# taz.de -- Fall Amri beschäftigt Berliner Parlament: Brisante Fälle gehen vor | |
> Der Chef des Berliner Landeskriminalamts begründet im Innenausschuss, | |
> warum der Attentäter Amis Amri nicht länger observiert worden ist. | |
Bild: Die Verbotsverfügung ist in Arbeit: Eingang der Fussilet-Moschee | |
„Was wäre, wenn …?“ Im Bundesinnenausschuss sei ihm gerade diese Frage | |
gestellt worden, berichtete Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Montag im | |
Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Geisel hatte die | |
Bundestagsabgeordneten über den aktuellen Berliner Erkenntnisstand in | |
Sachen Attentäter Anis Amri informiert. Christian Ströbele (Grüne) habe die | |
Frage gestellt: „Was wäre, wenn uns die Videoaufnahmen vorher zur Verfügung | |
gestanden hätten?“ Er, Geisel, habe geantwortet: „Nach damaligem | |
Wissensstand hätte man festgestellt – ein Islamist geht in eine Moschee. | |
Das ist kein Straftatbestand und erst recht kein Haftgrund.“ | |
Die Fussilet-Moschee in der Perleberger Straße in Moabit ist der Polizei | |
seit Jahren als Treffpunkt gewaltbereiter Islamisten bekannt. Mittels einer | |
auf der anderen Straßenseite installierten Überwachungskamera beschafften | |
sich die Beamten Bilder von den Besuchern. Zwischen Februar und Juni 2016 | |
war Amri 20-mal beim Betreten und Verlassen des Gebäudes gefilmt worden. | |
Das hat eine Auswertung der Aufnahmen nach dem Attentat am 19. Dezember auf | |
dem Breitscheidplatz ergeben. Aber auch ohne jedes einzelne Bild zu kennen, | |
sei bekannt gewesen, dass die Fussilet-Moschee „für Amri sehr häufig ein | |
Anlaufpunkt war“, sagte LKA-Chef Christian Steiof am Montag. | |
Ab dem 18. Februar 2016 hatte Amri laut Polizei in Berlin unter Beobachtung | |
gestanden. Aufgrund eines Gerichtsbeschlusses wurde sein Telefon in der | |
Zeit zwischen dem 4. April und 21. September abgehört. Die Maßnahme war | |
aufgehoben worden, weil Amri anscheinend keine Anschlagspläne verfolgte. | |
Zudem habe der Tunesier nicht mehr ins Raster der Polizei von einem | |
Terroristen gepasst, hatte Geisel bereits im Januar erklärt. „Er war ein | |
Drogendealer, nahm selbst Drogen und hielt den Ramadan nicht ein.“ | |
Von der Möglichkeit der Observation, die der Gerichtsbeschluss gleichfalls | |
vorsah, hatte die Polizei nur bis zum 15. Juni 2016 Gebrauch gemacht. „Amri | |
war nicht der einzige Gefährder, den wir im Fokus hatten“, begründete | |
Steiof den Abbruch der Maßnahme. Eine Observation rund um die Uhr über | |
Monate und Jahre hinweg sei für die Polizei personell nicht leistbar. „Die | |
Tischdecke ist zu klein, um sie alle im Griff zu behalten.“ Von daher | |
erfolge immer „eine Priorisierung“ – soll heißen: Vermeintlich brisantere | |
Fälle haben Vorrang. | |
Laut Steiof wurde Amri an 52 Tagen observiert. Weil weder die | |
Telefonüberwachung noch die Observation „einen Mehrwert versprachen“, sei | |
die Maßnahme heruntergefahren worden. „Das“, so Steiof, „ist das täglic… | |
Geschäft im Bereich islamistischer Terrorismus.“ | |
Fazit des innenpolitischen Sprechers der Grünen, Benedikt Lux: „Das MEK | |
muss zwingend gestärkt werden.“ Das MEK – das Mobile Einsatzkommando – i… | |
für Observationen zuständig. Geisel machte das Gegenbeispiel auf: | |
Bundesweit gebe es 550 islamistische Gefährder. Eine Bewachung rund um die | |
Uhr bedeute 30 Beamte pro Person. „Man würde 16.500 Mitarbeiter brauchen“, | |
so Geisel. „Das macht keinen Sinn.“ | |
13 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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