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# taz.de -- Einreiseverbot für türkische Politiker: „Wenn nötig, wird geha…
> Angela Merkel eine Terror-Helferin, Deutschland ein Hort des Faschismus?
> So sieht es der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Deutsche
> Politiker halten dagegen.
Bild: Die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei sind angeschlagen
Istanbul/Berlin dpa/rtr | Die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus
fordert ein Verbot von Wahlkampfauftritten türkischer Regierungsmitglieder
in der deutschen Hauptstadt. Der rot-rot-grüne Senat solle dafür sorgen,
dass solche Auftritte nicht stattfinden, heißt es in dem Antrag von FDP,
CDU und AfD an das Abgeordnetenhaus. Die Forderung soll am 23. März im
Abgeordnetenhaus erörtert werden.
Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU)
hatte am Dienstag angekündigt, [1][als erstes deutsches Bundesland solche
Auftritte zu verbieten].
Auch die Bundesregierung hat Ankara mit einem Einreiseverbot für türkische
Spitzenpolitiker gedroht. Sie reagiert damit auf eine ganze Serie
abfälliger und aggressiver Attacken von Staatspräsident Recep Tayyip
Erdogan und anderen führenden Politikern.
Deutschland habe völkerrechtlich die Befugnis, [2][die Einreise
ausländischer Regierungsmitglieder zu unterbinden], sagte Kanzleramtschef
Peter Altmaier (CDU) der Funke-Mediengruppe. „Ein Einreiseverbot wäre das
letzte Mittel. Das behalten wir uns vor.“ Innenminister Thomas de Maizière
(CDU) sagte am Mittwoch in Paris: „Wenn es nötig ist, wird in Deutschland
gehandelt.“
De Maizière ging nicht weiter ins Detail und sprach auch nicht explizit
Einreiseverbote an: „Ich bin der Auffassung, dass es nicht klug ist, die
Propaganda der türkischen Seite dadurch zu bedienen, dass wir jeden Tag
darüber reden und jeden Tag das neu diskutieren.“
## Volksabstimmung auch in Deutschland
Erdogan zeigte sich unbeeindruckt und schimpfte weiter in Richtung EU: „Der
Geist des Faschismus geht um in den Straßen Europas.“ Die Türkei empört
sich darüber, dass in den Niederlanden und auch in Deutschland mehrere
Wahlkampfauftritte türkischer Politiker untersagt worden sind.
Am 16. April stimmen die Türken in einer Volksabstimmung über eine
Verfassungsänderung für ein Präsidialsystem ab. Es würde Erdogan mehr Macht
verleihen und das Parlament schwächen. Die Bundesregierung genehmigte
inzwischen die Abstimmung hierzulande. Die Stimmabgabe in der
Bundesrepublik findet früher statt, nach Angaben der Türkischen Gemeinde in
Deutschland vom 27. März bis zum 9. April.
Die Bundesregierung hat der Türkei nach Angaben des Auswärtigen Amtes
gestattet, Wahllokale an insgesamt 13 Standorten einzurichten. Demnach wird
es in den türkischen Generalkonsulaten in Berlin, Düsseldorf, Köln,
Münster, Frankfurt, Hamburg, Karlsruhe, Mainz und Stuttgart Wahllokale
geben. In Dortmund, München, Hannover und Nürnberg möchte die Türkei auch
eine Stimmabgabe außerhalb von Konsulaten ermöglichen. In Deutschland und
in den Niederlanden leben knapp zwei Millionen wahlberechtigte Türken.
Erdogan hielt den Europäern vor, gegen das Präsidialsystem zu
„mobilisieren“. Zudem wiederholte er den Vorwurf an die Niederlande, beim
Srebrenica-Massaker in Bosnien-Herzegowina mehr als 8000 bosnische Muslime
ermordet zu haben. Die Niederlande hätten „nichts mit Zivilisation zu tun“,
sagte er vor Anhängern.
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte hatte den Vorwurf schon
als Geschichtsverfälschung zurückgewiesen. Tatsächlich hatten das Massaker
in Srebrenica im Juli 1995 bosnisch-serbische Truppen verübt.
Niederländische UN-Soldaten hatten den Angreifern die Stadt zuvor
allerdings kampflos überlassen.
EU-Ratschef Donald Tusk wies die Nazi-Vergleiche zurück. „Wer Faschismus in
Rotterdam sieht, der ist völlig losgelöst von der Realität“, sagte er im
Straßburger EU-Parlament. „Wir werden alle Solidarität mit den Niederlanden
zeigen.“
## Deniz Yücels Einspruch gegen Haftbefehl abgelehnt
Regierungsnahe Zeitungen in der Türkei griffen die Niederlande ebenfalls
scharf an. Die Zeitung Günes bildete am Mittwoch – dem Tag der
Parlamentswahl in den Niederlanden – auf der Titelseite eine
niederländische Flagge mit einem Hakenkreuz ab. Daneben steht: „Ihr seid
Mörder.“
Deutschland hatte der türkische Präsident zuletzt ebenfalls
„Nazi-Praktiken“ und eine Unterstützung der verbotenen kurdischen
Arbeiterpartei PKK vorgeworfen. Altmaier sagte dazu: „Wir verwahren uns
entschieden gegen Nazi-Vergleiche und groteske Vorwürfe.“ Auch Deutschland
habe eine Ehre.
FDP-Chef Lindner forderte im WDR, die Bundesregierung müsse Auftritte
„türkischer Offizieller“ und deren Einreise bis zum Abschluss des
Referendums Mitte April unterbinden.
Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) forderte die türkische Regierung erneut
auf, der deutschen Botschaft die Betreuung des in Istanbul inhaftierten
deutsch-türkischen Welt-Journalisten Deniz Yücel zu ermöglichen. Yücel wird
Propaganda für eine terroristische Vereinigung und Volksverhetzung
vorgeworfen.
Yücels Einspruch gegen den Haftbefehl [3][wurde von einem türkischen
Gericht am Mittwoch abgelehnt], wie Veysel Ok, einer seiner Anwälte, der
dpa sagte. Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt sagte, seit Wochen appelliere
die Zeitung an die türkischen Behörden, Yücel eine faire, rechtsstaatliche
Behandlung zu gewähren. „Nach den zuletzt wiederholt vorgetragenen
Vorverurteilungen durch den Staatspräsidenten und einige Mitglieder des
Kabinetts fällt es bedauerlicherweise zunehmend schwer, daran zu glauben.“
## Flüchtlingsabkommen auf dem Prüfstand
Der Streit zwischen der Türkei und Europa wirkt sich auch auf die Nato aus.
Das Mitgliedsland Türkei blockiert schon seit Monaten die Zusammenarbeit
zwischen dem Bündnis und Partnerstaaten wie Österreich, wie das Wiener
Verteidigungsministerium bestätigte. Zuvor hatten Die Welt und die
österreichische Zeitung Die Presse über die Probleme berichtet.
Der Vorsitzende der Europäischen Linken, Gregor Gysi, kann sich laut der
Rheinischen Post die Nato ohne eine Mitgliedschaft der Türkei vorstellen.
„Ich könnte mit einer Nato ohne Türkei leben“, sagte er der Zeitung zufol…
bei einer Podiumsdiskussion in Düsseldorf.
Der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu drohte indessen mit einer
Aufkündigung des Flüchtlingsabkommens mit der EU. Sein Land könne die
Vereinbarung zur Rücknahme von Migranten, die derzeit nicht umgesetzt
werde, widerrufen, sagt Cavusoglu dem TV-Sender Kanal 24. „Wir stellen das
Flüchtlingsabkommen auf den Prüfstand.“
16 Mar 2017
## LINKS
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