# taz.de -- Kolumne Eier: Punkt für dich, Patriarchat | |
> Knapp doppelt so viele Männer wie Frauen gaben am 24. September ihre | |
> Stimme der AfD. Was ist da los? Drei Thesen zur Wahl. | |
Bild: Sächsische Schweiz. AfD-Erfolgsgebiet. Ein Mann | |
Männer lassen sich nicht so schön geografisch einordnen wie Ostdeutsche – | |
weswegen wir gerade keine Debatte über „die abgehängten Männer“ führen,… | |
im wiedervereinigten Deutschland „nie richtig angekommen sind“. Und doch | |
ist das Ergebnis signifikant: Knapp doppelt so viele Männer wie Frauen | |
wählten AfD – 16 zu neun Prozent, laut [1][ersten Erhebungen der | |
Forschungsgruppe Wahlen]. Im Osten ist die Schere noch größer. | |
Damit kein Missverständnis entsteht: Wären am Wahltag alle Männer plötzlich | |
verhindert gewesen – etwa wegen einer grassierenden Männergrippe, einer | |
Herzinfarkt-Epidemie oder spontanem bundesweiten Haarausfall – dann wäre | |
die AfD trotzdem im Parlament. Auch mit den Frauen-Stimmen alleine wäre sie | |
eine sichtbare Kraft, aber eben nicht die Drittstärkste. Das wären die | |
Grünen. Was ist also los mit den Männern? | |
Es folgen drei Thesen, die ich in den letzten Wochen diskutiert habe. Nicht | |
jede erscheint mir gleich sinnig. Entscheiden Sie. Oder, sollten Sie | |
SoziologIn sein, dann können Sie sich hier bedienen. Gern geschehen. | |
1. Weniger Empathie | |
Die neurowissenschaftliche These: Männer sind weniger empathisch als | |
Frauen. Deswegen ging ihnen das mit den Flüchtlingen nicht so nahe, und | |
deswegen finden sie Rassismus auch nicht so schlimm. Bei Männern werden | |
nämlich die Hirnströme am Kuschelthalamus vorbei direkt in den Aggrocampus | |
geleitet. Persönliches Überleben steht ganz oben. Früher war Höhle | |
bewachen, heute ist Grenzen schließen. Ausländer sind Feinde, keine | |
Projekte. | |
2. Mehr Lust auf Krawall | |
Der behavioristische Ansatz: Männer trauen sich eher, ihrer Wut Ausdruck zu | |
verleihen. Sie sind zu radikaleren Schritten bereit, weil sie das so | |
gelernt haben: Anders als Frauen wurde ihnen nie Mäßigung und Gefälligkeit | |
abverlangt. Im Gegenteil, ein Junge, der versucht zu harmonisieren, zu | |
vermitteln, Kompromisse zu suchen: Weichei. Und so schenken Frauen ihren | |
Rassismus eher am Kaffeetisch aus, Männer hingegen tragen ihn auf die | |
Straße und in die Wahllokale. | |
3. Nichts zu verlieren | |
Die rationalistische Variante: Für Frauen ist die Wahl einer | |
nationalchauvinistischen Partei eine Abwägungsfrage. Klar, die AfD steht | |
für einen Politikwandel, sie macht die Grenzen schön zu und schützt vor den | |
ganzen Fremden. Aber wo Überlegenheitsgefühle den Ton bestimmen, sind immer | |
auch Frauen im Nachteil. Wählt frau sich also den Frust von der Seele und | |
riskiert damit, den Altherrenkegelklub ihres Gatten ins Parlament zu | |
hieven? Für Männer hingegen gibt’s nichts zu verlieren: Endlich wieder | |
Herrenwitze reißen, weil die Gutmenschen zurückgedrängt sind – und nebenbei | |
sitzen jetzt auch weniger Frauen im Parlament. Punkt für dich, Patriarchat! | |
Vielleicht ist das aber auch alles gehässig, und die Männer wollen uns | |
einfach etwas mitteilen. Vielleicht sollten wir ihre „Ängste ernst nehmen“, | |
sie „abholen“ und endlich ihre „Lebensleistung anerkennen“. Ich seh’ … | |
das bleibt wieder alles an mir hängen. | |
7 Oct 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.forschungsgruppe.de/Aktuelles/Wahlanalyse_Bundestagswahl/ | |
## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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