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# taz.de -- CDU Schleswig-Holstein gegen Turbo-Abi: Turbowahlkampf mit Schnella…
> Schleswig-Hosteins CDU will das Kurz-Abitur an Gymnasien abschaffen.
> Vorbild ist das SPD-regierte Niedersachsen. Die SPD vergleicht die
> Forderung mit Trump-Politik.
Bild: Eile oder Weile: Ob acht oder neun Jahr zum Abi machen besser sind, ist s…
Hamburg taz | Der Kieler Politikbetrieb reagierte pikiert, als
CDU-Spitzenkandidat Daniel Günther sein bildungspolitisches Ziel für den
Fall eines Wahlsiegs bekannt gab: Er wolle das Abitur nach neun Jahren (G
9) wieder einführen. Es ginge „ein Aufstöhnen durchs Land“, schrieb selbst
die Deutsche Presseagentur. Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) äußerte
Unverständnis. Und SPD-Fraktionschef Ralf Stegner warf Günther gar vor, er
wolle „durchregieren wie Trump“.
Warum die Aufregung? Für Stegner kündigte die CDU mit dieser Aussage „den
Schulfrieden auf“. Nun beginne wieder eine Debatte um das Schulsystem,
„nicht im Dialog mit der Basis, sondern auf Ansage von oben“.
Stegner spielte auf den sogenannten Bildungsdialog an, bei dem sich unter
anderem die Elternvertretung der Gymnasien, Schülervertretungen und andere
Verbände mit den Regierenden auf ein Modell verständigten, das 2014 in ein
Gesetz gegossen wurde. Nun gibt es eine Zwei-Säulen-Struktur: auf der einen
Seite 181 Gemeinschaftsschulen, auf der anderen 99 Gymnasien. Erstere
bieten Abitur nach neun Jahren, die Gymnasien – bis auf 15 Ausnahmen –
bleiben beim 2008 eingeführten Abitur nach acht Schuljahren (G 8). Die
Regel besteht ebenso in Hamburg und soll helfen, die Gemeinschaftsschulen
für Bildungsbürger attraktiv zu machen.
Doch nun ist es in Wahlkämpfen durchaus üblich, den Bürgern Neues
anzubieten. Die CDU habe im Januar eine Umfrage im Land machen lassen,
berichtet Günther. „Demnach sind 71 Prozent für G 9 und 25 Prozent für G
8“. Bemerkenswert sei, dass „fast alle Schleswig-Holsteiner eine Meinung
dazu hatten“. Bei den 18- bis 24-Jährigen liege die Zustimmung zu G 9 gar
bei 80 Prozent.
## „Zeit für andere Dinge“
Die FDP wirft dem CDU-Mann vor, eine radikale Kehrtwende hingelegt zu
haben: Hatte er doch noch zu Zeiten von Schwarz-Gelb für das Kurz-Abitur
gefochten, während die Liberalen die Sache erstmals aufweichten und den
Schulen erlaubten, zwischen G 8 und G 9 zu wählen.
Darauf angesprochen, sagt Günther, es habe sich seit damals viel verändert.
Die Wehrpflicht sei entfallen und die Bologna-Reform habe zu kürzeren
Studienzeiten geführt. Daher dauere es in Deutschland nicht mehr zu lange,
bis junge Menschen in den Beruf starteten. Die längere Zeit solle
Gymnasiasten fit für die Uni machen. „Wir wollen ihnen erlauben, ein Stück
weit jung zu sein und Zeit für andere Dinge zu haben“, sagt Günther, selbst
Vater einer einjährigen Tochter. „G 9 ist für die Kinder am besten.“
Der Streit ums Turboabitur zieht sich in der Tat schon über Jahre. CDU und
SPD hatten es 2008 eingeführt. Nach einem Regierungswechsel hatte die FDP
dann 2011 besagte Wahlfreiheit für die 99 Gymnasien durchgesetzt. SPD,
Grüne und SSW sorgten 2014 in ihrem Schulfrieden dafür, dass die Zahl der G
9-Gymnasien auf 15 begrenzt bleibt.
Doch inzwischen machte Niedersachsen vor, wie es auch geht: Die dortige
rot-grüne-Regierung schaffte das Turboabitur 2015 flächendeckend ab, auch
mit Unterstützung der GEW. „Wir haben das durchgesetzt und sind darauf
stolz“, sagt der dortige GEW-Chef Eberhard Brandt.
In Niedersachsen verlief die Konfliktlinie ganz anders, versuchte doch die
CDU auch die Gesamtschulen zum Turboabitur zu zwingen. Deshalb gab es über
Jahre einen breit getragenen Kampf dagegen. „Wir können nicht sagen, G 9
ist besser, deswegen kriegen es nur die Gesamtschulen und die Gymnasien
müssen leiden“, sagte GEW-Chef Brandt 2013 in der taz.
## Volksbegehren für G 9 in Hamburg ist gescheitert
Ganz ähnlich argumentiert die Hamburger Mutter Mareile Kirsch, die 2014 mit
einem Volksbegehren für „G 9 jetzt HH“ stritt. „Die Kinder werden bestra…
nur weil sie aufs Gymnasium gehen.“ Es sei „bemerkenswert ehrlich und
sympathisch“, wenn mit Daniel Günther nun ein Politiker bereit sei, einen
Fehler einzugestehen.
Freilich hat sich Kirsch selbst damals nicht durchgesetzt, ihre Initiative
verfehlte im Herbst 2014 die nötige Quote von 62.000 Unterschriften. Die
schleswig-holsteinische Partnergruppe „G 9 jetzt SH“ schaffte nicht mal
20.000 Unterschriften.
21 Feb 2017
## AUTOREN
Kaija Kutter
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