# taz.de -- Brexit-Verfahren beginnt: Wie bei einer echten Scheidung | |
> Nun geht der Brexit richtg los. Bürgerrechte und Binnenmarkt – die | |
> Verhandlungen Großbritanniens mit der EU bieten reichlich Konfliktstoff. | |
Bild: Wie das wohl schmeckt, wenn es erstmal angeschnitten ist? | |
BRÜSSEL taz | Seit neun Monaten war klar, dass der Scheidungsbrief kommen | |
würde. Doch als die britische Premierministerin Theresa May den | |
Brexit-Bescheid am Mittwoch endlich nach Brüssel schickte, löste das einen | |
unglaublichen Hype aus. | |
Der britische Botschafter Tim Barrow wurde auf Schritt und Tritt gefilmt, | |
wie er sich auf den Weg ins neue Brüsseler EU-Ratsgebäude machte, um den | |
Antrag zu überreichen. Ratspräsident Donald Tusk präsentierte den | |
sechsseitigen Brief vor laufenden Kameras der Presse. | |
„Hier ist er“, sagte der Pole in gebrochenem Englisch. Es gebe keinen Grund | |
so zu tun „als wenn dies ein glücklicher Tag wäre“, fügte er hinzu. Der | |
B-Day, wie die britische Presse den Brexit-Tag nennt, sei ein harter | |
Einschnitt. „Wir vermissen Euch schon jetzt“, rief Tusk den Briten zu. | |
Gleichzeitig habe der Austritt aber auch etwas Positives, so Tusk weiter: | |
„Wir sind entschlossener und einiger denn je“, sagte er mit Blick auf den | |
Jubiläumsgipfel von Rom am vergangenen Wochenende, an dem die Rest-EU | |
feierlich Solidarität gelobte. | |
In der Praxis ist es mit der Einheit allerdings noch nicht weit her. Wäre | |
es anders, dann könnten die 27 EU-Staaten die Verhandlungen mit | |
Großbritannien sofort beginnen. Doch so läuft das nicht in Brüssel. | |
## Mitte Mai kann der Brexit-Poker beginnen | |
Erst einmal muss Tusk den Scheidungsbrief genau analysieren und auf | |
mögliche Fehler und Fallen abklopfen. Dann will er einen Entwurf vorlegen, | |
dem die 27 auf einem Sondergipfel zustimmen müssen. Erst danach – wohl | |
Mitte Mai – kann es richtig losgehen mit dem Brexit-Poker. | |
Vorher möchte sich niemand in die Karten schauen lassen. Klar scheint nur | |
das Ziel: Die Briten möchten möglichst schnell die EU verlassen, zu | |
möglichst niedrigen Kosten und mit einem möglichst freien Zugang zum | |
Binnenmarkt. | |
Die EU hingegen bemüht sich um „Schadenbegrenzung“, wie Tusk das | |
formulierte. Es soll möglichst wenig Porzellan zerschlagen werden, da man | |
die Briten – so viel ist jetzt schon sicher – ja auch nach dem Austritt | |
noch braucht. | |
„Wir werden wie ein Mann zusammenstehen und die Kosten für unsere Bürger | |
und Unternehmen minimieren“, versprach Tusk. Dabei ist der Schaden schon | |
jetzt riesig. Drei Millionen EU-Bürger auf der Insel wissen nicht, wie es | |
weiter geht, viele sitzen auf gepackten Koffern. | |
Zwar will der Verhandlungsführer der EU-Kommission, der Franzose Michel | |
Barnier, die Bürgerrechte ganz oben auf die Agenda der Brexit-Talks setzen. | |
Bis Jahresende will er dieses heikle Thema abräumen. Doch ob die Briten da | |
mitspielen, ist völlig offen. | |
## Europaparlament verfolgt harte Linie | |
Auf der Agenda stehen schließlich auch noch andere heikle Themen – wie die | |
„salzige Rechnung“ von bis zu 60 Milliarden Euro, die Kommissionschef | |
Jean-Claude Juncker den Briten präsentieren will. | |
Und dann ist da noch das Europaparlament. Es muss den Ergebnissen der | |
Verhandlungen am Ende zustimmen und hat jetzt schon angekündigt, eine harte | |
Linie zu fahren. So soll Großbritannien zunächst kein Freihandelsabkommen | |
angeboten werden, heißt es in einem Entwurf. | |
Genau das – der Zugang zum Binnenmarkt – hat für May jedoch höchste | |
Priorität. Sie wünscht sich ein „kühnes und ambitioniertes“ | |
Handelsabkommen, schreibt sie in ihrem Brief an Tusk. Es ist wie bei einer | |
echten Scheidung: Man ist sich nicht einmal über die Basics einig. | |
29 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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