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# taz.de -- DFB-Pokal der Frauen: Erfolg ist weiblich und muss still sein
> Der VfL Wolfsburg bezwingt den SC Sand 2:1. Doch der Vorstand verbietet
> dem Team, das zu feiern. Die Männer-Relegation sei wichtiger.
Bild: Wolfsburgs Spielerinnen beim Schlusspfiff und CS Sands Jana Vojtekova am …
Köln taz | Almuth Schult hat eine kräftige Stimme, und die brachte die
26-Jährige nach dem gewonnenen Pokalfinale gegen den SC Sand auch zum
Einsatz. Umzingelt von Werbetafeln, mit denen der DFB das Untergeschoss der
Kölner Arena zugebaut hatte, sprach die Wolfsburger Torfrau ein bisschen
über das stolze Triple der VfL-Kickerinnen im nationalen Cup oder das
gelungene Abschiedsgeschenk für Trainer Ralf Kellermann. Und auch als es um
die seltsamen Begleiterscheinungen der jüngsten Wolfsburger Erfolge ging,
dimmte die Olympiasiegerin von Rio ihr dröhnendes Organ nur minimal.
Weil die Männerabteilung des Klubs deutlich weniger triumphal durch die
Saison marschiert ist als die der Frauen, sondern am Montag in Braunschweig
zum entscheidenden Relegationsspiel um den Bundesligaverbleib antritt,
erteilten die Vereinsoberen den frischgebackenen Meisterinnen Partyverbot.
Noch bevor das Pokalfinale gegen die tapferen Herausforderinnen aus der
Ortenau – wie im Vorjahr – 2:1 gewonnen war, strich die VfL-Spitze die
sonntäglichen Feierlichkeiten am Wolfsburger Rathaus. Mit Rücksicht auf die
prekäre Lage der Männer.
Weil der „gesamte VfL“ derzeit „natürlich komplett auf die Relegation
fokussiert“ sei, so die offizielle Begründung von Geschäftsführer Tim
Schumacher, müsse eine Feier unterbleiben. Anstatt die Freude über das
Double vor dem Start in den Sommerurlaub voll auszukosten, sollen die
Fußballerinnen sich erst vor dem Start in die neue Saison offiziell
bejubeln lassen – „gebührend“, wie Schumacher hinzufügte.
„Verstehen muss man das nicht“, kommentierte Almuth Schult die schräge
Vorgabe offenherzig – zog es anschließend aber vor, die verbale Handbremse
zu ziehen. „Ich kann mich jetzt nur noch um Kopf und Kragen reden“, bat die
Keeperin um Nachsicht. Dann nahm sie ihre unterdrückte Wut mit in die
Kabine.
## Vom Beschluss aus den Medien erfahren
Die verletzte Trainerseele ein wenig geöffnet hatte Ralf Kellermann am Tag
vor dem Finale. Die Entscheidung habe ihn und seine Spielerinnen „hart
getroffen“, betonte der 48-Jährige – und meinte damit vor allem, dass die
Mannschaft von dem Beschluss zuerst aus den Medien erfuhr. „Das tut uns
schon weh“, erklärte der Frauen-Coach, am Wochenende biss er sich bei dem
Thema dann spürbar auf die Zunge. „Wir feiern schon noch ein bisschen im
Hotel“, erwähnte Kellermann kurz, ehe er das neue Programm für die nächsten
Tage ankündigte.
Gefeiert im Hotel wurde dann bis zum frühen Sonntagmorgen. Dass das zu
Sanktionen führen könnte, ist nicht wahrscheinlich. Um 12 Uhr am Sonntag
jedenfalls war Abfahrt aus Köln, für Montag planen Wolfsburgs
Fußballerinnen nun einen gemeinsamen Fernsehabend in der Kabine. „Dann
feuern wir die Männer an – und ich bin überzeugt, dass wir danach alle
etwas feiern können“, sagte Kellermann, der sich nach neun Jahren in
Doppelfunktion und neun Titeln ab der neuen Spielzeit auf den Job als
Sportlicher Leiter bei den VfL-Frauen konzentrieren wird. „Wir freuen uns,
dass wir ihm so einen Abschied verschafft haben. Am Ende war er zu Tränen
gerührt, das wollten wir erreichen“, sagte Alexandra Popp.
Dieser emotionalen Reaktion von Coach Kellermann ging aber dessen harsches
Urteil voraus, der die erste Halbzeit seiner Elf als „die schwächste seit
Monaten“ bezeichnete. Das könnte aber auch an den Temperaturen und an
Gegner Sand gelegen haben: Die Hitze verhinderte allzu häufige Sturmläufe,
und Sand stand defensiv gut und verhinderte den Wolfsburger Spielaufbau.
Das 1:0 verdankte sich einer Standardsituation: Die Dänin Pernille Harder
konnte einen Eckball mit dem Kopf erwischen (66. Minute). Harders zweiter
Kopfball, das 2:0 in der 75. Minute, sorgte nur scheinbar für die
Entscheidung. Doch kurze Zeit später war es Nationalspielerin Alexandra
Popp, die mit einem Platzverweis wegen Vogelzeigens gegen die
Schiedsrichterin Wolfsburg unnötig in Gefahr brachte: Unmittelbar danach
erzielte Sand – aus Wolfsburger Sicht sehr unglücklich – den
1:2-Anschlusstreffer (78.), und Sand versuchte mit einem Kraftakt, das
Spiel zumindest zu einer möglichen Verlängerung zu drehen.
## Die Männer weit weg
Für Kellermann war dieser Pokalsieg zwar schwer erkämpft, aber immerhin der
Nachweis, dass seine Trainertätigkeit im Vergleich zu den Kollegen aus der
Männerabteilung sehr erfolgreich dasteht.
Vor den Wolfsburger Stadtvätern dürfen Kellermann und seine
Double-Gewinnerinnen dann in drei Monaten auflaufen, die neue Runde startet
am 2. September. „Daran können wir sowieso nichts ändern. Dass ein paar
Verantwortliche hier waren und uns unterstützt haben – darüber freuen wir
uns“, seufzte Ballfängerin Schult in Köln etwas ratlos. Während sich ihre
männlichen Vereinskollegen über das Wochenende in ein Kurztrainingslager
ins beschauliche Harsewinkel im Münsterland zurückgezogen hatten. 235
Kilometer entfernt vom Wolfsburger Rathaus.
28 May 2017
## AUTOREN
Andreas Morbach
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