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# taz.de -- Flüchtlinge in Österreich: Obergrenze unterschritten
> Österreich hat eine Obergrenze für Flüchtlinge von 37.500 eingeführt,
> doch es kamen weit weniger. Nun beginnt der Streit: Soll die Grenze in
> die Verfassung?
Bild: Richtungsweisend: Österreichs Entscheidung für eine Obergrenze wirkte a…
Wien dpa | In einem Jahresrückblick darf er nicht fehlen: Der Moment, als
der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und sein Vizekanzler
Reinhold Mitterlehner (ÖVP) am 20. Januar eine Obergrenze bei der Aufnahme
von Flüchtlingen verkündeten.
Der „eher symbolische Akt“, der die Handlungsfähigkeit der oft
zerstrittenen Koalition von sozialdemokratischer SPÖ und konservativer ÖVP
unterstreichen sollte, war Ausgangspunkt für eine einschneidende
Entwicklung, wie die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle sagt: Die Länder
auf der Balkanroute schlossen – im Bewusstsein, dass Österreich am Ende der
Strecke nicht mehr durchwinkt – weitgehend ihre Grenzen für Migranten.
Völkerrechtlich ist die Obergrenze von 37.500 Asylverfahren angreifbar,
politisch bleibt sie ein starkes Signal.
„Wir wollen eine Kettenreaktion der Vernunft“, beschrieb die damalige
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) das Ziel. Österreich hatte mit
seiner „Abschreckungskultur“ die Gegenposition zum deutschen Warten auf
eine europäische Lösung eingenommen. Erst später gelang mit dem Türkei-Deal
eine weitere Entspannung der Lage.
Ein Signal, das auch bei der Wahl des österreichischen Bundespräsidenten im
Dezember eine Rolle spielte: Die lange Zeit als Drohkulisse wirkende
Flüchtlingskrise scheint nun beherrschbar. Die Obergrenze wird 2016 in
Österreich nach Angaben des Innenministeriums gar nicht erreicht. In der
Folge sind die Bürger nun weniger alarmiert. Und Alexander Van der Bellen,
Anhänger der Willkommenskultur, wurde der Einzug in die Hofburg
erleichtert. Der Kandidat der rechtspopulistischen FPÖ, Norbert Hofer,
listete die Nachteile einer Zuwanderung zwar auf, aber der
regierungsamtliche Anti-Willkommens-Kurs hatte seiner Botschaft ihre
Dramatik genommen.
Bis Anfang Dezember waren in diesem Jahr laut Innenministerium 32.500
Asylverfahren zugelassen worden. Insgesamt wollten 40.000 Flüchtlinge Asyl.
Das ist in etwa eine Halbierung der Zahl im Vergleich zum Ausnahmejahr
2015. „Die Menschen kommen auf individuellen Wegen, sie sind nicht mehr
einzelnen Routen zuzuordnen“, sagt ein Sprecher des Innenministeriums.
Aktuell bitten etwa 2.500 Menschen jeden Monat um eine Zuflucht in der
Alpenrepublik. 2017 sinkt die Obergrenze auf 35.000 Asylverfahren.
Höchste Zeit also, den rechtlichen Rahmen festzuzurren. Um den Asylbehörden
eine Ablehnung des Antrags des 35.001. Asylbewerbers zu ermöglichen, muss
laut Ministerium die Obergrenze letztlich in der Verfassung verankert
werden. Darüber streiten aber die Koalitionäre.
Die Obergrenze ist in der Regierungspartei SPÖ höchst umstritten. Der seit
Mai regierende Kanzler und SPÖ-Vorsitzende Christian Kern hat sich vielfach
– wenn auch moderat im Ton – zur Begrenzung der Zuwanderung bekannt. „Kern
macht die Türen auf in Richtung Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ“, sagt
dazu Politologin Stainer-Hämmerle.
Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl und mit ihm große Teile des äußerst
einflussreichen SPÖ-Landesverbands in der Hauptstadt geben sich aber noch
weltoffen und migrationsfreundlich: Für sie kommt eine Zusammenarbeit mit
der FPÖ nicht infrage.
## Umgang mit Flüchtlingen wird Wahlkampfthema
Auf der Seite der ÖVP gilt Außenminister Sebastian Kurz, europaweit einer
der Steuermänner des Anti-Migrations-Kurses, als Garant für eine
Kooperation mit der FPÖ. Nur: Der ÖVP-Vorsitzende heißt noch Reinhold
Mitterlehner, der sich derzeit stark von der FPÖ abgrenzt.
Das erste Jahr mit Obergrenze war nur der Start einer schrittweisen
Verschärfung. Nach maximal 35.000 Asylverfahren im kommenden Jahr sinkt
deren Zahl 2018 auf 30.000. Allerdings wird diese Politik von einer neuen
Regierung verantwortet werden müssen, da spätestens im Herbst 2018 gewählt
wird. Der Umgang mit der Flüchtlingskrise – und mit der äußerst populären
FPÖ – wird sicher ein Top-Wahlkampfthema.
13 Dec 2016
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