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# taz.de -- Forderung der Naturschutzverbände: Neue Hürde für Wolfsabschuss
> Viele Wölfe, die sich nicht von Menschen fernhalten, werden erschossen.
> Naturschützer fordern, dass vorher eine Beratungsstelle befragt wird.
Bild: Der Wolf seit seiner Neuansiedlung in Deutschland nicht nur Freunde
Berlin taz | Der Naturschutzbund (Nabu) und der Internationale
Tierschutzfonds (IFAW) fordern eine weitere Hürde für den Abschuss von
Problemwölfen. Die Behörden müssten „in jede Einzelentscheidung zum Umgang
mit auffälligen oder problematischen Wölfen“ die für das Thema zuständige
Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes einbinden, [1][verlangen die
Organisationen in einem offenen Brief] an die Umweltminister der Länder.
Die Behörden müssten die Bevölkerung stärker darüber aufklären, dass Wöl…
nicht gefüttert werden dürfen, damit sie nicht die Nähe von Menschen
suchen.
Als auffällig gelten zum Beispiel Wölfe, die sich mehrmals Menschen
genähert haben und später möglicherweise angreifen. Laut dem in der
Diskussion führenden Norwegischen Institut für Naturforschung sind im 20.
Jahrhundert in Europa, Indien, Russland/Sowjetunion und Nordamerika bei
mindestens 534 Angriffen [2][446 Menschen] ums Leben gekommen. In
Deutschland starb der Wolf schon vor etwa 150 Jahren aus, ist aber im Jahr
2000 wieder zurückgekehrt. Seitdem wächst der Bestand der nun streng
geschützten Art.
Bisher haben die Behörden die Tötung von 3 Problemwölfen genehmigt. Nur
einer konnte erlegt werden: Vor fast genau einem Jahr wurde in
Niedersachsen der „MT6“ genannte Rüde geschossen. Er war mehrmals
Fußgängern sehr nahe gekommen, mindestens einmal biss er einen Hund.
## Zum Abschuss freigegeben, aber verschwunden
Der Brandenburger Wolf, der ein Mädchen beschnuppert hatte, tauchte nicht
wieder auf, nachdem er vergangenen Dezember zur Tötung freigegeben worden
war. Auch das Tier in Sachsen, das laut Behörden von November bis Februar
mehr als 50-mal an oder in Ortschaften und davon 24-mal auf bebauten
Grundstücken oder in Hofräumen gesichtet worden war, verschwand.
Für den Abschuss von MT6 äußerten Nabu und IFAW Verständnis – auch weil d…
Bundesberatungsstelle zum Thema Wolf die Tötung empfohlen hatte. Der Nabu
[3][billigte auch die Brandenburger Entscheidung], in die zwar nicht die
Bundesstelle, aber der Verband einbezogen worden war.
Die sächsische Abschussfreigabe dagegen kritisierten die Naturschützer als
[4][„politisch motiviert“]. Es gebe keine „akute Gefahr“. Die Sachsen
hatten sich nicht an die Bundesberatungsstelle gewandt. „Die zuständige
Behörde hat aber sehr wohl eine gutachterliche Stellungnahme des Lupus
Instituts für Wolfsmonitoring- und Wolfsforschung eingeholt“, sagte der
Sprecher des CDU-geführten Umweltministeriums in Dresden, Frank Meyer, der
taz. Lupus sei Bestandteil der Bundesberatungsstelle. Er wollte sich nicht
festlegen, ob Sachsen in zukünftigen Fällen das Gremium konsultieren wird.
## Kritik an „bürokratischer Hürde“
Das SPD-Umweltministerium in Brandenburg erklärte, der „Umweg über eine
‚Zentralstelle‘ ist auch deshalb nicht immer erforderlich, weil wir im Land
durchaus über erfahrene Wolfsexperten verfügen“. Zudem müsse oft sehr
schnell entschieden werden. Das niedersächsische Ministerium ließ eine
Anfrage der taz bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Die ökologisch orientierte Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft in
Bremen und Niedersachsen dagegen kritisierte, die Einschaltung der
Beratungsstelle sei eine „neue bürokratische Hürde“. Sie würde es
erschweren, den hiesigen Wölfen ihre eigentlich artgemäße Scheu vor
Menschen wieder beizubringen, etwa mit Gummikugeln oder Abschüssen. Das
auch vom Nabu zitierte Norwegische Institut für Naturforschung schreibt,
eine „sorgfältig regulierte Bejagung“ könne in bestimmten Situationen
nützlich sein, um die Scheu der Tiere zu erhalten.
Kirsten Tackmann, agrarpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag,
bezweifelte, dass die Beratungsstelle „die nötige Akzeptanz“ in der
Gesellschaft habe: „Der Gründungsfehler dieses Zentrums ist, dass es nur
für Artenschutz zuständig ist.“ Bisher sind an der Beratungsstelle nur
Biologen, Wildtierforscher und Genetiker beteiligt. Tackmann forderte eine
Bundeseinrichtung, die sich auch um den Schutz von Nutztieren vor Wölfen
kümmert.
24 Apr 2017
## LINKS
[1] https://www.nabu.de/news/2017/04/22299.html
[2] http://www.nina.no/archive/nina/PppBasePdf/oppdragsmelding/731.pdf
[3] https://brandenburg.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/wolf/21773.html
[4] http://www.wwf.de/2017/januar/politisch-motivierte-abschussfreigabe/
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Stiftung Naturschutz
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Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
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