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# taz.de -- Rückzug von Erwin Pröll: Seine Majestät dankt ab
> Der mächtige Landeshauptmann von Niederösterreich verlässt die politische
> Bühne. Das könnte seine konservative ÖVP schwächen.
Bild: Alt und Neu: Johanna Mikl-Leitner und Erwin Pröll
Wien taz | Vom Abtreten des „Fürsten“ zu sprechen, war manchen Blättern zu
wenig, sie titelten mit der Abdankung des „Kaisers“. Mit Erwin Pröll wird
der starke Mann der konservativen ÖVP Österreichs politische Bühne
verlassen. Fast ein Vierteljahrhundert hatte er das flächenmäßig größte
Bundesland regiert. Ewas überraschend hatte der Landeshauptmann von
Niederösterreich am Montag bekannt gegeben, dass er beim Landesparteitag im
März nicht mehr für den Parteivorsitz kandidieren werde. Auch als
Landeshauptmann werde er abtreten.
Seine Nachfolgerin soll die bisherige Finanzlandesrätin Johanna
Mikl-Leitner werden. Man kennt sie aus der Bundespolitik und selbst in
Brüssel als scharfe Innenministerin, die „aus Europa eine Festung machen“
will.
Im Dezember, als Pröll seinen 70. Geburtstag feiern ließ, hatte er sich
noch keine Amtsmüdigkeit anmerken lassen. Noch am Wochenende wies er jede
Spekulation über einen bevorstehenden Abgang zurück. Offenbar wollte er
auch vermeiden, dass sein Rückzug mit Enthüllungen über seine
Privatstiftung zusammengedacht wird.
[1][Die Stadtzeitung Falter] hatte letzte Woche über die Dr. Erwin Pröll
Privatstiftung berichtet. Zu seinem 60. Geburtstag hatte der
Landeshauptmann private Spenden in Höhe von 150.000 Euro bekommen. Damit
gründete er eine gemeinnützige Stiftung. In den folgenden Jahren wurde sie
wiederholt auf einstimmigen Beschluss des Landtags mit öffentlichen Geldern
dotiert. 300.000 Euro sind schon geflossen. Eine weitere Million wurde für
die Überweisung bewilligt.
Dass Erwin Pröll gleichzeitig Stifter, Stiftungsvorstand und Chef des
Subventionsgebers ist, hat ein deutliches Geschmäckle und wurde genauso
kritisiert wie die völlige Intransparenz der Verwaltung. Eine Anfrage der
Grünen im Landtag war „aus Datenschutzgründen“ abgeschmettert worden. Die
ÖVP reagierte cholerisch bis hysterisch. Innenminister und Pröll-Zögling
Wolfgang Sobotka warf dem Falter „Fake News“ vor, konnte aber keine
sachlichen Fehlinformationen nennen.
## ÖVP könnte selbst als Juniorpartner uninteressant werden
Auch Pröll zeigte sich gereizt. Die Verwaltung der Stiftung ist
sympthomatisch für Prölls Amtsverständnis. Oppositionelle bezeichnen die
Zustände im St. Pöltner Landhaus als „vordemokratisch“. In keinem
Bundesland hat die Opposition weniger Rechte. Kritik an Pröll gilt als
Majestätsbeleidigung.
Seine Personalwünsche drückte er auch in Wien durch. Zuletzt 2016, als er
Innenministerin Mikl-Leitner nach St. Pölten holte und seinen
Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka zum Innenminister machte.
[2][Das Landesstudio des ORF] in St. Pölten gebärdet sich oft als
Pröll-Huldigungsverein. Pröll hat auch die Landeshauptmännerkonferenz zu
einem mächtigen Gremium gemacht. Vor dem geballten Widerstand der
Landeschefs ist jeder Finanzminister mit Einsparungsplänen auf Landesebene
in die Knie gegangen.
Unbestritten sind Prölls Verdienste um die Kultur. Er hat Niederösterreich
als Wirtschaftsstandort eingebracht und aufgewertet. Auch deswegen ist es
das letzte Bundesland, wo eine Partei mit absoluter Mehrheit regieren kann.
Absehbar wird sich das nach den Landtagswahlen im Frühjahr 2018 ändern.
Denn Pröll hat auch Fans unter Künstlern und deklarierten Liberalen.
Niemand traut Mikl-Leitner zu, auf Anhieb ähnliche Zustimmung zu bekommen.
Das wird auch für die ÖVP insgesamt nicht ohne Folgen bleiben. In Umfragen
krebst die machtverliebte Partei bei 19 Prozent herum. Ohne das Zugpferd
Pröll könnte die Partei bei den nächsten Nationalratswahlen selbst als
Juniorpartner für eine Koalition uninteressant werden.
19 Jan 2017
## LINKS
[1] https://www.falter.at/
[2] http://orf.at/
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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