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# taz.de -- Kolumne Nullen und Einsen: Das communityistische Manifest
> Unternehmer versprechen sie nicht selten: die Revolution. Nun haben ein
> paar Marx’ und Engels' Manifest neu aufgelegt.
Bild: Für ihn gilt: In demselben Maße, in dem die Widerwilligkeit zur Arbeit …
Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst der New Economy. Es ist hohe
Zeit, dass die Zukunftsbranche ihre Values, ihre Rollouts, ihren Content
vor der ganzen Welt offen darlegt. Zu diesem Zweck haben sich CEOs
verschiedenster Start-ups bei Google Hangouts versammelt und das folgende
Manifest entworfen:
I. Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaften ist die Geschichte von
Wettbewerb. Apple und Windows, Google und Yahoo, Facebook und Myspace.
Unsere Epoche, die Epoche der Fahrrad-Essenslieferanten, zeichnet sich
dadurch aus, dass sie die Gesetze vereinfacht hat. Die ganze Gesellschaft
spaltet sich mehr und mehr in zwei große feindliche Lager, in zwei große,
einander direkt gegenüberstehende Klassen: Foodora- und Deliverookunden.
Die Kosten, die der Arbeiter verursacht, beschränken sich fast nur auf sein
Smartphone und die Transportkraft, deren es zu seiner Arbeitsausübung
bedarf. [1][Er lebt auch von Provisionen]. Also gilt: In demselben Maße, in
dem die Widerwilligkeit zur Arbeit wächst, nimmt sein Lohn ab.
II. Den international agierenden Technologieunternehmen ist ferner
vorgeworfen worden, sie wollten das Vaterland, [2][die nationale
Steuerzahlung], abschaffen. Doch die Mitarbeiter haben kein Vaterland. Man
kann ihnen nicht nehmen, was sie nicht haben. Indem sie scheinselbstständig
sind, ein Unternehmen im Ausland gründen, nur um sich dort selbst als
Beschäftigte anstellen – das ist etwas kompliziert, aber so funktioniert
das halt –, sind sie selbst noch national. Wenn auch keineswegs im Sinne
des Finanzamtes.
III. Alle Eigentumsverhältnisse waren einem beständigen geschichtlichen
Wandel, einer beständigen geschichtlichen Veränderung unterworfen. Die
Französische Revolution schaffte das Feudaleigentum zugunsten des
bürgerlichen ab. Was das Zeitalter der Maker auszeichnet, ist nicht die
Abschaffung des Eigentums, sondern dessen Aufgehen in der [3][Sharing
Economy]. Diese Win-win-Revolution ist das radikalste Brechen mit den
überlieferten Eigentumsverhältnissen. Die herrschenden Innovationen einer
Zeit waren stets die Innovation der Kreativindustrie, die eine ganze
Gesellschaft revolutioniert. An die Stelle der alten Gesellschaft mit ihren
Klassen und Klassengegensätzen tritt eine Plattform oder ein Device, worin
die freie Investition eines jeden die Bedingung für freie Investitionen
aller ist.
IV. Die Communityisten verschmähen es, ihre Ansichten, Absichten und AGBs
zu verheimlichen. Sie erklären es offen, dass ihre Zwecke nur erreicht
werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen
Datenschutzmaßnahmen. Mögen die heulenden Netzaktivisten vor einer
communityistischen Revolution zittern. Die Verbraucher haben nichts in ihr
zu verlieren als ihren Versicherungsschutz [4][bei einer Uber-Fahrt]. Sie
haben ein Ipad zu gewinnen, wenn Sie unsere Newsletter abonnieren.
Das „Manifest der Kommunistischen Partei“ zum Textstellenvergleich finden
Sie übrigens [5][hier]
3 May 2017
## LINKS
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[3] /!5392537
[4] /!5014543
[5] https://de.wikisource.org/wiki/Manifest_der_Kommunistischen_Partei_(1848)
## AUTOREN
Svenja Bednarczyk
## TAGS
Karl Marx
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