# taz.de -- Neue Häfen-Konkurrenz: Die Zukunft schwimmt im Mittelmeer | |
> Europas Handelszentrum wird sich künftig von der Nordsee ins Mittelmeer | |
> verlagern. Vor allem Hamburg und Bremerhaven stellt das vor | |
> Herausforderungen. | |
Bild: Stapeln sich bald wohl eher am Mittelmeer: Container auf Hamburger Euroga… | |
Bremen taz | Thomas Eckelmann ist ein bedächtiger Mensch. Umso | |
schwerwiegender sind deshalb Bewertungen und Prognosen des | |
Vorstandsvorsitzenden von Europas größtem Hafenlogistiker Eurogate. Das | |
Zentrum des europäischen Warenhandels werde sich von der Nordsee ans | |
Mittelmeer verlagern, sagt er voraus. „Mittelfristig“ zumindest, wie er | |
einschränkend hinzufügt. Für die Hafenpolitik in Norddeutschland ist das | |
gleichwohl eher eine Drohung als eine Verheißung: Die drei großen Häfen | |
Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven dürfen nach zehn Jahren | |
Schifffahrtskrise so rasch nicht auf Besserung hoffen. | |
Strategisch könne es vorteilhaft sein, so Eckelmann am Donnerstag in Bremen | |
bei der Vorstellung der Eurogate-Jahresbilanz 2016, den Schwerpunkt des | |
Warenverkehrs mit Ostasien ans Mittelmeer zu verlagern, wo Eurogate in | |
Marokko, Portugal und Italien an sieben Containerterminals beteiligt ist. | |
Die jetzt auf den Markt drängende Generation der Megafrachter mit einer | |
Kapazität von rund 22.000 Standardcontainern (TEU) stoße vor allem in | |
Hamburg und Bremerhaven auf Restriktionen – den mangelnden Tiefgang in | |
Unterelbe und Außenweser. | |
## Warum in die Nordsee pütschern? | |
Deshalb könnte die Entwicklung dazu führen, die Riesenfrachter nur zwischen | |
Fernost und Mittelmeer verkehren zu lassen. „Warum pütschern die überhaupt | |
noch den Atlantik hoch bis in die Nordsee?“, so der 66-jährige Eckelmann, | |
der seit über 30 Jahren Chef von Eurogate ist. Aus dem Mittelmeer | |
übernähmen dann die mittelgroßen Schiffe mit 6.000 bis 8.000 TEU | |
Ladekapazität den Weitervertrieb in Nord- und Ostsee. Sie wären in allen | |
Häfen Nordeuropas problemlos abzufertigen, die Megafrachter wären | |
mindestens eine Woche früher wieder in Shanghai, Hongkong oder Singapur. | |
Für die Riege der bislang führenden Containerhäfen Europas in der | |
sogenannten Nordrange brächte das ganz neue Herausforderungen mit sich. | |
Größter Hafen ist bislang das niederländische Rotterdam vor Antwerpen | |
(Belgien), Hamburg und Bremerhaven. Vor allem die beiden deutschen Häfen | |
könnten dann Rang, Umsatz, Wertschöpfung und Arbeitsplätze einbüßen | |
zugunsten von Gioia Tauro und La Spezia in Italien und des marokkanischen | |
Tanger. | |
## Schuld ist die ausgebliebene Elbvertiefung | |
Schuld daran ist aus Sicht von Eurogate die mangelhafte Infrastruktur. Die | |
Vertiefung der Unterelbe steht nach dem Urteil des | |
Bundesverwaltungsgerichts vom Februar in den Sternen, die der Außenweser | |
ist vollkommen offen. Zudem ließen auch der Bau der Autobahn A20 samt | |
Elbtunnel und die Sanierung des Nord-Ostsee-Kanals auf sich warten. „Das | |
sind alles international negative Signale und Wettbewerbsnachteile für den | |
maritimen Standort Deutschland“, so Eckelmann. | |
Und dem geht es aus Sicht der Hafenwirtschaft ohnehin nicht so richtig gut. | |
Die in deutschen Seehäfen umgeschlagene Gütermenge stagnierte im vorigen | |
Jahr infolge des allgemein schwächelnden Welthandels. 296,5 Millionen | |
Tonnen wurden von Schiffen aus- und eingeladen, genauso viele wie 2015. Die | |
Zahl der Container lag mit 15,2 Millionen TEU ebenfalls auf | |
Vorjahresniveau. Den meisten Containerverkehr gab es mit China (3,0 | |
Millionen TEU), gefolgt von den USA (1,4 Millionen TEU). | |
Während die Hamburger Hafen und Logistik AG HHLA 2016 in Hamburg ein | |
minimales Wachstum von 1,1 Prozent verzeichnete, muss sich Eurogate in | |
Deutschland mit 0,0 Prozent begnügen. Leichten Rückgängen in Hamburg und | |
Bremerhaven steht ein Zuwachs im Tiefwasserhafen Jade-Weser-Port in | |
Wilhelmshaven gegenüber – im Ergebnis wuchs der Umschlag um exakt 414 | |
Container: Bei insgesamt 8,23 Millionen TEU kaum messbar. Zuwachsraten von | |
fast zehn Prozent hingegen wurden in Italien erreicht. | |
Für 2017 erwartet Eurogate dennoch Stabilität bei Umschlag, Umsatz und | |
Beschäftigung, aber weiter sinkende Zahlen aus Hamburg. Aber obwohl der | |
größte deutsche Hafen an der Elbe 2016 „hart getroffen worden“ sei, | |
beruhigt Eckelmann: „Wir werden Hamburg nicht aufgeben.“ | |
7 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
## TAGS | |
Hamburger Hafen | |
Bremerhaven | |
Container | |
Welthandel | |
wochentaz | |
Hafenerweiterung | |
Industrie 4.0 | |
Jade-Weser-Port | |
Hamburger Hafen | |
Welthandel | |
Donald Trump | |
Jade-Weser-Port | |
Hafen | |
Hamburger Hafen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Autobahnsperrung: Vollbremsung für Energiewende | |
Die A27 ist einsturzgefährdet und deswegen seit Wochen gesperrt. Der | |
Schwerlastverkehr zur und von der Küste rollt jetzt durch die Dörfer. | |
Pläne zur Hamburger Hafenentwicklung: „Moorburg wird nicht geopfert“ | |
Die Handelskammer will beim Thema Hafenentwicklung über die Zukunft von | |
Moorburg diskutieren, stößt jedoch auf taube Ohren. | |
Hamburger Umschlagbetrieb investiert: Hightech im Hafen | |
3-D-Druck, Hyperloop und autonome LKW: Hamburgs größter Hafenkonzern HHLA | |
will nicht mehr nur Containergeschäft. | |
Konzernstrategie von Eurogate: Jenseits von Afrika | |
Europas größter Hafenbetreiber Eurogate aus Bremen ist stabil und sieht | |
seine Zukunft in Wilhelmshaven und in Marokko. Hamburg dagegen wird zum | |
Problem. | |
Arbeitskampf am Hamburger Hafen: Das Ende einer stolzen Werft | |
Die Hamburger Traditionswerft Blohm+Voss soll verkleinert werden. Das | |
erklärten Manager am Montag der Belegschaft. Die wird finanziell bluten | |
müssen | |
Welthandel und Hamburger Hafen: Megafrachter im Nadelöhr | |
Das weltgrößte Containerschiff kommt auch ohne Elbvertiefung nach Hamburg. | |
Nabu hält die deshalb für überflüssig, Hafenfirmen hoffen auf volle Ladung. | |
Angst vor Trumps Zöllen: Verladehäfen droht existenzielle Krise | |
Besorgt blicken Politiker und Wirtschaftsführer Richtung USA. Sollte der | |
neue Präsident Einfuhrzölle erheben, träfe das vor allem Häfen und damit | |
Norddeutschland | |
Warten in Wilhelmshaven: Ein Schiff ist gekommen | |
Lange wurde der Jade-Weser-Port vor allem als „Geisterhafen“ geführt. Doch | |
das ändert sich gerade, ein bisschen zumindest | |
Krise in den Häfen: Das Ende des Handels | |
Der Weltwirtschaft stagniert: Die Bremsspuren der Globalisierung sorgen für | |
weniger Umschlag an der deutschen Küste | |
Hafenschlick: Wo Sisyphus baggert | |
Hamburgs Hafen versandet immer stärker, das tägliche Ausbaggern fördert | |
Millionen von Kubikmetern Schlick zu Tage, die irgendwo gelagert werden | |
müssen. |