| # taz.de -- Flüchtlingspolitik in Marokko: Stabil im europäischen Grenzregime | |
| > Marokko spielt seit längerem den Grenzwächter Europas. Zwischenzeitlich | |
| > gab es hier Lebensperspektiven für Migranten. Mittlerweile ist wieder | |
| > Repression angesagt. | |
| Bild: Ein Handschuh im Stacheldrahtzaun zur spanischen Exklave Ceuta in Marokko | |
| Am 7. Juni 2013 unterzeichneten die marokkanische Regierung und die | |
| Europäische Union ein Abkommen über eine sogenannte | |
| Mobilitätspartnerschaft. Dabei handelt es sich um eine jener bilaterale | |
| Vereinbarungen, die derzeit zwischen der Europäischen Union und acht | |
| Staaten bestehen: den Kapverdischen Inseln, der Republik Moldau, Georgien, | |
| Aserbaidschan, Armenien, Tunesien und Marokko. Marokko war der erste | |
| Mittelmeerstaat, der eine solche Vereinbarung einging; am 3. März 2014 | |
| folgte Tunesien. | |
| Hauptgegenstand solcher bilateralen Vereinbarungen sind auf der einen Seite | |
| Visa-Erleichterungen für bestimmte Kategorien von marokkanischen, | |
| tunesischen etc. Staatsangehörigen, denen auf der anderen Seite die | |
| Selbstverpflichtung zur „Rückübernahme“ aus Europa abgeschobener oder dort | |
| unerwünschter Migrantinnen und Migranten gegenübersteht. Im letzteren Falle | |
| geht es nicht nur um die eigenen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, | |
| sondern auch um die Angehörigen von Drittstaaten, die nachweislich über | |
| Marokko gereist waren. | |
| Wie der Menschenrechtsaktivist Ramy Khouili am 27. Oktober 2015 in der | |
| Huffington Post feststellte, ist es hinsichtlich der Visaerleichterungen | |
| bei Absichtserklärungen geblieben, während die Zielsetzungen im Bereich der | |
| „Rückübernahme“ aus Europa zurückgewiesener Migrantinnen und Migranten | |
| einen konkreten und verpflichtenden Charakter aufweisen. | |
| Marokko war lange Zeit ein Land, dessen Staatsbürgerinnen und -bürger | |
| auszuwandern versuchten und sich etwa in Frankreich, Belgien, Spanien und | |
| in den 1970er Jahren zum Teil auch an Rhein und Ruhr in Westdeutschland | |
| niederließen. Nach wie vor versuchen junge Menschen ohne gesellschaftliche | |
| Perspektiven, dem marokkanischen Territorium in Richtung Europa zu | |
| entkommen. Am 1. Dezember 2013 berichtete die marokkanische Onlinezeitung | |
| Bladi.net, laut Angaben des spanischen Innenministers Jorge Fernández Díaz | |
| seien in den Jahren 2002 bis 2012 rund 47.000 marokkanische | |
| Staatsangehörige „illegal“ nach Spanien eingereist. | |
| ## Ceuta und Melilla | |
| Aber wenn das Land an der Nordwestspitze Afrikas heute im Hinblick auf die | |
| Migrationspolitik und das Verhältnis zur EU zum Thema wird, dann geht es | |
| dabei überwiegend nicht um die eigenen Staatsbürger, sondern um | |
| Drittstaatenangehörige, die nach Europa einwandern oder über sein | |
| Territorium nach EU-Europa zu kommen versuchen. | |
| Eine der Außengrenzen der Europäischen Union verläuft durch Marokko. Nicht | |
| zwischen Marokko und der EU, sondern durch Marokko hindurch. Denn zwei | |
| spanische Enklaven – und damit zur EU gehörendes Territorium – liegen auf | |
| marokkanischem Boden. Aus historischen Gründen, die in der | |
| Kolonialgeschichte wurzeln, zählen die beiden Städte Ceuta und Melilla – | |
| beide zählen zusammen rund 170.000 Einwohnerinnen und Einwohner – nach wie | |
| vor administrativ zu Spanien und damit zur EU. | |
| In der Nacht vom 28. zum 29. September 2005 und nochmals in jener vom 5. | |
| zum 6. Oktober 2005 kam es dort, beim ersten Mal an der Außengrenze von | |
| Ceuta und beim zweiten Mal an jener von Melilla, zum Versuch massiver | |
| Grenzübertritte. Mehrere Hundert Migrantinnen und Migranten, meist aus dem | |
| subsaharischen Afrika, versuchten, den bewachten Grenzzaun zu stürmen und | |
| ihn durch ihr gemeinsames Gewicht zum Einsturz zu bringen. Es handelt sich | |
| dabei um eine Technik, die bis heute immer wieder zum Einsatz kommt. Bei | |
| der Niederschlagung dieses kollektiven Grenzübertrittversuchs gab es 14 | |
| Tote. Bis heute wurde kein Verantwortlicher dafür verurteilt, und | |
| marokkanische und spanische Grenzbeamte schoben sich jahrelang stets | |
| gegenseitig die Schuld zu. | |
| ## Razzien als Antwort | |
| Die damaligen Todesfälle von Ceuta und Melilla lösten in mehreren | |
| EU-Ländern eine Diskussion aus um die EU-Außengrenzen, deren vorgebliche | |
| Sicherung und die Inkaufnahme von Todesopfern. Es gab Demonstrationen in | |
| mehreren EU-Ländern, Kampagnen, Diskussionsveranstaltungen und | |
| Buchveröffentlichungen rund um dieses Thema, und dadurch eine verstärkte | |
| Sensibilisierung – in dafür offenen Kreisen – für die Problematik des | |
| mitunter tödlichen Grenzregimes an den EU-Außengrenzen. In Marokko selbst | |
| jedoch hatten die Vorkommnisse ganz andere Folgen. Kurz darauf kam es zu | |
| groß angelegten Razzien und Festnahmen unter subsaharischen Afrikanerinnen | |
| und Afrikanern. | |
| 3.000 von ihnen wurden unter Zwang in Busse verfrachtet und aus der | |
| grenznahen Zone weggebracht. Mindestens 1.000 von ihnen wurden in der Wüste | |
| im Süden Marokkos – etwa in Grenznähe zu Algerien oder aber zu Mauretanien | |
| (in der marokkanische besetzten Westsahara) – ausgesetzt. Eine Tatsache, | |
| die die marokkanischen Behörden jedoch stets leugneten. Nichtsdestotrotz | |
| setzten dieselben Behörden dann, einmal unter internationalen Druck | |
| geraten, Suchtrupps ein, um die Ausgesetzten wieder aufzufinden, bevor sie | |
| verdursteten. Es gilt zwar unter Beobachterinnen und Beobachtern als in | |
| hohem Maße wahrscheinlich, dass es dabei zu Todesfällen kam, die Behörden | |
| Marokkos streiten dies freilich kategorisch ab. | |
| Auch später noch fanden solche Rückschiebeaktionen in die wüstenhaften | |
| Grenzregionen im Süden Marokkos statt, etwa im Dezember 2006. Doch in | |
| diesem Falle erstatteten 42 Migranten, 36 Männer und sechs Frauen – denen | |
| mittlerweile vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR der offizielle | |
| Flüchtlingsstatus zuerkannt worden war – im Nachhinein Anzeige. Mit Hilfe | |
| der spanischen Nichtregierungsorganisation „Kommission für | |
| Flüchtlingshilfe“ trugen sie die Angelegenheit vor das Anti-Folter-Komitee | |
| der UN. Die marokkanische Onlinezeitung Ya biladi(übersetzt: „Du, mein | |
| Land“) kündigte am 8. April 2013 eine Untersuchung des Vorgefallenen durch | |
| ebendieses Komitee an. | |
| Am 24. Juli 2013 fand eine weitere Großrazzia unter subsaharischen | |
| Migrantinnen und Migranten im nordmarokkanischen Tanger – insbesondere im | |
| Stadtteil Boukhalef – statt. 700 Menschen wurden festgenommen, in Busse | |
| verfrachtet und dieses Mal nicht in die Wüste im Süden, sondern „nur“ ins | |
| mehrere Hundert Kilometer entfernte Oujda im Osten Marokkos geschafft. Ein | |
| 39-jähriger Kongolese namens Toussaint-Alex Mianzoukouta, Französischlehrer | |
| an einer Privatschule in Rabat und in Besitz eines gesetzlichen | |
| Aufenthaltstitels für Marokko, wurde bei heftigen Auseinandersetzungen mit | |
| der Polizei aus einem fahrenden Bus geschleudert und mit schweren | |
| Verletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert. Nachdem er mehrere Tage im | |
| Koma gelegen hatte, wurde am 05. August 2013 sein Tod bekannt gegeben. | |
| ## Rabat „schläft“ | |
| Im Jahr 2006 begann eine verstärkte Einbeziehung Marokkos in das | |
| Grenzregime der Europäischen Union. Am 10. und 11. Juli 2006 wurde durch | |
| eine Ministerkonferenz in der Hauptstadt Rabat mit dem Titel | |
| „Euro-afrikanische Ministerkonferenz zu Migration und Entwicklung“ der | |
| sogenannte Rabat-Prozess gestartet. An ihm nehmen insgesamt gut fünfzig | |
| west- und nordafrikanische Staaten sowie Mitgliedsländer der EU teil. Die | |
| beteiligten Staaten halten gemeinsame Konferenzen ab, auf denen über | |
| Flucht- und Migrationsursachen debattiert wird und darüber beraten soll, | |
| wie durch „verbesserte Entwicklungszusammenarbeit“ der irregulären | |
| Auswanderung vor Ort Einhalt geboten werden könne. In der Praxis erwies | |
| sich dieses Vorhaben stets nur als Feigenblatt. | |
| Mit über fünfzig teilnehmenden Staaten ist der ›Rabat-Prozess‹ vielleicht | |
| zu schwerfällig, um konkrete Ergebnisse zu zeitigen. Auf Folgekonferenzen | |
| am 25. November 2008 in Paris im Rahmen der damaligen französischen | |
| EU-Ratspräsidentschaft sowie am 23. November 2011 in der senegalesischen | |
| Hauptstadt Dakar wurde der Versuch unternommen, die Zusammenarbeit zu | |
| vertiefen. Wesentliche Entscheidungen über das transnationale | |
| Migrationsregime wurden jedoch weiterhin eher im bilateralen Verhältnis | |
| zwischen Staaten oder zwischen der EU und einzelnen Staaten des Südens, als | |
| in diesem multilateralen Rahmen getroffen. Die Leitmedien in Frankreich | |
| bezeichneten den „Rabat-Prozess“ im Jahr 2015 als „eingeschlafen“. Zurz… | |
| versuchen jedoch die treibenden Kräfte in der EU, diesen Prozess zu | |
| reaktivieren, und weitere Staaten in Afrika in das Regime der | |
| Migrationskontrolle einzubeziehen, u.a. mit dem „Khartum-Prozess“ seit 2014 | |
| und der Valletta-Konferenz vom November 2015. | |
| In Teilen der marokkanischen Gesellschaft besteht, im Zusammenhang mit der | |
| Anwesenheit von Migrantinnen und Migranten, ein deutliches | |
| Rassismusproblem. Es ist zum Teil mit religiösen Ressentiments besonders | |
| gegen afrikanische Nichtmuslime verquickt. | |
| In einem Interview für das marokkanische Infoportal H24info vom 14. Juli | |
| 2013 erklärte Hicham Rachidi, Generalsekretär der in Rabat ansässigen | |
| antirassistischen Menschenrechtsvereinigung GADEM, seit dem Jahr 2006 habe | |
| seine Gruppierung beobachtet, „dass in mehreren Fällen subsaharische | |
| Migranten, die auf Polizeiwachen Strafanzeige wegen Diskriminierung oder | |
| rassistischer Äußerungen erstatten wollten, verhaftet wurden“. Zugleich | |
| kritisierte er die Polizei dafür, dass sie bei Aktionen, in denen gezielt | |
| gegen „illegale“ Einwanderung vorgegangen werden sollte, in bestimmten | |
| Stadtteilen von Rabat, Casablanca, Fes, Nador und Oudja „regelrechte Jagden | |
| auf Schwarze“ organisiert habe. | |
| ## Gewalttätiger Rassismus | |
| Am 12. August desselben Jahres wurde der dreißigjährige senegalesische | |
| Staatsbürger Ismaila Faye, am Busbahnhof von Rabat infolge eines Streits | |
| mit einem „einheimischen“ Marokkaner um einen Platz im Bus erstochen. | |
| Mehrere marokkanische Medien sprachen daraufhin von einem | |
| „fremdenfeindlichen“ Verbrechen; während der kamerunische Staatsbürger Er… | |
| Williams – Aktivist einer Geflüchtetenvereinigung – erklärte, innerhalb | |
| einer Woche hätten fünfzehn rassistische Übergriffe auf Migrantinnen und | |
| Migranten in Marokko stattgefunden, und der Mord bilde nur ihren tragischen | |
| Höhepunkt. Am 19. August 2013 demonstrierten daraufhin rund 300 Menschen in | |
| der marokkanischen Hauptstadt Rabat und erwiesen Ismaila Faye die letzte | |
| Ehre. In den sozialen Netzwerken prangerten auch viele Marokkanerinnen und | |
| Marokkaner den Rassismus gegen Schwarze in ihrem Lande an. Am | |
| Spätnachmittag des 14. September 2013 fand eine Sitzkundgebung gegen den | |
| Rassismus vor dem marokkanischen Parlament statt, ihr ging am 11. September | |
| eine Konferenz in den Räumen der Anwaltsvereinigung voraus. | |
| Zum ersten Mal in der Geschichte Marokkos fand vom 21. März bis zum 20. | |
| Juni 2014 eine breit angelegte Antirassismuskampagne mit kulturellen | |
| Aktivitäten und Veranstaltungen statt. Sie stand unter dem offiziellen | |
| Motto „Je ne m’appelle pas Azzi“ („Ich heiße nicht ’Azzi“, unter B… | |
| ein rassistisches Schimpfwort) und wurde durch ein Bündnis aus | |
| zivilgesellschaftlichen Organisationen unterstützt, die sogenannte | |
| „Koordinationsstelle für ein Aufenthaltsrecht für Alle“. Auch eine Reihe | |
| von Intellektuellen unterstützte die Kampagne. Augenscheinlich hat sie ein | |
| Stück weit dazu beigetragen, die Mentalität im Land zu ändern oder | |
| zumindest rassistische Gewissheiten infrage zu stellen. Seitdem ist offen | |
| auftretender Rassismus, wie er im Sommer und Herbst 2013 ungeschminkt zu | |
| Tage trat, kaum noch zu verzeichnen. Ein Glücksfall für die Kampagne war, | |
| dass sie zeitlich mit der Legalisierungsoperation der marokkanischen | |
| Regierung für illegale Einwanderinnen und Einwanderer zusammenfiel, auch | |
| wenn diese nicht ursächlich für die Kampagne war. Vor diesem Hintergrund | |
| konnte sie im fraglichen Zeitraum jedoch zumindest mit einer gewissen | |
| behördlichen Toleranz rechnen. | |
| ## Legalisierung und Abschiebung | |
| Am 21. März 2016 startete die Coordination eine ähnliche Kampagne, | |
| gemeinsam mit Partnerverbänden in Algerien, Tunesien und Mauretanien, unter | |
| dem Titel „Maghrebweite Kampagne gegen Rassendiskriminierung“ und forderte | |
| die Verabschiedung von Anti-Rassismus-Gesetzen in allen Ländern des | |
| Maghreb. | |
| Eine Besonderheit der marokkanischen Entwicklung liegt darin, dass die | |
| Behörden des Landes im Herbst 2013 eine mehr oder minder breit angelegte | |
| „Legalisierungspolitik“ für auf dem Boden des Landes lebende Migrantinnen | |
| und Migranten einleiteten. Der in den französischsprachigen amtlichen | |
| Dokumenten benutzte Begriff war jener der régularisation, der auch in | |
| Frankreich benutzt wird, um eine Maßnahme zu beschreiben, durch welche | |
| bisherige Sans papiers oder „undokumentierte Einwanderer“ Aufenthaltstitel | |
| erhalten. Im ersten Halbjahr 2013 waren laut Zahlenangaben der | |
| Marokkanischen Vereinigung für Menschenrechte (AMDH) insgesamt 6.406 | |
| Migrantinnen oder Migranten aus Marokko abgeschoben worden. Und noch am 23. | |
| September 2013 war durch einen Artikel in der Tagszeitung El Pais bekannt | |
| geworden, dass die spanische Regierung den marokkanischen Behörden Hilfe | |
| bei der Abschiebung von „illegalen“ Migranten aus dem Norden Marokkos – u… | |
| damit Regionen in der Nähe der spanischen Grenze – angeboten hatte. | |
| Die nun erfolgte Entscheidung zur Legalisierung ihres Aufenthaltsstatus | |
| trug letztlich der Tatsache Rechnung, dass Zehntausende Migrantinnen und | |
| Migranten faktisch in dem nordafrikanischen Land seit Jahren ihren | |
| Lebensmittelpunkt haben. Dass sie dort arbeiten, sich ärztlich behandeln | |
| lassen und ihre Kinder dort zur Schule schicken. | |
| In den ersten Monaten nach Beginn der „Operation“ wurde dabei der | |
| Aufenthalt von 6.000 Menschen legalisiert. Insgesamt wurden während der | |
| rund anderthalbjährigen Dauer dieser Politik rund 14.000 Aufenthaltstitel | |
| vergeben. Dies betraf überwiegend subsaharische Afrikanerinnen und | |
| Afrikaner, doch bezog der Palast zugleich auch sich illegal in Marokko | |
| aufhaltende Europäerinnen und Europäer explizit in die Maßnahme mit ein. | |
| Vor allem aus dem Süden des Krisenstaats Spanien waren in den letzten | |
| Jahren nicht wenige Menschen nach Nordmarokko ausgewandert, um dort ihr | |
| Glück zu versuchen. | |
| ## Plötzliches Ende | |
| Doch diese ganze Politik stand auch sonst von Anfang an im Zeichen einer | |
| großen Ambivalenz. Denn einerseits bedeutete sie eine erhebliche | |
| Erleichterung für Menschen, die oftmals seit Jahren in Marokko lebten und | |
| dort regelmäßig auch arbeiteten; zum Beispiel, weil sie auf längere Sicht | |
| in dem Maghrebstaat festsaßen, obwohl ihr ursprüngliches Reiseziel eher | |
| Europa gewesen war. Andererseits verband die EU – die im Allgemeinen einen | |
| erheblichen Druck auf Marokko ausübt, um es zur Erreichung eigener | |
| migrationspolitischer Vorgaben zu bewegen – diese Politik von Anfang an mit | |
| der Zielsetzung, der Ein- oder Weiterreise in Richtung Europa einen Riegel | |
| vorzuschieben, indem man „unterwegs“ eine alternative Perspektive anbot. Am | |
| 9. Februar 2015 beendete das marokkanische Regime seine bisherige | |
| Legalisierungspolitik, unvermittelt, jäh und abrupt. Ihr Ende wurde durch | |
| eine Pressekonferenz von Innen-Staatssekretär Charki Draiss eingeläutet. | |
| Zwei Stunden später begannen Großrazzien in Migrantencamps und | |
| Festnahmeaktionen in den Wäldern um die Stadt Nador, insbesondere rund um | |
| den berühmt gewordenen Hügel Gourougouru. 1.200 bis 1.250 Menschen wurden | |
| festgenommen und auf von der Grenze entfernte Städte, oft im Süden des | |
| Landes, verteilt. Zehn Tage später befanden sich noch immer 450 von ihnen | |
| in polizeilichem oder Abschiebegewahrsam. Für zehn Herkunftsländer wurden | |
| Versuche von Gruppenabschiebungen eingeleitet; nicht immer erfolgreich, da | |
| nicht alle Konsulate dieser Staaten spontan „kooperierten“. | |
| Auch die Praxis, im Norden Marokkos aufgegriffene Migrantinnen und | |
| Migranten – zum Zweck ihrer räumlichen Entfernung von Außengrenzen der EU �… | |
| in den wüstenhaften Süden des Landes zu verfrachten, wurde wieder | |
| aufgenommen. So wurden am 05. November 2015 rund 100 Geflüchtete in Tanger | |
| aufgegriffen und in die Nähe der südmarokkanischen Stadt Tiznit gebracht. | |
| Ähnliches hatte sich bereits Anfang Oktober 2015 ereignet. | |
| Nach einigen hoffnungsvoll wirkenden Ansätzen, zu ihnen zählte die | |
| „Legalisierungsoperation“ im Jahre 2013, hat sich die Situation für | |
| Migranten in Marokko wieder sichtbar und drastisch verschlechtert. Dies | |
| wird die Europäische Union nicht daran hindern, Marokko weiterhin als | |
| führenden „Partner“ auf dem Gebiet der Migrationskontrolle zu behandeln. | |
| Am 12. Dezember 2016 kündigten die marokkanischen Behörden unterdessen an, | |
| es werde eine zweite „Legalisierungsperiode“ ähnlich der 2013/14 | |
| durchgeführten geben, und diese werde noch vor Jahresende starten. In einem | |
| Kommuniqué des marokkanischen Innenministeriums vom 12.12.16 wurde darauf | |
| Bezug genommen, dass während der in den Wochen zuvor durchgeführten Tournee | |
| des marokkanischen Königs Mohammed VI in West- und Ostafrika (u.a. Senegal, | |
| Mali, Rwanda Tansania, Äthiopien) die dortigen Staatschefs die | |
| Legalisierungspolitik seines Landes begrüßt hätten. | |
| Die Besuchsreise diente vor allem dazu, die Rückkehr Marokkos in die | |
| Afrikanische Union (AU) vorzubereiten, der Marokko zuvor wegen des | |
| Konflikts um die besetzte Westsahara den Rücken gekehrt hatte, und eine | |
| expansive Wirtschaftspolitik Marokkos auf dem Kontinent in die Wege | |
| leitete. Die Migrationspolitik Marokkos wird nunmehr zum Bestandteil dieser | |
| neuen politischen Beziehungen erhoben. | |
| 12 Dec 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernard Schmid | |
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