| # taz.de -- Kommentar Europäische Sozialcharta: Das Märchen vom sozialen Euro… | |
| > Eine „soziale Säule“ in Europa ist längst überfällig. Doch die Vorsch… | |
| > der EU-Kommission sind allenfalls ein Feigenblatt. | |
| Bild: EU-Kommissionspräsident Juncker: auf der Suche nach dem sozialen Europa | |
| Die EU-Kommission hat ihre [1][Pläne für eine „soziale Säule“ in Europa | |
| präsentiert]. Das ist längst überfällig. Schon Jacques Delors hatte ein | |
| soziales Europa versprochen, als er in den 90er Jahren den Binnenmarkt | |
| einführte. Die Öffnung und Liberalisierung der nationalen Märkte müsse | |
| sozialpolitisch begleitet und abgefedert werden, so die Theorie. | |
| In der Praxis hat die Europäische Union jedoch nicht geliefert. Sie ließ | |
| sich vom neoliberalen Zeitgeist mitreißen und hat die soziale Dimension | |
| vergessen. In der Eurokrise gerieten Arbeitnehmer und Gewerkschaften in die | |
| Defensive; das soziale Europa war nur noch ein ferner Traum. Die | |
| Vorschläge, die Jean-Claude Juncker und seine Kommission jetzt in Brüssel | |
| vorgelegt haben, werden daran nichts ändern. | |
| Juncker betreibt Symbolpolitik, mit der er unübersehbar auf die Wahlen in | |
| Frankreich und Deutschland zielt. Vor allem der Vorschlag zur Elternzeit | |
| kommt Berlin gerade recht – Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles dürfte | |
| sich über die kostenlose Schützenhilfe aus Brüssel freuen. | |
| Dabei geht dieser Vorschlag kaum über schon geltende Regeln in Deutschland | |
| hinaus. Noch dünner sind die anderen Vorschläge der Juncker-Kommission. Sie | |
| bilden keinen „europäischen Pfeiler sozialer Rechte“, sondern allenfalls | |
| ein Feigenblatt. | |
| Das reicht aber nicht, um die bedrohliche soziale und politische Krise zu | |
| überwinden, in der Europa steckt. Sie ist eine Folge der neoliberalen | |
| Politik, die während der Eurokrise zu massivem Sozialabbau genutzt wurde. | |
| Diese Politik müsste die EU ändern, zum Beispiel durch einen europaweiten | |
| Mindestlohn. | |
| Doch dafür reicht der politische Wille nicht. In Sonntagsreden wird zwar | |
| weiter das „soziale Europa“ beschworen – zuletzt auf dem EU-Jubiläumsgip… | |
| in Rom Ende März. Doch nach den Wahlen in Frankreich und Deutschland dürfte | |
| es damit schnell wieder vorbei sein. | |
| Denn in die Zukunft weisen die Vorschläge aus Brüssel nicht. Im Gegenteil: | |
| Sie enthalten sogar eine Option zum Sozialabbau. Ob diese Option gezogen | |
| wird, sollen die Staats- und Regierungschefs erst nach den Wahlen | |
| diskutieren, vermutlich beim EU-Gipfel im Dezember. Dann dürfte die EU | |
| wieder ihr wahres, neoliberales Gesicht zeigen. | |
| 27 Apr 2017 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Europaeische-Sozialpolitik/!5404954/ | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
| ## TAGS | |
| Jean-Claude Juncker | |
| Andrea Nahles | |
| Elternzeit | |
| Mindestlohn | |
| EU-Kommission | |
| Elternzeit | |
| Europäische Union | |
| Lesestück Meinung und Analyse | |
| Prügelstrafe | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Nachruf auf Jacques Delors: Rechten zu links, Linken zu rechts | |
| Als Kommissionspräsident legte Jacques Delors die Grundsteine der heutigen | |
| EU – erst als Mitterands Verstaatlicher, dann als Kohls Liebling in | |
| Brüssel. | |
| Europäische Sozialpolitik: Brüsseler Fürsorge | |
| Die EU zeigt im Jahr wichtiger Wahlen ein wenig soziales Gewissen. Die | |
| Bekämpfung von Armut und Ungleichheit steht aber nicht zur Debatte. | |
| Umfrage unter Europaabgeordneten: Was zeichnet die EU aus? | |
| Wir haben die Europaparlamentarier gefragt, was das Beste an der EU ist – | |
| und wie ihre Vision für die Zukunft aussieht. Hier alle 72 Antworten. | |
| Aus Le Monde diplomatique: Es ging nicht um Europa | |
| Warum hat die Hälfte der BritInnen für den Austritt gestimmt? Die Mischung | |
| aus Sparpolitik und Migration war toxisch, Ressentiments blühen. | |
| Europarat rügt Frankreich: Eltern schlagen Kinder | |
| Frankreich verstößt gegen die Europäische Sozialcharta: Die Prügelstrafe | |
| ist zwar in Schulen verboten – körperliche Züchtigung im Elternhaus | |
| hingegen nicht. |