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# taz.de -- Pro und Contra: Soll man Straftäter abschieben?
> Ein Marokkaner, dessen Asylantrag abgelehnt worden war, soll in Hamburg
> eine Frau vergewaltigt haben. Wie soll der Staat mit kriminellen
> Asylbewerbern umgehen?
Bild: Abschieben oder nicht: Ein Marokkaner soll in einer Bar in der Großen Fr…
Pro
Natürlich sollten die deutschen Behörden Straftäter abschieben. Wer sein
Gastrecht missbraucht, soll gehen. Das ist eine legitime Forderung.
Es ist doch absurd: Menschen kommen hierher, weil sie zu Hause verfolgt
oder bedroht werden oder weil sie hier bessere Chancen suchen. Und dann
brechen sie das Gesetz – dealen mit Drogen oder vergewaltigen Frauen? Wenn
es hier „sie“ heißt, ist eine kleine Minderheit gemeint, die das Gros der
Migranten in Verruf zu bringt.
Die meisten Ausländer kommen mit dem Wunsch, Inländer zu werden, also Teil
einer Solidargemeinschaft. Dafür kann diese Gemeinschaft verlangen, dass
sich die Menschen an ihre Gesetze halten. Und sie hat auch das Recht,
zwischen Inländern und Ausländern zu unterscheiden. Andernfalls
funktionierte weder die Demokratie noch der Sozialstaat.
Die Demokratie verlangt, dass Bürger bereit sein müssen, sich der
Mehrheitsmeinung zu unterwerfen. Das setzt wiederum voraus, dass man sich
auf Dauer als Teil einer Gemeinschaft begreift, in guten wie in schlechten
Zeiten.
Eng damit verbunden ist das Budgetrecht des Parlaments: Das heißt, alle
zahlen in einen gemeinsamen Topf, aus dem das Geld umverteilt wird. Es ist
nicht selbstverständlich, die Hälfte seines Gehalts abzugeben um
Gemeinschaftsaufgaben zu finanzieren oder Not Leidenden zu helfen, das
zeigen viele dysfunktionale Staaten.
Dieses Prinzip kann aber nur funktionieren, wenn diese Gemeinschaft Grenzen
hat, wenn sie bestimmt, wer dazu gehört und wer nicht. Dazugehören
normalerweise diejenigen, die hier geboren und sozialisiert sind.
Zuwanderer haben die Chance, nach einer gewissen Zeit, ebenfalls dazu zu
gehören und gleiche Rechte zu genießen. Das ist ein Pfund mit dem unsere
Gesellschaft wuchern sollte.
Stattdessen behält sie Vergewaltiger hier und tritt Familienvätern, die
seit 20 Jahren hier leben und arbeiten nachts um zwei die Wohnungstür ein,
um sie in einen Flieger nach Afghanistan zu setzen.
Gernot Knödler
Contra
Eine Abschiebung, das sagt schon das Wort, löst nie ein Problem. Sie
schiebt es nur weg. Männer, die Frauen vergewaltigen, sind definitiv ein
Problem. Nur: das Problem von A nach B zu schieben, ist eine egoistische
Pseudolösung. Der Täter verschwindet aus dem eigenen Radius, alles andere
ist dann offenbar egal. Nach dem Motto: Soll er in Marokko oder Afghanistan
Frauen vergewaltigen. Hauptsache, er vermiest mir oder „meinen“ Frauen hier
nicht die Party.
„Straftäter abschieben“ ist eine nationalistische Forderung. Man will den
eigenen, vermeintlich gesunden Volkskörper vor schädlichen Eindringlingen
schützen. Wer nicht hier geboren ist, aber hier straffällig wird, soll also
aus dem Land fliegen. Bei einheimischen Straftätern fordert man das nicht.
Aber wo ist der Unterschied zwischen marokkanischen und deutschen
Vergewaltigern? Wieso sollten die einen für eine so dreckige Tat andere
Konsequenzen treffen als die anderen?
Gerne wird bei dieser Diskussion das Gastrecht-Argument angeführt. Demnach
hat derjenige, der hier straffällig wird, dieses Recht verspielt. Aber
schon das Wort „Gastrecht“ führt in die Irre. Menschen fliehen nicht aus
ihrem Land, um sich woanders als Gäste aufzuhalten, sondern weil sie hier
leben wollen.
Das sollten wir ihnen auch zugestehen, denn erstens sind wir an ihrer
Misere mitschuld, zweitens kann niemand was dafür, wo er geboren wurde. Es
gibt keinen Grund, einen Zufall ausbaden zu müssen. Außerdem: Wenn wir uns
nicht weiterhin mit einer gespaltenen Gesellschaft und rassistischer Gewalt
rumschlagen wollen, bleibt uns nichts anderes übrig, als sie als
vollwertige Gesellschaftsmitglieder zu akzeptieren. Mit allen Rechten und
Pflichten, die auch allen anderen zustehen. Das heißt: Wer vergewaltigt,
geht in den Knast. Und da bleibt er möglichst lange.
Leider ist das Sexualstrafrecht hierzulande lächerlich. Wie kann es sein,
dass Steuerbetrug härter bestraft wird als Vergewaltigung? Die Aufgaben
sollten klar sein: Das Sexualstrafrecht verschärfen und Zuwanderung
ernsthaft ermöglichen.
Katharina Schipkowski
16 Dec 2016
## AUTOREN
Gernot Knödler
Katharina Schipkowski
## TAGS
Pro und Contra
Asylsuchende
Abschiebung
Straftat
Kriminalität
Hamburg
Tugce-Prozess
migControl
Gewalt gegen Frauen
Schwerpunkt Flucht
Köln
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