# taz.de -- Kommentar Faire Kleiderproduktion: Bündnis unter Erfolgsdruck | |
> Das Textilbündnis von Entwicklungsminister Gerd Müller muss liefern. | |
> Fortschritte für einer fairere Produktion sind bisher nicht überprüfbar. | |
Bild: Stoffproduktion in Dhaka (Bangladesch) | |
Spätestens ab jetzt steht das Textilbündnis von Entwicklungshilfeminister | |
Gerd Müller unter einem extremen Erfolgsdruck. Seit über zwei Jahren | |
treffen sich darin Regierung, Unternehmen, Gewerkschaften und | |
zivilgesellschaftliche Organisationen, um die Produktion von Kleidung | |
umweltfreundlicher und fairer zu machen. Bislang ohne für die | |
Öffentlichkeit überprüfbare Fortschritte. | |
Es ist ja wahr: Die Akteure dort schneiden dicken Stoff. Jahrzehntelang | |
haben sich die wenigsten Firmen und Verbraucher darum gekümmert, wer unter | |
welchen Bedingungen Garn färbte oder Blusen nähte, solange es schön billig | |
war. Wege zu erarbeiten, um faire Bedingungen in weit verzweigte | |
Lieferketten zu tragen, sowie technische Alternativen zu giftiger Chemie zu | |
entwickeln braucht Zeit. | |
Allerdings muss sich das Bündnis von Anfang an gegen den Vorwurf wehren, | |
Quasselbude eines saftlosen Ministers zu sein, von der Industrie genutzt, | |
um nicht wirklich etwas ändern zu müssen. Diese Lesart ist seit den | |
Verhaftungen und Entlassungen streikender TextilarbeiterInnen in | |
Bangladesch einleuchtender geworden. Erstens zeigen sie, dass sich die Lage | |
der NäherInnen bislang nicht verbessert hat. | |
Zweitens gibt zu denken, dass viele Gewerkschafter auf Druck unter anderem | |
von internationalen Unternehmen aus dem Gefängnis entlassen wurden. Ihr | |
Einfluss ist also groß. Doch aktiv werden sie erst dann, wenn Missstände | |
die sensibilisierte heimische Öffentlichkeit der Konzerne erreichen. Ein | |
dauerhaftes Engagement für mehr Fairness leisten immer noch die wenigsten. | |
Wenn das Bündnis nicht rasch Ergebnisse zeigt, wird es sich in all die | |
folgenlosen Selbstverpflichtungen der Industrie vom Konto für alle bis zu | |
CO2-Minderungen bei Autos einreihen. Dann wünschte man sich einen | |
Entwicklungsminister, der sich nicht nur als Moderator begreift. Die Ideen, | |
die Unternehmensverantwortung gesetzlich zu verankern, liegen ja vor. | |
27 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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