| # taz.de -- Kampf um die Wahrheit: Intensive Wortklaubereien | |
| > Hat der Senat auf eine Anfrage zum Offshore-Terminal Bremerhaven gelogen? | |
| > Darüber wurde am Freitag vorm Verfassungsgericht verhandelt. | |
| Bild: Klagt gegen den Senat: Wutbürger Jan Timke | |
| BREMEN taz | Der Senat habe gelogen, sagt Jan Timke, | |
| Bürgerschaftsabgeordneter der rechtspopulistischen Wählervereinigung | |
| „Bürger in Wut“ (BIW). Die hat Verfassungsklage eingereicht, weil sie der | |
| Auffassung ist, der Senat habe eine parlamentarische Anfrage der BIW falsch | |
| beantwortet und somit ihr Auskunftsrecht verletzt. Am gestrigen Freitag | |
| fand die Verhandlung vorm Staatsgerichtshof statt. Eine Entscheidung fiel | |
| noch nicht, deutlich wurde jedoch: Das Wort „Absprache“ kann offenbar auf | |
| vielerlei Weise interpretiert werden. | |
| Aber von vorn: Im Oktober 2014 fragte Timke in einer Bürgerschaftssitzung | |
| nach Informationen über das Planfeststellungsverfahren für den Bau des | |
| Offshore-Terminals Bremerhaven (OTB). Er fragte: „Sind im Vorfeld der | |
| Planung für den Bau des OTB Absprachen mit der aus hiesiger Sicht | |
| zuständigen Bundeswasserstraßenverwaltung zur Genehmigung des Projektes | |
| getroffen worden und wenn ja, was ist Inhalt dieser Absprachen?“ Die knappe | |
| Senatsantwort lautete: „Nein.“ | |
| Im Mai 2016 jedoch teilte Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne) in einer | |
| Pressemitteilung mit, dass die Zuständigkeitsfrage damals „nach intensiver | |
| Abstimmung mit der Bundeswasserstraßenverwaltung“ so entschieden worden | |
| sei, dass die Obere Wasserbehörde Bremens für das Planfestellungsverfahren | |
| des OTB verantwortlich sei. „Entweder Sie haben damals das Parlament | |
| belogen oder jetzt die Presse“, erklärte Timke daraufhin. | |
| Lohses Erklärung war der Baustopp des OTB vorangegangen, begründet auf | |
| einer Klage des BUND: Das Verwaltungsgericht hatte dem Antrag auf | |
| Aussetzung des Baus unter anderem mit der Begründung stattgegeben, dass | |
| nicht der Umweltsenator als Obere Wasserbehörde für den Erlass des | |
| Planfeststellungsbeschlusses zuständig gewesen sei, sondern die Wasser- und | |
| Schifffahrtsverwaltung des Bundes. „Absprache“, verteidigte im Mai | |
| Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) den Umweltsenator, sei nicht | |
| dasselbe wie „Abstimmung“. Der Abgeordnete Timke habe aber nach | |
| „Absprachen“ gefragt. | |
| Von „Abstimmung“ oder gar „intensiver Abstimmung“ war freilich in der | |
| gestrigen Verhandlung vorm Staatsgerichtshof gar keine Rede. Schade | |
| eigentlich, denn die juristische Senatsvertreterin erklärte dort nun, es | |
| sei eine „Anfrage“ an die Bundeswasserstraßenverwaltung gestellt worden, | |
| auf die lediglich „rechtliche Auskunft“ erteilt worden sei. Eine Absprache, | |
| sagte sie, bedeute laut Duden „im Sinne einer Vereinbarung“ – und die habe | |
| es nicht gegeben, weswegen die Senatsantwort korrekt gewesen sei. Eine | |
| „intensive Absprache“ kann es nach dieser Aussage freilich auch nicht | |
| gegeben haben. | |
| Timkes Verteidiger sagte vorm Verfassungsgericht: „Absprache bedeutete: | |
| Haben Sie mit der Bundeswasserstraßenverwaltung gesprochen, hat es | |
| Gespräche geben? Die Antwort hätte lauten müssen: Ja!“ | |
| ## „Vieldeutig und interpretationsbedürftig“ | |
| Als „vieldeutig und interpretationsbedürftig“ bezeichnete die vorsitzende | |
| Richterin das Wort „Absprache“. Es gebe verschiedene Rechtssprechungen | |
| bezüglich interpretationsbedürftiger Fragen, dabei handele es sich aber | |
| ausschließlich um Einzelfallentscheidungen: „Fragen sollten so exakt wie | |
| möglich formuliert werden. Aber: Auch die gegebenen Antworten müssen | |
| versuchen, mögliche Deutungen zu berücksichtigen“, sagte sie. Eine | |
| Entscheidung wird das Verfassungsgericht Mitte Februar verkünden – eine | |
| Tendenz war gestern nicht erkennbar. | |
| Fest steht: Der Fall ist mehr als populistische Erbsenzählerei. Denn, das | |
| [1][berichtete die taz bereits]: Die Bundeswasserstraßenverwaltung hatte | |
| sich ablehnend gegenüber dem OTB-Standort geäußert. Um zu verhindern, dass | |
| sie die Planung übernimmt und dann nicht im Bremer Sinne handelt, soll es | |
| die erwähnte „intensive Abstimmung“ gegeben haben mit dem Ergebnis, dass | |
| das Verkehrsministerium seiner Wasserbehörde untersagt habe, sich für das | |
| OTB-Projekt zuständig zu erklären. Das könnte auch eine Absprache gewesen | |
| sein. Eine Rechtsauskunft auf eine förmliche Anfrage war das jedenfalls | |
| sicher nicht. | |
| 13 Jan 2017 | |
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| Simone Schnase | |
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