| # taz.de -- Aus Le Monde diplomatique: Die Kandidatenmacher | |
| > Fillons Finanzgebaren ist unter den Eliten Frankreichs nicht unüblich. | |
| > Der Clan, der ihn förderte, ist noch aktiv. | |
| Bild: Viele Mächtige haben ihn unterstützt, doch jetzt scheint er abzustürzen | |
| Jedem aussichtsreichen Präsidentschaftskandidaten wächst stets ein Kreis | |
| aktiver Unterstützer zu. Diese Leute bringen ihre Macht, ihren Ehrgeiz und | |
| ihr Know-how ein, um das politische Programme „ihres“ Kandidaten zu | |
| beeinflussen. Nach Nicolas Sarkozy, dem „Präsidenten der Reichen“, stand | |
| dessen früherer Ministerpräsident François Fillon im Rampenlicht, ein Mann | |
| der Wirtschaft, des starken Staats und der Religion. | |
| [1][Wie auch immer die Affäre um Fillons illegale Geschäfte] und die | |
| Scheinbeschäftigungen seiner Frau Penelope ausgeht – dass Geld für diesen | |
| Mann einen höheren Stellenwert besitzt als Kultur, Bildung und Prestige, | |
| machen schon seine illustren Helfer deutlich: Finanzexperten haben für ihn | |
| den Kurs bestimmt, Unternehmensberater die Kampagne organisiert, Werbeleute | |
| das Image gepflegt. | |
| Die Namen der Unterstützer sprechen für sich: Der Wirtschaftsexperte in | |
| Fillons Team war Henri de Castries, bis 2016 Vorstandsvorsitzender des | |
| weltweit größten Versicherungkonzerns Axa. Castries kam 1989 zu Axa, davor | |
| hatte er neun Jahre im Finanzministerium gedient, wo er zwischen 1986 und | |
| 1988 mit den ersten Privatisierungsmaßnahmen befasst war. Während Castries | |
| seine Karriere bei Axa fortsetzte, gründete sein Chef Claude Bébéar im Jahr | |
| 2000 das Institut Montaigne, das heute einer der einflussreichsten | |
| liberalen Thinktanks Frankreichs ist. Castries hat in eine steinreiche | |
| Familie eingeheiratet, die unter anderem mehrere Grundstücke in dem | |
| vornehmen Pariser Stadtteil Faubourg Saint-Germain besitzt. Er schätzt | |
| „starke Führungskräfte“ und pathetische Worte. Für ihn sei das Anpacken … | |
| Reformen, erläuterte er im Figaro vom 2. November 2016, eine Frage von | |
| „Ehre und Tugend“. | |
| Während Fillon von Castries’ transatlantischen Beziehungen profitieren | |
| sollte, hielt er sich auch zwei Russlandexperten: Jean de Boishue, sein | |
| langjähriger Berater aus seiner Zeit als Ministerpräsident (2007–2012), und | |
| Igor Mitrofanoff, sein begnadeter Redenschreiber. Vor allem Boishue, der | |
| aus dem russischen Grafengeschlecht Meschtscherski stammt, werden gute | |
| Beziehungen zum Kreml nachgesagt. | |
| Henri de Castries ist seit 2012 auch Chef der Leitgremiums der | |
| [2][Bilderberg-Gruppe, eines exklusiven Zirkels aus Unternehmern, | |
| Politikern, Exmilitärs und Journalisten], der seit 1954 existiert und zu | |
| dem vor vier Jahren auch Fillon eingeladen war. Dessen Wahlprogramm hat | |
| Castries während der gesamten Vorwahlzeit stark beeinflusst. Als Fillon | |
| Ende November überraschend die konservativen Vorwahlen gewann, | |
| orchestrierte Castries die Kampagne und fütterte die Medien mit | |
| Informationen über das geplante Kabinett. | |
| ## Die Strategen | |
| Die eigentlichen Strategen waren François Bouvard und Jean-Paul Faugère. | |
| Der Jesuitenschüler Bouvard ist promovierter Ingenieur (Katholisches | |
| Institut für Kunst und Gewerbe, Lille) und Absolvent der Harvard Business | |
| School. Bouvard leitete die Ausarbeitung des Wahlprogramms, wozu ihn seine | |
| langjährige Erfahrung (1989–2013) als Unternehmensberater bei McKinsey | |
| qualifiziert. | |
| Als die Fillon-Regierung 2007 eine große Reform der öffentlichen Verwaltung | |
| nach Managementkriterien einleitete (Révision générale des politiques | |
| publiques, RGPP), war Faugère einer der Leiter der Evaluierungskommission. | |
| Kurz darauf machte ihn Fillon zu seinem Kabinettschef. Faugères Devise | |
| lautete schon damals: „mit weniger Besseres machen“. McKinsey hat die | |
| französische Reform zum Vorzeigeprojekt erklärt. | |
| Manager des Fillon-Teams wurde Pierre Danon, von 2008 bis 2012 | |
| Vorstandsvorsitzender des Internetbreitbandanbieters Numericable-Completel. | |
| Der IT-Manager kennt Fillon, seit er für die Regierung den Verkauf der | |
| vierten Mobilfunklizenz organisierte. Dabei hatte er sofort einen guten | |
| Eindruck von dem konservativen Politiker: „Er war ruhig, höflich, hörte zu | |
| … Und ich dachte mir: Dieser Typ ist nicht schlecht.“ | |
| Danon ist Experte in Sachen Kostensenkung, der in mehreren Aufsichtsräten | |
| sitzt und dafür üppige Tantiemen bezieht. Als Anlass, in die Politik zu | |
| gehen, nennt er ein Schlüsselerlebnis: „Die Angriffe auf die Familie | |
| Peugeot, die sich stets für die Beschäftigung in Frankreich eingesetzt hat, | |
| fand ich widerlich. Ich war schockiert darüber, dass man sich von | |
| Deutschland abwandte, um mit Spanien und Italien zu liebäugeln.“ Alsbald | |
| begann Pierre Danon, Treffen des Regierungschefs mit ihm bekannten Bossen | |
| zu arrangieren. Er leitete Arbeitsgruppen zur Ausarbeitung des | |
| Wirtschaftsprogramms und bestritt zahlreiche öffentlichen Auftritte in ganz | |
| Frankreich. | |
| Im Herbst 2016 tönte er bei einer Diskussion im Gewerkschaftshaus von Massy | |
| (Essonne), im Notfall werde Fillon „die Armee einsetzen, um die Blockaden | |
| der Raffinerien aufzuheben“. Seitdem gehörte er zu den offiziellen | |
| Sprechern des Präsidentschaftskandidaten. Im Organigramm ist Danon für den | |
| Bereich „Zivilgesellschaft“ zuständig, den ein Expräsident des | |
| Arbeitgeberverbands Medef (Mouvement des Entreprises de France) leitet, der | |
| den Kontakt zu Fillons Anhängern pflegen soll. Danons Ehefrau ist die | |
| renommierte Finanzexpertin Laurence Danon-Arnaud, die von 2005 bis 2013 | |
| die Medef-Kommission „Prospectives“ geleitet hat. Viele der Ideen des | |
| Arbeitgeberverbands finden sich in Fillons Wahlprogramm wieder. | |
| ## Egoismus und Standesdünkel | |
| Und auch die stellvertretende Medef-Generalsekretärin Dorothée Pineau hat | |
| sich in Fillons Vorwahlkampf engagiert. Dasselbe gilt für Viviane | |
| Chaine-Ribeiro, die Vorsitzende des Berufs- und Arbeitgeberverbands für | |
| Consultinggesellschaften (Syntec), die als Nachfolgerin für Pierre Gattaz | |
| an der Spitze der Medef gehandelt wird: Sie fungierte sogar als eine | |
| offizielle Sprecherin Fillons. | |
| In Sachen PR konnte sich Fillon zudem auf die erfahrene Anne Méaux stützen, | |
| ein Star der Pariser Pressesprecherzunft. Die Absolventin der | |
| Eliteuniversität Sciences Po und der juristischen Fakultät in Arras hatte | |
| bereits 1974 – als Zwanzigjährige – den Präsidentschaftskandidaten Valéry | |
| Giscard d’Estaing unterstützt. Von 1981 bis 1986 hatte sie die | |
| Doppelfunktion als Pressesprecherin von Präsident d’Estaing wie der | |
| Fraktion der Union pour la démocratie française (UDF). | |
| 1988 gründete Méaux die „Kommunikationsagentur“ Image Sept, die heute in | |
| Paris, London, Brüssel, Singapur und New York vertreten ist. Das vorwiegend | |
| weibliche Team betreut hundert PR-Kunden aus Privatwirtschaft und Politik, | |
| aber auch öffentliche Institutionen wie die Pariser Oper. Ihre heutige | |
| Position verdankt Méaux vor allem einem Klienten: François Pinault, dem | |
| Geschäftsführer von Kering (ehemals Pinault-Printemps-Redoute-Gruppe, | |
| PPR). Als die Fürstin der Lobbyisten den Orden eines Offiziers der | |
| Ehrenlegion erhielt, durfte ihr größter Förderer die Eloge halten. | |
| Wie viele Konservative ist Anne Méaux eine große Verehrerin der | |
| russisch-amerikanischen Publizistin und Romanautorin Ayn Rand (1905–1982), | |
| die Egoismus als höchste Tugend gerühmt und jede Form staatlicher | |
| Einmischung abgelehnt hat. Dieser Überzeugung folgend, hat sie mit anderen | |
| alten Weggefährten beschlossen, Fillon zu unterstützen. | |
| Die französischen Anhänger des Libertarismus à la Ayn Rand verherrlichen | |
| die Freiheit des Einzelnen und missachten alle Konventionen. Aber sie | |
| pflegen auch einen Standesdünkel, der bei Fillons Entourage auffallend | |
| stark ausgeprägt ist: Man gehört zu vornehmen Familien, schätzt | |
| vorteilhafte eheliche Verbindungen und bevorzugt einen traditionellen | |
| Lebensstil. | |
| ## „350.000 Euro für Nichtstun“ | |
| Um die Spenden für Fillon kümmerte sich Arnaud de Montlaur vom | |
| Finanzkonzern Quilvest. Das Unternehmen gehört seit sieben Generationen | |
| der Familie Bemberg, die Ende des 19. Jahrhunderts als Bierbrauer in | |
| Argentinien ein Vermögen machte, ehe sie in den europäischen Adel | |
| einheiratete. | |
| Fillons Helfer kommen fast alle aus der Großbourgeoisie, sind meist über | |
| sechzig, bekleiden leitende Posten in der öffentlichen Verwaltung oder | |
| Privatwirtschaft und sind bemüht, den Einfluss der teilweise adligen, auf | |
| jeden Fall aber namhaften Familiendynastien zu erhalten, deren Mitglieder | |
| sich als Wahrer des Gemeinwohls und nationalen Erbes verstehen. | |
| Im Dunstkreis Fillons finden sich viele Verwandte von hohen | |
| Staatsbediensteten und Absolventen der Pariser Eliteuniversität ENA (École | |
| nationale d’administration), die ihre Vertrautheit mit den Interna der | |
| Regierung nutzen, um sich im öffentlichen Sektor oder in der | |
| Privatwirtschaft zu bereichern. | |
| Ein Musterbeispiel: Der Präfekt und Staatsrat Jean-Paul Faugère, selbst | |
| Sohn eines Präfekten, wurde nach seiner Zeit als Fillons Kabinettschef zum | |
| Aufsichtsratspräsidenten von CNP Assurance, einem börsennotierten | |
| Staatsbetrieb. „350.000 Euro für Nichtstun, das ist verrückt!“, soll | |
| François Hollande 2012 über diese Ernennung geklagt haben. | |
| Zuvor hatte ihm sein Ministerpräsident Jean-Marc Ayrault erzählt, sein | |
| Vorgänger Fillon habe ihn „um einen einzigen Dienst gebeten: seinen | |
| Kabinettschef gut unterzubringen“. Als Aufsichtsratschef von CNP hatte | |
| Faugère dann so wenig zu tun, dass er ab 2015 auch noch bei der ENA den | |
| Vorsitz der Prüfungskommissionen übernehmen konnte. | |
| ## Mysteriöse Einnahmequellen | |
| Als Präsidentschaftskandidat konnte sich Fillon auch auf Antoine | |
| Gosset-Grainville verlassen, der früher sein Kabinettschef und Leiter des | |
| Staatlichen Finanzinstituts CDC (Caisse des dépots et consignations) war. | |
| Der ENA-Absolvent gründete, nachdem er in den Aufsichtsräten mehrerer | |
| Großunternehmen gesessen hatte, eine eigene Anwaltskanzlei, die auf | |
| Fusionen und Akquisitionen spezialisiert ist: BDGS Associés. Das ist ein | |
| für hohe Staatsbedienstete typischer Werdegang, seitdem der Abbau von | |
| staatlichen Aufgaben, die Deregulierung und die Öffnung für den | |
| internationalen Wettbewerb dafür sorgen, dass ihnen neue profitable | |
| Karrieren offenstehen. Aber Gosset-Grainville wollte etwas ganz Besonderes | |
| darstellen. | |
| Dieses klassische Produkt einer „Staatsaristokratie“ hat aber durchaus noch | |
| der Staatsmacht gedient. Anders als eine Figur wie der Milliardär Marc | |
| Ladreit de Lacharrière. Der ging 1968 von der ENA direkt in die | |
| Privatwirtschaft, stieg zunächst beim Mischkonzern Suez (heute Engie SA) | |
| ein, war dann Finanzchef von L’Oréal und leitet heute seine eigene Holding | |
| namens Fimalac, die unter anderem 20 Prozent an der Ratingagentur Fitch | |
| hält. | |
| Zum Portfolio von Fimalac gehört auch Europas älteste Literaturzeitschrift. | |
| Die 1829 gegründete Revue des Deux Mondes publizierte 1855 Charles | |
| Baudelaires „Die Blumen des Bösen“, Erzählungen von Honoré de Balzac, Iw… | |
| Turgenjew oder Alexandre Dumas, aber auch den Vorabdruck von Alexis de | |
| Tocquevilles „Über die Demokratie in Amerika“ (1835). Heute publiziert die | |
| einstmals ehrwürdige Revue eher Beiträge von „zeitgenössischen Denkern und | |
| Machern wie François Fillon“, wie es auf der Webseite der Holding heißt. | |
| Bei der Revue des Deux Mondes „arbeitete“ auch Penelope Fillon, seine | |
| Ehefrau. Für ihre Tätigkeit als „literarische Beraterin“ bezog sie zwisch… | |
| Mai 2012 und Dezember 2013 ein Honorar von 100.000 Euro. Das ist nicht die | |
| einzige mysteriöse Einnahmequelle, die mutmaßlich ihrem Ehemann | |
| zugutekommen sollte. [3][Le Canard Enchaîné hat eine Scheinbeschäftigung | |
| der treuen Penelope] als „parlamentarische Assistentin“ aufgedeckt, mit der | |
| sie 831.440 Euro „verdient“ haben soll. Seit Ende Januar ermittelt die für | |
| Finanzvergehen zuständige Staatsanwaltschaft von Paris gegen François | |
| Fillon, der sich seitdem als Opfer einer „professionell organisierten | |
| Kampagne“ stilisiert. | |
| Ein Blick ins Impressum der Revue des Deux Mondes offenbart weitere | |
| Verbandelungen: Die Geschäftsführerin Valérie Toranian, die vormals für | |
| das Frauenmagazin Elle verantwortlich zeichnete, ist mit dem | |
| TV-Journalisten und Autor Franz-Olivier Giesbert verheiratet, der wiederum | |
| einen Sitz im Ausschuss der Revue hat – neben Élise Longuet, der Tochter | |
| des früheren Verteidigungsministers Gérard Longuet, die zugleich bei | |
| Fimalac die Abteilung für Außenbeziehungen leitet. | |
| ## Militante Katholiken | |
| Die als liberal geltende Toriani versichert, „Mäßigung zu üben, extreme | |
| Positionen abzulehnen und den Geist des Pragmatismus zu pflegen“. Auch | |
| Jérôme Chartier, Sonderberater von François Fillon, beruft sich auf | |
| intellektuelle Nüchternheit. Der Abgeordnete des Départements Val d’Oise | |
| ist Lebensgefährte von Virginie Calmels, Aufsichtsratsvorsitzende von | |
| Eurodisney. | |
| Chartier organisiert in den ehrwürdigen Hallen der Abtei von Royaumont | |
| alljährliche Gesprächskreise, zu denen Unternehmer, Staatsbeamte und | |
| Vertreter verschiedener Konfessionen eingeladen werden. 2016 war das Thema | |
| ganz auf Fillon abgestimmt: „Croyant et Citoyen“ (Gläubig und | |
| Staatsbürger). Unter anderem sprach François Villeroy de Galhau, der Chef | |
| der französischen Zentralbank, über „Jesus als Manager“. Der habe, so der | |
| Notenbankchef, „aus seinem Team unglaublich viel herausgeholt: Er fing mit | |
| zwölf ungehobelten Galiläern an und hat daraus das dauerhafteste | |
| internationale Unternehmen der Welt geschaffen.“ | |
| Fest im Glauben sind Fillons treue Unterstützer allemal. Der Leiter seiner | |
| Kampagne, Patrick Stefanini, vormals rechte Hand von Regierungschef Alain | |
| Juppé, gilt als der Urheber der Fillon-Unterstützerbewegung „Sens commun“ | |
| (Gemeinsinn), einem Ableger der Manif pour tous (Demo für alle), die | |
| alljährlich im Januar gegen die Homoehe demonstriert. Sprecherin von Sens | |
| commun ist die 28-jährige Madeleine de Jessey, die auch bei Fillons | |
| Wahlkampagne mitmacht. Deren Koordinator ist der militante Katholik Bruno | |
| Retailleau, Senator des Département Vendée. Es gibt aber auch einen Mittler | |
| zwischen den Konfessionen, den zum Protestantismus konvertierten | |
| Senatspräsidenten Gérard Larcher, der für Fillon außerdem Kontakte mit den | |
| Führungen der Gewerkschaftsverbände herstellen soll. | |
| Und wie steht Fillon zu rechtsaußen? Sein Sonderberater Jérôme Chartier hat | |
| im Fernsehen beteuert: „François Fillon hatte nie irgendwelche Verbindungen | |
| mit der extremen Rechten.“ Das können nicht alle seine Unterstützer von | |
| sich behaupten. Hervé Novelli, Exstaatssekretär, und Gérard Longuet, | |
| Exminister, gehören wie Anne Méaux zur „Generation Okzident“. Diese | |
| ehemalige Gruppe radikaler und militanter Antikommunisten wanderte in den | |
| 1970er Jahren von den Ultrarechten zu den Giscardisten. | |
| ## Speerspitze des Neoliberalismus | |
| Hervé Novelli engagiert sich eifrig für die „Vereinigung für | |
| Wirtschaftsfreiheit und sozialen Fortschritt“ (Association pour la | |
| liberté économique et le progrès social, Aleps), die eine Speerspitze des | |
| Neoliberalismus in Frankreich ist. Und Gérard Longuet redigierte 1973 das | |
| ultraliberale Programm des Front National und war lange Zeit Ehrenmitglied | |
| im rechtskonservativen Politzirkel „Club de l’Horloge“. | |
| Zur stramm rechten Szene gehören auch Exverteidigungsminister Charles | |
| Millon und seine Frau, die Philosophin Françoise Delsol, die beide dem Opus | |
| Dei nahestehen. Schon in den 1970er und 1980er Jahren gehörten sie zu den | |
| ersten Herolden eines ungezügelten Wirtschaftsliberalismus. Mit François | |
| Fillon hatten sie offenbar den Kandidaten gefunden, der endlich „die | |
| Wirtschaft befreien“ würde. | |
| Fillon hatte auch die Unterstützung von zwei weiteren gewichtigen | |
| Neoliberalen. Nicolas Baverez, ehemals Rat am französischen Rechnungshof, | |
| heute Anwalt und Kolumnist für das Magazin Point wie für den Figaro, | |
| feierte begeistert das „wirklich liberale Programm“ von Fillon (in BFM | |
| Business vom 28. November 2016). Und der Unternehmensberater Mathieu Laine | |
| freute sich über die ideologische Häutung, die Fillon vollzogen hat, seit | |
| er 1992 beim Referendum zum Maastricht-Vertrag für ein „Nein“ geworben | |
| hatte. In der Le Monde vom 22. November 2016 begrüßte Laine, dass Fillon | |
| inzwischen die Notwendigkeit erkannt habe, „unsere Wirtschaft zu | |
| liberalisieren“ und „den Vorsorgestaat abzubauen“. | |
| Fillon war aber beileibe nicht der einzige Kandidat mit besten Beziehungen | |
| zu Bankern, Managern und Unternehmensberatern. Die finden sich – in | |
| unterschiedlicher Ausprägung – auch bei den anderen Kandidaten. Vor allem | |
| bei Emmanuel Macron, der in den Umfragen sogleich von den Ermittlungen | |
| gegen den konservativen Kandidaten profitiert hat. Macron steht für weniger | |
| politische Kontrolle über die Wirtschaftsordnung und für eine massive | |
| Stärkung des Finanzsektors und der privaten Unternehmen. | |
| Aus dem Französischen von Birgit Bayerlein | |
| 9 Feb 2017 | |
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