| # taz.de -- Kolumne Eier: Prinzessin sein | |
| > Ich mag Männer, die zurückhaltend sind und bin selbst zu schüchtern, sie | |
| > anzusprechen. Ist daran der Feminismus schuld? | |
| Bild: Schüchterne Männer mag ich, weil sie weniger bedrohlich wirken als selb… | |
| „Der Feminismus hat alles kaputt gemacht“, sage ich und stampfe auf. Das | |
| hat nicht ganz die Wucht, die ich erhofft hatte, denn ich stehe in einem | |
| mit Schaumstoff ausgekleideten Raum. Genauer gesagt in einer Garage im | |
| Gewerbegebiet, die ich angemietet habe, um dort ab und zu lautstark dem | |
| Feminismus die Schuld an irgendwas zu geben. Inzwischen vermiete ich sie | |
| gelegentlich an FreundInnen unter und erwäge, ein Start-up zu gründen. Die | |
| App ist noch in Beta. | |
| Was ich heute dem Feminismus vorwerfe, ist, dass er die Männer so | |
| zurückhaltend gemacht hat. Schlimmer noch, dass er es okay für Männer | |
| gemacht hat, zurückhaltend zu sein. Viel schlimmer noch, dass er gemacht | |
| hat, dass ich Männer ganz besonders toll und attraktiv finde, die | |
| zurückhaltend sind. Mist. Stampf. | |
| Der Anlass ist ein Typ, den ich mag, den ich aber nicht ansprechen kann, | |
| weil er immer so aussieht, als würde er sich gleich unter einem Tisch | |
| verkriechen. Im Zeitmagazin habe ich gelesen, dass das ein ernstes Problem | |
| für die Leute ist, die schüchtern sind, und ich will meinem schüchternen | |
| Schwarm auch gar nichts vorwerfen. Ich bin einfach frustriert. | |
| Der Feminismus, beschließe ich und kringle mich auf dem Schaumstoffboden | |
| ein, hat mit diesem Märchenbuchbild aufgeräumt, dass Männer proaktiv zu | |
| sein und das Kennenlernen in die Hand zu nehmen haben. Seitdem sind alle | |
| verwirrt. Ohne Geschlechterrollen, die uns zum Mut zwingen, warten wir am | |
| Ende alle nur noch ab. Aus dem Zeitschriftenstapel in der Ecke ziehe ich | |
| einen alten [1][Zeitungsartikel], in dem ziemlich genau das drinsteht. Mit | |
| Filzstift habe ich an den Rand notiert: „Ha!“ | |
| ## Eine tolle Arbeitsteilung | |
| Schließlich war das eine tolle Arbeitsteilung, denke ich, er macht den | |
| ersten Schritt, sie reagiert. Voll easy. Dann fällt mir ein, dass ich keine | |
| Frau bin und mir das Ganze deshalb gar nichts bringt, und kringle mich | |
| wieder auf dem Schaumstoffboden ein. Ich habe ein eher extrovertiertes | |
| Wesen und Schüchternheit verunsichert mich. | |
| Andererseits will ich natürlich eine Prinzessin sein und an die Hand | |
| genommen werden, nicht selber an die Hand nehmen müssen – diese | |
| Prinz-auf-Gaul-Rolle ist anstrengend. Obendrauf kommt, dass ich schüchterne | |
| Männer mag, weil sie auf mich weniger bedrohlich wirken als selbstbewusste | |
| – weswegen ich immer wieder genau an diesem Punkt lande, dass ich einen | |
| Schwarm nicht ansprechen kann und anschließend den Feminismus verfluche. | |
| Ich denke an eine französische Freundin, die sich über die „kastrierten“ | |
| Männer des Nordens aufregte, weil sie eine offensivere Machokultur gewohnt | |
| war und endlich wieder angegraben werden wollte. Ich dachte immer, dass das | |
| stimmt und wir ohne Machos irgendwann alle allein in irgendwelchen Ecken | |
| stehen würden. Aber heute hier auf dem Schaumstoff fällt mir auf, dass sie | |
| vielleicht auch einfach nur den Mut nicht hatte, Männer anzusprechen. | |
| „Feminismus hin oder her – vielleicht bin ja ich schüchtern und nicht er�… | |
| reime ich. | |
| Ich öffne das Garagentor, ziehe die Luft durch die Nase ein. Sie ist wie | |
| frisch gewaschen. Morgen sprech ich ihn an. | |
| 4 Aug 2017 | |
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| ## AUTOREN | |
| Peter Weissenburger | |
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