| # taz.de -- Kolumne Eier: Vom Grillmeister zur Kaltmamsell | |
| > Sie sind frustiert? Sie wünschen sich mehr Aufmerksamkeit für den | |
| > Männertag? Hier gibt's eine Umarmung. | |
| Bild: Heute dürfen sich Männer auch abseits von Fußballstadien umarmen | |
| Männer, uns geht’s besser als früher! Früher durften wir drei Dinge: | |
| besitzen, beherrschen und Ball spielen. Wir mussten zwischen zwei Uniformen | |
| wählen (Anzug, Blaumann) und durften nicht knuddeln, nur schlagen. | |
| Heute dürfen wir weinen. Wir dürfen mit Bauchschmerzen nach Hause gehen und | |
| Depressionen haben. Dürfen unseren Kindern Karnevalskostüme nähen. Manchmal | |
| dürfen wir sogar andere Männer in den Arm nehmen, ohne dass ein | |
| Fußballstadion in Sichtweite ist. | |
| Und trotzdem scheint es, als ob viele Männer sich nicht recht freuen. Wenn | |
| überproportional viele eine rechtspopulistische Partei wählen, oder gegen | |
| den Islam spazieren gehen, dann steht in den Analysen, wir seien | |
| „unzufrieden“ oder „frustriert“. | |
| „Unzufriedene alte Männer“ wollen den Brexit und die AfD. „Frustrierte a… | |
| weiße Männer“ haben Donald Trump gewählt. Ach ja, und zwischendurch gehen | |
| Männer mit Maschinengewehren, Rucksackbomben oder Autos auf friedliche | |
| PassantInnen los. | |
| ## Wir haben einiges einbüßen müssen | |
| Das geht Ihnen jetzt zu weit? Ich weiß, Sie, lieber Leser, sind kein | |
| Terrorist oder Rechtswähler, nur weil sie zufällig ein Mann sind. Aber: | |
| Während Sie dies lesen, pinseln in irgendeiner Moschee die | |
| Gemeindemitglieder ein großes Plakat, um sich vom Londoner Anschlag zu | |
| distanzieren. Weil sie zufällig MuslimInnen sind. | |
| Glauben Sie’s oder nicht, ich verstehe das mit dem Frust der Männer. Denn | |
| uns geht’s zwar besser als früher, aber wir haben einiges einbüßen müssen. | |
| Wir sind keine Familienoberhäupter mehr. Unsere Gehälter reichen nicht | |
| mehr, um zu bestimmen, welche Sendung am Abend geschaut wird. Wobei es im | |
| Fernsehen ja sowieso nur um Informatik-Mädchen geht, oder um | |
| Geschäftsfrauen, die ihr Leben hervorragend meistern – ganz ohne Kerl. | |
| Derweil gelten wir als Störenfriede, die mit ihren Hintern unappetitliche | |
| Abdrücke auf Chefsesseln hinterlassen. So tief, dass keine Quote sie mehr | |
| entknautscht kriegt. Statt ein Vorrecht auf Führungspositionen zu haben, | |
| sollen wir zu Hause Windeln wechseln und Weinbergpfirsiche einwecken – | |
| wofür uns dann noch nicht mal jemand lobt. | |
| Das ist frustrierend. Kein Wunder, dass immer mehr Männer denken, Sexismus | |
| habe sich ins Gegenteil verkehrt. Das ist natürlich Blödsinn, weiß die | |
| Statistik: Lohnunterschied, Essstörungen, Sexualdelikte, etc. Wir Männer | |
| müssen uns an eine neue Rolle gewöhnen. Weg vom Anpacker hin zum | |
| Handlanger. Vom Penetrierenden zum Penetrierten. Vom Grillmeister zur | |
| Kaltmamsell. Das fällt nicht leicht. | |
| Neulich forderte ein Leser, die taz möge neben dem Frauen- endlich auch mal | |
| den Männertag begehen. Ich finde das ein wenig übertrieben. Aber okay, | |
| gecheckt: Männer verdienen im Kampf gegen das Patriarchat einen Schnipsel | |
| Aufmerksamkeit. Und ich übernehme das: alle drei Wochen an dieser Stelle. | |
| Es wird um Gefühle gehen, ums Scheitern, um Zärtlichkeit und Pilates. Gerne | |
| nehme ich Sie auch in den Arm, wenn wieder alle über den „alten weißen | |
| Mann“ lästern. Nur wenn Sie möchten! Ich will ja nicht, dass jemandem die | |
| Eier abfallen. | |
| 31 Mar 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Peter Weissenburger | |
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