer KZ-Außenlager-Gedenkstätte | |
| > aufmarschieren. Gegenprotest ist angekündigt. Die Auseinandersetzung hat | |
| > Tradition | |
| Bild: Denkmal für den Freikorpsführer Ferdinand von Schill in Braunschweig | |
| Es ist ein Ort, an dem zwei Erinnerungen der deutschen Geschichte | |
| aufeinanderprallen: Vom Schilldenkmal sind es in Braunschweig nur wenige | |
| Schritte hinüber bis zu einer Gedenkmauer für ein KZ-Außenlager. Je nach | |
| politischer Orientierung kann auf dem kleinen Gelände den KZ-Häftlingen, | |
| die zur Zwangsarbeit gezwungen waren, gedacht oder dem Freikorpsführer | |
| Ferdinand von Schill gehuldigt werden, der einen Aufstand gegen die | |
| napoleonische Besatzung anführte. Ebendieser Ort hat in der | |
| niedersächsischen Stadt zu starken erinnerungspolitischen | |
| Auseinandersetzungen geführt. Am Mittwochabend will nun die | |
| NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) „Den Geist des | |
| Widerstands“ von Ferdinand von Schill neu entflammen“ – und damit neben d… | |
| KZ-Gedenkstätte auflaufen. | |
| „Es ist eine unerträgliche Provokation, dass an einem solchem Ort der | |
| Erinnerung an den Holocaust deren geistige Enkel zu einer ‚Heldenverehrung‘ | |
| aufmarschieren“, sagte David Janzen, Sprecher des Bündnis gegen rechts. | |
| Erst in dieser Woche haben Unbekannte die Gedenkstätte des KZ-Außenlagers | |
| „Braunschweig Schillstraße“ zum wiederholten Male mit neonazistischen | |
| Parolen beschmiert, berichtet Janzen. Das Bündnis kann nicht | |
| nachvollziehen, warum trotz rechtlicher Möglichkeiten das Gedenken erlaubt | |
| wurde. | |
| Man solle sich nicht über die Motivlage der Rechten täuschen lassen, | |
| erklärt Janzen: Zwar sei es Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg gewesen, dass | |
| der Freikorpsführer von Schill am 31. Mai 1809 mit seiner Trupp in | |
| Stralsund am dänischen Heer scheiterte und fiel. Doch Janzen verweist | |
| darauf, dass das Denkmal sowohl ein Eisernes Kreuz als Symbol des deutschen | |
| Militarismus trägt und auch den verbrecherische Krieg der Wehrmacht zu | |
| einem „Freiheitskampf“ umdeute. Eine Inschrift auf dem Denkmal lautet: „S… | |
| fochten und fielen für Deutschlands Freiheit.“ | |
| In dem rechtsextremen Spektrum gilt bis heute, dass Wehrmachtsoldaten und | |
| auch die Waffen-SS ehrenhaft kämpften. | |
| Die Stadtverwaltung aber sah keinen Grund für ein Demoverbot. „Einem Verbot | |
| oder einer Verlagerung an einen anderen Ort sind sehr enge rechtliche | |
| Grenzen gesetzt“, sagte Adrian Foitzik, Sprecher der Stadt. Diese Schritte | |
| seien nur möglich, „wenn etwa eine konkrete Gefährdung der öffentlichen | |
| Sicherheit durch die Veranstaltung entstehen würde“. Im | |
| Kooperationsgespräch mit dem Veranstalter sei aber vereinbart worden, dass | |
| keine Fackeln mitgeführt dürften und sich nur im Halbkreis um das | |
| Schilldenkmal aufgestellt werden darf. | |
| Das Denkmal wurde 1837 eingeweiht. 1955 erfolgte auf Initiative der | |
| Braunschweiger Regimentskameradschaften eine Umwidmung. Ergänzenden Tafeln | |
| erinnern seitdem an die im Zweiten Weltkrieg gefallenen Braunschweiger | |
| Soldaten. | |
| In den folgenden Jahren legten am „Volkstrauertag“ Politiker, Vertreter der | |
| Bundeswehr, der Stadt und von militaristischen und revanchistischen | |
| Organisationen Kränze am Denkmal nieder. An den Veranstaltungen nahm aber | |
| auch die Vereinigung ehemaliger SS-Angehörige teil. | |
| 1994 und 1995 kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen | |
| Teilnehmern des Wehrmachtssoldaten-Gedenkens und Teilnehmern einer | |
| antifaschistischen Gedenkveranstaltung. Auch das löste eine Debatte um das | |
| bis dato vergessene Außenlager des KZ Neuengamme aus. Erst im Jahr 2000 | |
| eröffnete dann die KZ-Gedenkstätte, und die Ehrung am Volkstrauertag fand | |
| nicht mehr statt. | |
| Im Mai 2016 wurden die an einer Mauer angebrachten Erinnerungstafeln mit | |
| rechten Parolen beschmiert und Anfang Mai 2017 erneut großflächig mit Farbe | |
| übermalt. | |
| Antifaschistischer Gegenprotest: 18 Uhr, KZ-Gedenkstätte Schillstraße, | |
| Braunschweig | |
| Korrekturhinweis: In einer früheren Version des Textes hatten wir | |
| fälschlicherweise geschrieben, die rechte Demonstration sei am | |
| Freitagabend. Richtig ist: Sie findet bereits am Mittwochabend (31.05.2017) | |
| statt – genauso wie der Gegenprotest. | |
| 31 May 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Speit | |
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