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# taz.de -- Reaktionen zum Fall Deniz Yücel: Schwache Worte und starke Bedenken
> Kanzlerin Merkel und Außenminister Gabriel belassen es bei Appellen für
> ein rechtsstaatliches Verfahren für Yücel. Die Opposition verlangt mehr
> Einsatz.
Bild: Politiker fordern ein faires Verfahren. Schauspieler, Künstler und Journ…
Berlin taz | Omid Nouripour ist beunruhigt. „Untersuchungshaft in der
Türkei – wissen Sie, was das bedeutet?“, fragt der außenpolitische Sprech…
der Grünen im Bundestag. In der Türkei kann sie bis zu fünf Jahre dauern,
faktisch wird sie dort schon jetzt gegen Missliebige als Strafe ohne Urteil
angewendet. „Ich mache mir ernsthaft Sorgen.“
Gegen den Journalisten Deniz Yücel hat ein Istanbuler Gericht am
Montagabend Untersuchungshaft auf unbestimmte Zeit angeordnet. Dem
Türkeikorrespondenten der Welt und früheren taz-Redakteur werden
Terrorpropaganda und Aufstachelung zur Gewalt vorgeworfen. Laut seinem
Anwalt soll er in den kommenden Tagen ins Silivri-Gefängnis verlegt werden.
Noch in der Nacht zum Dienstag gab Bundeskanzlerin Angela Merkel eine
Erklärung zum Haftbeschluss gegen Yücel ab. Die Nachricht von der
Untersuchungshaft sei „bitter und enttäuschend“, [1][sagte Merkel], die
Maßnahme unverhältnismäßig hart. Die Bundesregierung erwarte, dass die
türkische Justiz „den hohen Wert der Pressefreiheit für jede demokratische
Gesellschaft berücksichtigt“. Berlin werde sich „nachdrücklich für eine
faire und rechtsstaatliche Behandlung Deniz Yücels einsetzen und hoffen,
dass er bald seine Freiheit zurückerlangt“.
## Merkel in der Pflicht
Bitter. Hoffen. Berücksichtigen. Schon an der Wortwahl des Kanzleramts ist
erkennbar, wie ratlos man dort ist. Mit dieser Eskalation hatte offenbar
niemand gerechnet. Bundesaußenminister Sigmar Gabriels (SPD) ging am
Dienstagnachmittag mit seiner Missbilligung des türkischen Vorgehens gegen
Yücel einen Schritt weiter. Er bat den türkischen Botschafter ins
Auswärtige Amt – ein Vorgehen unterhalb der Stufe einer Einbestellung des
diplomatischen Vertreters. Staatsminister Walter Lindner führte das
Gespräch. Anschließend sagte Gabriel, das Verhältnis beider Länder „steht
gerade vor einer der größten Belastungsproben in der Gegenwart“.
Ankara zur Vernunft mahnen – viel mehr bleibt der Bundesregierung derzeit
kaum übrig. Deniz Yücel hat schließlich den deutschen und den türkischen
Pass – und gilt deshalb in Ankara als Türke. Doch es werden immer mehr
Stimmen laut, die wirkliche Konsequenzen fordern. Die Palette reicht von
der Forderung nach Wirtschaftssanktionen bis zur Ausladung von
Ministerpräsident Rezep Tayyip Erdoğan vom G-20-Gipfel im Juli in Hamburg.
„Die Gefühlslage der Kanzlerin in allen Ehren“, sagt Nouripour, „aber die
Bundesregierung weiß jetzt, dass es kein faires Verfahren für Deniz Yücel
geben wird. Deshalb muss sie nun seine Freilassung fordern.“ Der Fall
belege eine politische Grundregel: „Wenn man erst anfängt, sich erpressen
zu lassen, gibt es kein Halten mehr.“ Und genau das tue die Bundesregierung
ja bereits, nämlich durch ihren Flüchtlingsdeal mit der Türkei.
Auch der Linke-Außenpolitiker Stefan Liebich sieht Merkel jetzt in der
Pflicht. „Sie muss klar und deutlich sagen, dass Herr Yücel freigelassen
werden muss“, sagt Liebich der taz. „Und sie sollte jeden Eindruck
vermeiden, dass sie Präsident Erdoğans Politik unterstützt.“ Etwa indem
Merkel ihre für April geplante Reise in die Türkei absagt.
## Erdoğan in Deutschland
Erdoğan vom G-20-Treffen auszuladen hält Liebich dagegen für „Quatsch“. …
der Politik müsse man im Gespräch bleiben. Wenn man anfange,
„auszusortieren, wer die Schufte sind, wird das ein sehr kleiner Gipfel“.
Liebichs Bundestagsfraktion hat für die kommende Sitzungswoche eine
Aktuelle Stunde zum Fall Yücel beantragt.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen regt sich auch erneut
Kritik an einem möglichen Auftritt Erdoğans in Deutschland. Der türkische
Präsident will bei den hier lebenden türkischen StaatsbürgerInnen für die
Verfassungsreform werben, über die Mitte April abgestimmt werden soll.
Eine wirkliche Handhabe dagegen hat man in Berlin jedoch nicht. Zudem würde
die Zurückweisung des türkischen Präsidenten die Beziehungen nachhaltig
beschädigen. Einzig die Bundesländer könnten Sicherheitsbedenken geltend
machen; aber so weit will wohl kein Länderinnenminister gehen.
Siegmund Ehrmann, Vorsitzender des Kultur- und Medienausschusses im
Bundestag, fordert dennoch, Erdoğan klarzumachen, dass sein Kommen
unerwünscht ist. „Es kann nicht sein, dass die Beeinträchtigung der
Medienfreiheit in der Türkei sich auf diese Art und Weise in unser Land
hineinfräst“, sagt er der taz. Der SPD-Abgeordnete fordert die
Bundesregierung auf, keine falschen Rücksichten mehr zu nehmen. „Es geht um
einen Journalisten aus unserem Land, da braucht es eine harte Sprache.“
Lesen Sie auch: [2][Kommentar Inhaftierung von Deniz Yücel – Erdoğans
Fanal]
28 Feb 2017
## LINKS
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## AUTOREN
Anja Maier
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