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# taz.de -- Kommentar Türkischer Wahlkampf: Möglichst viel herausschlagen
> Völlig von Sinnen? Dass die türkische Regierung plötzlich alle
> Wahlkampfveranstaltungen in Deutschland absagt, ist keine Laune, sondern
> fein kalkuliert.
Bild: Zustimmung im eigenen Land ist für Erdogan dann doch wichtiger als Profi…
Viele Bundesbürger haben in den letzten Wochen einen Recep Tayyip Erdoğan
erlebt, wie ihn die Türken und Türkinnen schon lange kennen. „Irrsinn“,
„verrückt“, „der Mann ist völlig von Sinnen“ waren die Kommentare, di…
allenthalben zu hören waren. Doch so emotional der türkische Präsident sich
bei seinen Ausfällen gegen den Rest der Welt anhört, nichts davon ist
spontan, alles ist haarklein kalkuliert. Jetzt also [1][sollen die
Auftritte türkischer Minister, gar Erdoğans eigener Auftritt in
Deutschland, abgeblasen worden sein].
Verkündet hat diese Entscheidung nicht etwa Erdoğan selbst oder eine andere
hochrangige Figur der Regierung, sondern eine unbekannte Sprecherin der
AKP-nahen Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), die bislang den
größten Teil der Auftritte in Deutschland und anderen europäischen Ländern
organisiert hatte.
Damit stellte Erdoğan sicher, dass die Nachricht in der Türkei selbst kaum
zur Kenntnis genommen wurde. Er lässt den Konflikt, für den er eine
jahrzehntelange Annäherungspolitik der Türkei an Europa ohne Skrupel gegen
die Wand gefahren hat, einfach fallen und wird in seinem Wahlkampf jetzt
wohl auf andere Themen umschwenken.
Dafür dürfte es mehrere Gründe geben. Der wahrscheinlichste ist, dass das
Thema ausgereizt ist und ihm die nahezu täglich erhobenen Umfragen
signalisiert haben, dass die Fortsetzung der Kampagne ihm mehr schaden als
nutzen würde. Es stimmt zwar, dass der nationale Furor sich damit
anstacheln ließ, doch die Mehrheit der Türken will keinen völligen Bruch
mit Europa, sondern hat im Gegenteil Angst, dass daraus nur Nachteile
entstehen könnten. Angefangen von Schwierigkeiten bei Reisen zu den
Verwandten bis hin zu einem völligen Absturz der türkischen Wirtschaft.
Denn trotz Faschismusvorwürfen und der angeblich überall in Europa
herrschenden Islamophobie: Erdoğan will vor Beendigung der
Beitrittsverhandlungen ja noch möglichst viel aus der EU herausschlagen.
Während seiner letzten Kundgebung war eben nicht nur von Faschismus die
Rede, sondern auch davon, dass man sich nach dem 16. April an einen Tisch
setzen werde, um die Beziehungen zwischen der Türkei und Europa neu zu
regeln.
Dahinter steht die Vorstellung Erdoğans, ähnlich wie die Briten bei den
Brexit-Verhandlungen für den Verzicht auf eine Vollmitgliedschaft mit der
EU noch möglichst viele vorteilhafte Abkommen aushandeln zu können.
22 Mar 2017
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## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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EU-Türkei-Deal
Türkei
Europa
Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan
Recep Tayyip Erdoğan
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