# taz.de -- Überwachung in Frankreich: Filmen für den Tierschutz | |
> In Frankreich sollen auf Schlachthöfen Kameras eingeführt werden. | |
> Deutsche Tierschützer sehen das nicht nur positiv. | |
Bild: Bisher gibt es aus Schlachthöfen nur heimlich von Tierschützern aufgeno… | |
PARIS/BERLIN taz | In französischen Schlachthöfen soll vom nächsten Jahr an | |
Videoüberwachung verpflichtend werden. Das haben die Abgeordneten der | |
Nationalversammlung Ende letzter Woche beschlossen. Damit soll erreicht | |
werden, dass die geltenden Tierschutzregeln wirklich respektiert werden. | |
Umgekehrt möchte der Gesetzgeber, dass das von verschiedenen Skandalen | |
angeschlagene Image der Fleischindustrie durch diese Bemühung um | |
Transparenz aufgebessert wird. | |
Im vergangenen Jahr hatten nämlich Tierschützer mehrfach schockierend | |
grausame Praktiken gefilmt und veröffentlicht. Bei diesen heimlich | |
aufgenommenen Szenen war zu sehen, dass in mehreren Schlachthäusern die | |
Tiere unnötig und zum Teil vorsätzlich misshandelt oder ohne Betäubung | |
getötet wurden. | |
Vor allem eine Gruppe mit dem Namen „[1][L214]“ – benannt nach dem | |
französischen Tierschutzparagrafen – hatte mit solchen Enthüllungen in den | |
Medien für Aufsehen gesorgt. Aus den Reihen der konservativen Opposition in | |
der Nationalversammlung wurde deshalb bemängelt, die Vertreter der linken | |
Regierungsmehrheit würden dem Druck dieser Tierschutzaktivisten nachgeben. | |
Mit der geplanten Überwachung werde das gesamte Personal der 960 | |
Schlachthöfe unter Generalverdacht gestellt, obwohl es abgesehen von | |
bedauernswerten Ausnahmen seine schwere Arbeit korrekt verrichte. | |
Der Berufsverband der Fleischindustrie hatte vergeblich gefordert, dass | |
die neue Maßnahme vorerst nur versuchsweise für fünf Jahre eingeführt wird. | |
Den Tierschützern von L214 geht die neue Kontrolle hingegen nicht weit | |
genug – denn sie gelten nicht für Tierversuche, und die Videoaufnahmen | |
seien nur für die Veterinärdienste bestimmt. | |
Angela Dinter von der deutschen Tierschutzorganisation Pro Vieh sieht die | |
Entwicklung in Frankreich trotzdem positiv: „Die Kameras werden die | |
Mitarbeiter dazu anregen, anständig mit den Tieren umzugehen“, sagt sie. | |
Ihre Organisation fordert eine solche Überwachung auch für Deutschland. Es | |
gebe bereits einzelne deutsche Betriebe, die eine Kamera im Schlachthaus | |
installiert haben. Mit der Überwachung sei es für den | |
Tierschutzbeauftragten einfacher zu sehen, ob Tiere richtig betäubt oder | |
getötet wurden, so Dinter. Laut einer EU-Verordnung muss es in größeren | |
Schlachtbetrieben einen solchen Beauftragten geben, der Regeln zum | |
Tierschutz überwacht. | |
Probleme mit dem Datenschutz sieht sie nicht, weil die Videos innerhalb der | |
Betriebe blieben. Kathrin Zvonek vom Tierschutzbund sieht jedoch eine | |
andere Gefahr: „Man kann auf Videos zwar sehen, wie die Mitarbeiter bei der | |
Anlieferung mit den Tieren umgehen“, sagte sie. Ob ein Tier richtig getötet | |
wurde, könne man aber auf dem Video nicht erkennen. „Bei der Tötung ist es | |
sinnvoller, wenn der Tierschutzbeauftragte direkt danebensteht“, so Zvonek. | |
Für sinnvoller hält sie deshalb mehr unabhängige Kontrollen durch die | |
Veterinärämter. | |
Noch ist die französische Regelung nicht in Kraft. Die rechte Opposition | |
wird versuchen, die definitive Verabschiedung des Antrags im Senat zu | |
blockieren und bis zu den Wahlen im Sommer hinauszuzögern. Dabei wird | |
vermutlich eine konservative Mehrheit an die Macht gelangen, die den | |
Anliegen der Tierschützer weniger Gehör schenken könnte. | |
16 Jan 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.l214.com/ | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
Friederike Meier | |
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