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# taz.de -- Borussia Dortmund vor dem Finale: Pedant ohne Pokal
> Beim BVB stehen die Zeichen auf Abschied: Stürmer Aubameyang will Trainer
> Tuchel zum krönenden Abschluss den DFB-Pokal „schenken“.
Bild: Bild aus besseren Zeiten: Hans-Joachim Watzke und Thomas Tuchel im Jahr 2…
Dortmund taz | Thomas Tuchel spricht ausgesprochen gern über die
Zusammenarbeit mit den Spielern und das zwischenmenschliche Binnenklima
beim BVB. Seitens der Spieler aber versiegte der Informationsfluss in den
vergangenen Tagen zusehends – Pierre-Emerick Aubameyang immerhin gab vor
dem Pokalfinale gegen Frankfurt ein klares Statement ab. Seinen Klub hatte
der 27-jährige Gabuner beim 4:3 gegen Bremen gerade wieder in die Champions
League und sich selbst zum erfolgreichsten Goalgetter der abgelaufenen
Bundesligasaison geschossen, also betonte er: „Jetzt möchte ich dem Trainer
den Pokal schenken.“
So viele Trophäen hat Tuchel in den 17 Jahren als Übungsleiter schließlich
noch nicht errungen. Zwei A-Jugendmeisterschaften mit dem VfB Stuttgart
(2005) und Mainz 05 (2009) stehen auf seiner Liste, für die Zeit im
Profibereich wartet der gebürtige Krumbacher noch auf den ersten Eintrag.
Ebenso wie Aubameyang, der mit Saint Étienne zwar mal den Ligapokal und mit
Dortmund zweimal den Supercup gewann – aber eben noch keinen echten Titel.
Diese Lücke in der Vita verbindet die beiden äußerlich so unterschiedlichen
Charaktere. Ebenso wie das mutmaßliche Adieu aus Westfalen in diesem
Sommer.
Aubameyang soll die Vereinsführung Anfang der Woche um die Auflösung seines
Vertrags gebeten haben. Und Tuchels Verbleib bei den Schwarz-Gelben
erscheint extrem unwahrscheinlich – spätestens seit dem gezielt platzierten
Interview von Hans-Joachim Watzke Anfang Mai. Darin hatte der BVB-Boss
klare Meinungsverschiedenheiten mit dem Cheftrainer bestätigt – was die
Terminierung des Champions-League-Spiels gegen den AS Monaco nach dem
Attentat auf den Dortmunder Mannschaftsbus betraf.
Seine Ansichten legte Watzke damals gegenüber den Zeitungen der
Funke-Gruppe dar – bezeichnenderweise missfällt Tuchel exakt diese Art der
medialen Stellungnahme. Er habe eine „Abneigung gegen Interviews“, die in
schriftlicher Form veröffentlicht werden, erklärte er bereits im Spätsommer
2015, als er beim „Schwarzgelben Talk“ auftrat und beteuerte: „Ich habe
keinen Kontrollwahn.“ Aber: „Ein Pedant – ja, das bin ich ein bisschen.“
Sein Vorgänger Jürgen Klopp, mit dem Watzke ein inniges Verhältnis
verbindet, ist den Borussen als Genussmensch in Erinnerung, der sich
zwischendurch schon mal ein Bier gönnte und vor Pressekonferenzen in
Wurstbrötchen biss. Asket Tuchel dagegen, der fast besorgniserregend hager
daherkommt, konfrontierte seine Spieler neben höchst anspruchsvollen
taktischen Finessen von Beginn an mit gesunder Ernährung.
Die Zusammenarbeit mit dem früheren Abwehrspieler ist zweifelsohne
anstrengend, physisch und mental. Zugleich pocht Tuchel gerade am Ende
dieser aus unterschiedlichen Gründen schwierigen, hoch emotionalen
Spielzeit auf seine Erfolge. Er verweist auf den „größten personellen
Umbruch im Klub seit zehn Jahren“ – und schmunzelt ironisch, wenn andere im
Verein die Saison als nicht ganz gelungen beurteilen. Denn als Top-Argument
für die eigene Arbeit sieht er selbst die Leistung seiner enorm jungen
Mannschaft in echten Stresssituationen an.
„In allen komplizierten Spielen, die auf Messers Schneide standen“, betont
der 43-jährige, „haben die Jungs – egal in welcher Zusammensetzung – imm…
immer, immer geliefert.“ Er erwähnt die Heimspiele in der Liga gegen
München und Leipzig, das Pokalhalbfinale bei den Bayern, das
Achtelfinalrückspiel in der Königsklasse gegen Benfica Lissabon. Oder das
2:1 in der Gruppenphase bei Sporting Lissabon. „Danach hätten wir die Jungs
eigentlich eine Woche lang um den Borsigplatz fahren müssen“, findet Tuchel
– und betont: „Dieses Gefühl, in den entscheidenden Momenten immer da
gewesen zu sein, gibt uns enormes Vertrauen für das Pokalfinale.“
Diese Zuversicht wird das Team des ambitionierten Querkopfs in Berlin auch
gut gebrauchen können. Schließlich haben die Dortmunder den Showdown im
nationalen Cup zuletzt dreimal hintereinander verloren. Eine neuerliche
Pleite wäre „verdammter Mist“, weiß Innenverteidiger Sokratis. Zur
Erörterung der angeblichen atmosphärischen Störungen zwischen Trainer und
Mannschaft verweist der Grieche auf die Zeit nach dem Pokalfinale. Ebenso
wie Abwehrkollege Matthias Ginter, der kein Wort über die Gemengelage
verlieren will, über Thomas Tuchel aber sagt: „Was er taktisch drauf hat,
habe ich so noch nicht erlebt.“
27 May 2017
## AUTOREN
Andreas Morbach
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