| # taz.de -- Flüchtlingsunterkünfte in Berlin: Rauswurf über Nacht | |
| > Die berüchtigte Heimbetreiberfirma Pewobe Berlin Castle setzt am Dienstag | |
| > 320 Geflüchtete kurzfristig vor die Tür. | |
| Bild: Flüchtlinge verlassen ihre Unterkunft in der Bühringstraße | |
| Berlin taz Lediglich eine Nacht blieb den Flüchtlingen, um sich von ihrem | |
| gewohnten Lebensumfeld zu verabschieden. Die meisten hatten zwei Jahre in | |
| der Gemeinschaftsunterkunft in der Weißenseer Bühringstraße gelebt, | |
| Ausbildungsplätze gefunden, Kitas und Schulen besucht, ein soziales | |
| Netzwerk aufgebaut. | |
| Doch am vergangenen Freitag kündigte der Heimbetreiber an, etwa 200 | |
| Flüchtlinge ab dieser Woche nicht mehr zu beherbergen. Montagabend | |
| benachrichtigten die Mitarbeiter des Landesamts für | |
| Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) die Bewohner, am Dienstag früh wurden sie | |
| in andere Unterkünfte in der Stadt verteilt. | |
| Dasselbe Schicksal ereilte parallel auch etwa 120 Geflüchtete aus einem | |
| Heim in der Scharnweberstraße in Reinickendorf. Betreiber der beiden | |
| Unterkünfte ist die „Berlin Castle Betreuung und Begleitung GmbH“, | |
| Nachfolgerin der berüchtigten Firma Pewobe, der das LAF im vergangenen | |
| August die Verträge gekündigt hatte. | |
| LAF-Sprecher Sascha Langenbach sprach gegenüber der taz von einem | |
| „Ultimatum“, das seine Behörde am Freitag erhalten habe. Alle Heimbewohner, | |
| die noch nicht anerkannt sind und nicht in die Obhut der Jobcenter fallen, | |
| müssten die Häuser verlassen – etwa 150 bleiben demnach. | |
| ## „Nicht sehr kooperativ“ | |
| Wieso „Berlin Castle“ es plötzlich so eilig hatte, war am Dienstag von der | |
| Firma nicht zu erfahren. Langenbach nannte das Verhalten, „nicht sehr | |
| kooperativ“. Es sei aber gelungen, kurzfristig Plätze in anderen | |
| Gemeinschaftsunterkünften zu organisieren. Auch Familien, bei denen etwa | |
| die Eltern schon vom Jobcenter betreut, ihre Kinder aber noch in der | |
| Verantwortung des LAF standen, wurden gemeinsam in andere Unterkünfte | |
| gebracht. Der für diese Woche angekündigte Freizug der letzten drei | |
| Turnhallen wird durch die Vorgänge nicht tangiert. | |
| Für die Flüchtlingsbehörde endet damit endgültig die Verbindung mit der | |
| Ex-Pewobe. Der Firma waren im vergangenen Sommer wegen Kungeleien bei der | |
| Personalausstattung und öffentlich gewordenen E-Mails, in denen sich | |
| leitende Mitarbeiter menschenverachtend und rassistisch über ihre Bewohner | |
| äußerten („maximal Pigmentierte“, „Kinderguillotine“), alle Verträge | |
| gekündigt worden. | |
| Mangels Alternativen waren einige der ehemals neun von ihr betriebenen | |
| Flüchtlingsunterkünfte in der Verantwortung der Firma geblieben. Bei den | |
| beiden aktuell betroffenen Heimen weigerten sich die Eigentümer an das LAF | |
| zu vermieten, eine Übernahme sei daher nicht möglich gewesen. | |
| Unter anderem wegen nicht erbrachter Leistungen hatte es in den vergangenen | |
| Monaten immer wieder rechtliche Auseinandersetzungen zwischen dem Senat und | |
| der Pewobe/Berlin Castle gegeben. Kathrin Chlebusch, Sozialpädagogin aus | |
| einem Nachbarschaftshaus in Weißensee, die mit vielen der Flüchtlinge | |
| arbeitete, sagte der taz, dass für die insgesamt etwa 350 Bewohner zuletzt | |
| nur ein Heimleiter und eine Assistentin zur Verfügung gestanden hätten. | |
| Normal bei dieser Heimgröße seien zwei Sozialarbeiter und zwei | |
| Sozialassistenten. | |
| 28 Mar 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
| Alke Wierth | |
| ## TAGS | |
| Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) | |
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| Mario Czaja | |
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| Berlin | |
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