# taz.de -- US-Anwältin über Bürgerrechte: „Laden Sie Trump nicht ein!“ | |
> Natasha Bannan erklärt, wie Anwälte in den USA den Rechtsstaat | |
> verteidigen wollen. Europa kann dazu beitragen. | |
Bild: War mal der ganze Stolz der USA: Freiheit – und die Statue dazu | |
taz.am wochenende: Frau Bannan, Sie sind Anwältin und arbeiten für | |
Bürgerrechtsgruppen. Wie hat die Wahl von Trump Ihr Leben verändert? | |
Natasha Bannan: In den letzten zwei Monaten habe ich im Büro bei „Latino | |
Justice“ mehr Hilferufe bekommen als in den zwei Jahren zuvor. Viele | |
Latinos sind in Panik, Familien fürchten, auseinandergerissen zu werden. | |
Viele spüren, es gibt keinen sicheren Platz; auch nicht, wenn man legal in | |
den USA ist und sich nie strafbar machte. | |
Verunsichert das Einreiseverbot aus sieben muslimischen Ländern zusätzlich? | |
Mit dieser Entscheidung signalisiert Trump: Ich nehme Einwanderer ins | |
Visier. Ich kann sie ausnutzen, genieße dabei völlige Straflosigkeit. | |
Deswegen hat er schon als Geschäftsmann Klagen bekommen. Aber jetzt fühlen | |
sich Arbeitgeber von der Regierung ermutigt. Wir erleben schon jetzt mehr | |
Razzien, Verhaftungen, Abschiebungen und andere Einschüchterungen von | |
Einwanderern. Und das alles wird als „Sicherung der öffentlichen | |
Sicherheit“ bezeichnet. Trump führt aus, was er im Wahlkampf versprochen | |
hat. Er hat eine faschistische Agenda. | |
Was macht ihn zum Faschisten? | |
Sowohl er als auch seine Berater und einige seiner Kabinettsmitglieder | |
wollen die Macht in den Händen einer Exekutive konzentrieren, die | |
ideologisch auf White Supremacy – Weiße Vorherrschaft – setzt. Er benutzt | |
die Macht des Staatsapparats, um andere, die nicht wie er sind, und in | |
seinen Augen kein gerechtes und würdevolles Leben verdienen, zu verfolgen | |
und zu unterdrücken. | |
Was bringt es ihm, Menschen zu Sündenböcken zu machen? | |
So wollte er im Wahlkampf den Zugang zu weißen Mitgliedern der | |
Arbeiterklasse bekommen, die finanziell und ökonomisch verunsichert sind. | |
Ihnen hat er gesagt: Diese Leute sind Kriminelle, Vergewaltiger, „bad | |
hombres“. Sie nehmen euch die Arbeitsplätze weg. Ich hole sie zurück. Es | |
ist ein einfacher Weg, um die Furcht und Frustration anzuzapfen. Wie in | |
Nazideutschland, wo die Opfer nicht nur Juden, sondern auch Behinderte und | |
Roma waren. | |
Erkennen Sie diese faschistischen Tendenzen schon jetzt in Trumps ’ | |
Politik? | |
Trump unterdrückt andere Meinungen. Er erträgt keine Kritik. Wer seine | |
Politik infrage stellt, ist ein Staatsfeind. Das ist ziemlich faschistisch. | |
Trump hat in seinem Leben aber auch zahlreiche ideologische Kehrtwenden | |
vollzogen. | |
Ja, er war mal für Abtreibung und die Gleichstellung von Homosexuellen. | |
Aber Rassismus und Sexismus begleitete ihn immer. Als Kapitalist und in den | |
Realityshows hat er immer auf Macht gesetzt. In seinem Wahlkampf ging es | |
ihm um seine Marke und sein Geschäftsimperium. Jetzt sind die USA sein | |
Imperium. Er will Macht und will geliebt werden. Und er hat keinen | |
moralischen Kompass. | |
Anders als historische Faschisten hat Trump aber keine Massenbewegung | |
hinter sich. | |
Er hat ja nicht einmal die Mehrheit der Wählerstimmen bekommen. Er ist nur | |
wegen des ungerechten Wahlsystems in den USA Präsident geworden. Aber er | |
nutzte eine Rhetorik, die auf explizit rassistische Art Frustrationen | |
eingefangen hat. Für manche Leute war er die Bestätigung dessen, was sie | |
denken. Diese Leute sind nun seine Bewegung. | |
Wie konnte alles so kommen? | |
Es gibt keinen Trump ohne Obama. In zwanzig Jahren wird die Mehrheit der | |
Bevölkerung dieses Landes nicht mehr weiß sein. Die Furcht der Weißen, ihre | |
Privilegien zu verlieren, sitzt tief. Das hat Trump schon ausgenutzt, als | |
er Obamas Staatsangehörigkeit infrage stellte. | |
Viele Trump-Wähler haben 2008 Obama gewählt. Sind sie nun Rassisten? | |
Rassismus hat viele Gesichter. Manche Rassisten grenzen aus. Andere | |
verstecken sich hinter der Annahme, Trump vertrete ihre ökonomischen | |
Interessen und sind deshalb bereit, seine White Supremacy, seine | |
Frauenfeindlichkeit und seine Homophobie zu ignorieren, weil sie hoffen, | |
dass er ihnen einen Job verschafft. So werden sie zu Komplizen der | |
Rassisten. | |
Ist es sinnvoll, einen Präsidenten mit so viel Macht auszustatten wie in | |
den USA? | |
Absolute Macht korrumpiert. Es ist hart, Macht zu widerstehen. Jeder | |
Präsident versuchte, seine Macht zu erweitern. Auch Obama. Das kann Trump | |
nun auf zerstörerische Weise nutzen. | |
Wieso lassen sich grundlegende demokratische Rechte einfach so abschaffen? | |
Recht ist nicht von Politik getrennt. Das Gesetz ist dazu da, Wohlstand und | |
Macht zu verteidigen. Wer an der Macht ist, nutzt sie für politischen | |
Gewinn. | |
Wer rettet den Rechtsstaat? | |
Die Medien sind wichtig. Und Anwälte und Gerichte. Trump greift das | |
Justizwesen an, wenn ihm Entscheidungen nicht passen. Er funktioniert wie | |
ein Geschäftsmann, der Leute vor Gericht zerrt, die ihn stören. Das kommt | |
bei Juristen und in der Republikanischen Partei nicht gut an. | |
Nach nur drei Wochen im Amt hat Trump bereits für einen Ausnahmezustand an | |
den Flughäfen gesorgt. Waren die Anwälte darauf vorbereitet? | |
Direkt nach den Wahlen hat sich auf Facebook die Gruppe „Lawyers of the | |
Left“ gebildet. Binnen einer Woche waren es schon 130.000 Mitglieder. Sie | |
wollen sich dafür einsetzen, den Rechtsstaat zu verteidigen. Als es an den | |
Flughäfen zu Ungerechtigkeiten kam, sind Rechtsanwälte sofort hingefahren. | |
Was kommt als Nächstes? | |
Es gibt überall Angriffe: Die Bildungsministerin will Schulen | |
privatisieren. Der Arbeitsminister tritt für niedrige Löhne und eine | |
Aushöhlung des Arbeitsrechts ein. Der Justizminister hat in Alabama | |
Bürgerrechtsaktivisten verfolgt. Der Chef der Umweltbehörde glaubt nicht an | |
den Klimawandel. Ich befürchte auch, dass wir einen Krieg führen werden. | |
Wo? | |
Ich denke nicht an Syrien oder den Irak, sondern an einen provozierten | |
Konflikt. Vielleicht als Vorwand für andere Dinge wie den Kampf ums Öl. | |
Wie kann man das alles ertragen? | |
Es überwältigt einen. Schon jetzt sind viele erschöpft, weil die Angriffe | |
von überall kommen. Und wir können uns für Hilfe nicht mal an den Kongress | |
wenden. | |
Wird die National Lawyers Guild ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump | |
anstrengen? | |
Ich glaube, dass es ein Impeachment-Verfahren geben wird. Vielleicht nicht | |
im ersten Jahr. Vieles über Trumps Geschäfte ist noch unklar. Er hat seine | |
Steuern und Finanzen nicht offen gelegt, wir wissen nicht, wem er was | |
schuldet, wir wissen nicht, welche Informationen Russland über ihn hat. | |
Sobald er ein Risiko wird, werden die Republikaner auf Distanz gehen. Dann | |
kommt Pence, der Vize. Der ist ebenso gefährlich. | |
Was können wir in Europa tun? | |
Verlangen Sie von Ihren Regierungen, dass sie mit den USA so umgehen, wie | |
Trump es mit ihnen tut. Machen Sie ihm das Leben schwer. Laden Sie ihn | |
nicht ein. Verhängen Sie Sanktionen. Legen Sie Zölle auf unsere Waren. | |
Schaffen Sie politische Komplikationen, damit Trump die Unterstützung in | |
den USA verliert. | |
10 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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