Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt: Breitscheidplatz, 20.02 Uhr
> Nach dem Anschlag in Berlin müssen die Ermittler mit Annahmen arbeiten.
> Ein anfänglich Verdächtiger wurde wieder freigelassen.
Bild: Das Zeichen der Gewalt: eine zerstörte Weihnachtsbude auf dem Breitschei…
BERLIN taz | Viel Glück habe Deutschland bislang gehabt, hieß es in den
vergangenen Monaten aus den Sicherheitsbehörden immer wieder, wenn es um
die Gründe ging, warum es in Deutschland in den vergangenen Jahren noch
keinen großen Anschlag gegeben hat. Am Montagabend war es mit dem Glück
vorbei.
Gegen 20 Uhr steuerte ein Mann einen dunkelgrauen, mit Stahlträgern
beladenen Sattelschlepper mit Danziger Kennzeichen in Richtung
Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche unweit des Bahnhofs Zoo. Der Markt
war fünf Tage vor Heiligabend gut besucht. Um 20.02 Uhr fuhr der schwere
Lkw vom Typ Scania in die Einfahrt des Markts, rammte sich dann 60 bis 80
Meter über den Markt, zerstörte Buden und erfasste Menschen, bis er auf der
Budapester Straße zum Stehen kam. Zwölf Menschen starben, 45 wurden
verletzt, 30 von ihnen schwer.
Einer der Toten: der ursprüngliche Fahrer des Lkws, ein 37-jähriger Pole.
Er wurde erschossen auf dem Beifahrersitz des Sattelschleppers gefunden.
Der Mann hinterlässt eine Frau und einen 17-jährigen Sohn.
„Wir haben keinen Zweifel mehr, dass es sich um einen Anschlag gehandelt
hat“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Mittag. Von
Terroranschlag aber wollte der Minister auch auf Nachfrage nicht sprechen.
Man müsse die weiteren Ermittlungen abwarten, so de Maizière.
Generalbundesanwalt Peter Frank, der die Ermittlungen am Morgen an sich
gezogen hatte, ging am Nachmittag weiter: „Wir müssen von einem
terroristischen Hintergrund ausgehen“, sagte Frank in Berlin. Dafür spreche
nicht nur die Ähnlichkeit zum Anschlag in Nizza vom Juli, bei dem durch ein
Attentat mit einem Lkw an der Uferpromenade 86 Menschen ums Leben gekommen
waren. Zu dem Anschlag hatte sich die Terrororganisation „Islamischer
Staat“ bekannt. Für einen terroristischen Hintergrund spreche , so Frank,
ebenso das prominente und symbolische Ziel des Weihnachtsmarkts und dass
der Tathergang mit dem Lkw so sei, wie von islamistischen
Terrororganisationen empfohlen.
Das sei allerdings nur eine „Arbeitsgrundlage“. Da bislang aber noch kein
Bekennervideo vorliege und die Ermittlungen noch laufen, könne man noch
keine endgültigen Aussagen machen. „Wir müssen letztlich in alle Richtungen
ermitteln“, so Frank.
## Noch auf freiem Fuß
Am Dienstagabend wurde der Verdächtige, den die Polizei am Montagabend
festgenommen hatte, wieder freigelassen. „Die bisherigen
Ermittlungsergebnisse ergaben keinen dringenden Tatverdacht gegen den
Beschuldigten“, teilte Frank in Karlsruhe mit. Eine Anwesenheit des
Beschuldigten während des Tatgeschehens im Führerhaus des bei der Tat
eingesetzten Lkw könne bislang nicht belegt werden.
Das heißt: Der wirkliche Täter ist noch auf freiem Fuß und hat vielleicht
eine Pistole bei sich. „Es ist so, dass wir möglicherweise noch einen
gefährlichen Straftäter im Raum haben“, sagte Berlins Polizeipräsident
Klaus Kandt. Er rief zu erhöhter Wachsamkeit auf. Die Pistole des Täters
war bis zum Abend noch nicht gefunden.
„Wir sind hoch alarmiert“, sagte BKA-Präsident Holger Münch. Die
Gefährdungslage bleibe wie vor dem Anschlag unverändert hoch. Der BKA-Chef
warnte vor möglichen Folgeattentaten. In zeitlicher Nähe zu einem solchen
Anschlag sei mit einem „erheblichen weiteren Attentatsrisiko“ zu rechnen.
Versucht man, die Informationen, die am Dienstag stückchenweise bekannt
wurden, zusammenzusetzen, ergibt sich folgendes Bild: Der Sattelschlepper,
mit dem der Anschlag begangen wurde, stammt aus einer Spedition in der Nähe
von Stettin in Polen. Nach Angaben von Ariel Żurawski, dem Inhaber der
Spedition, sollte der Fahrer, sein 37-jähriger Cousin, eine
Stahlkonstruktion mit einem Gewicht von 25 Tonnen von Italien nach Berlin
befördern.
Der Firmeneigentümer erklärte, dass er den letzten Kontakt zu seinem Cousin
am Montag um 12 Uhr gehabt habe, ab 16 Uhr soll er nicht mehr ans Telefon
gegangen sein. Der Lkw soll am Nachmittag in der Nähe der Berliner
Ausländerbehörde am Friedrich-Krause-Ufer im Bezirk Tiergarten gestanden
haben. Die polnische Spedition teilte inzwischen mit, dass die
GPS-Auswertung zeige, dass um 15.44 Uhr und um 16.52 Uhr versucht worden
sei, den Lkw zu starten. Um 19.34 habe sich der Sattelschlepper schließlich
in Bewegung gesetzt. Wer ihn nun fuhr, ist bislang nicht bekannt.
## Keine brauchbare Personenbeschreibung
Von dem Täter gibt es nach Angaben der Polizei keine brauchbare
Personenbeschreibung. „Im ersten Anlauf hatten wir da nicht viel“, so
BKA-Chef Münch.
Am Dienstagmorgen identifizierte der polnische Spediteur seinen Cousin
aufgrund von Polizeiaufnahmen. Auf dem Foto, das Zurawski Journalisten
zugänglich machte, ist das Gesicht zu sehen: stark angeschwollen, voller
blauer Flecke und blutverkrustet. Später hieß es, dass der Fahrer auch
Stichwunden davongetragen habe, für seinen Tod aber eine Schussverletzung
verantwortlich sei. Die Polizei wollte aus ermittlungstaktischen Gründen
keine Angaben darüber machen, wie genau der Pole aufgefunden worden war.
Über die Opfer des Anschlags ist bislang kaum etwas bekannt. Sechs der
Toten seien identifiziert, sagte BKA-Chef Münch. Sie alle seien deutsche
Staatsbürger.
Am Dienstag blieben die Berliner Weihnachtsmärkte geschlossen. Innensenator
Andreas Geisel hatte darum gebeten, aus Gründen der Rücksichtnahme auf die
Opfer und deren Angehörige auf eine Öffnung zu verzichten. Grundsätzlich
sollen die Märkte jedoch nach einer Verständigung de Maizières mit den
Innenministern der Länder bundesweit geöffnet bleiben. Vor Ort würde
entschieden, ob zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen notwendig seien.
Mit Ausnahme des Marktes am Breitscheidplatz sollen sie in den kommenden
Tagen auch in Berlin wieder öffnen. Sie werden nun mit Betonpollern und
anderen Absperrungen gesichert. Außerdem werden Polizisten an den Zugängen
postiert.
Auch die große Silvesterfeier am Brandenburger Tor soll stattfinden.
Allerdings werde das Sicherheitskonzept gründlich überarbeitet, kündigte
Geisel an. Insgesamt wurde die Polizeipräsenz in der Hauptstadt deutlich
erhöht. Polizeipräsident Klaus Kandt sprach von einer „robusten Präsenz“:
Die Beamten tragen Schutzwesten und Maschinenpistolen.
Der Beitrag wurde um 19.20 Uhr aktualisiert.
20 Dec 2016
## AUTOREN
Sabine am Orde
Pascal Beucker
## TAGS
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Berlin
Anschlag
Weihnachtsmärkte
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Medienethik
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wochenvorschau für Berlin: Adventszeit ist Gedenkzeit
Das Weihnachtsshopping läuft und alles wird besinnlicher, wäre da nicht der
Terroranschlag vom Breitscheidplatz, der sich am Dienstag jährt.
Fahndung nach Anschlag in Berlin: Verdächtiger wurde observiert
Die Ermittler fahnden offiziell nach dem tunesischen Tatverdächtigen Anis
A. In der Hauptstadt wurde er über Monate überwacht – ohne Ergebnis.
Suche nach dem Berlin-Attentäter: „Dass IS sich bekennt, ist kein Beweis“
Die Polizei fahndet weiter nach dem Attentäter vom Breitscheidplatz. Vieles
ist noch unklar, auch, ob wirklich der IS einen direkten Bezug zur Tat hat.
Berlin im Visier von Terroristen: „Bald in Berlin“
Sicherheitsbehörden befürchteten schon lange einen Anschlag wie am Berliner
Breitscheidplatz. Nun herrscht dort die Angst vor Folgetaten.
Psychologin über Kinder und Terror: „Jedes Gefühl ist erstmal richtig“
Notfallpsychologin Ria Uhle erklärt, wie Eltern ihre Kinder vor dem Terror
schützen, ihnen die Angst vor weiteren Anschlägen nehmen.
Kommentar Anschlag in Berlin: Gelassenheit als Gegenwehr
In Berlin ist geschehen, was lange zu befürchten stand. Jetzt Nutzen aus
der brutalen Tat ziehen zu wollen, ist widerlich.
Berichterstattung über Lkw-Anschlag: Wir sind vorsichtiger geworden
In diesem Jahr gab es viel Kritik an der Berichterstattung der Medien. Wie
haben sie sich am Montagabend geschlagen?
Berlin nach dem Terroranschlag: Offen bleiben, aus Trotz
Er sei heute besonders freundlich, sagt der tunesische Busfahrer. Wie die
Hauptstadt auf die Gewalt reagiert.
Umgang mit Angriff auf Weihnachtsmarkt: Berlin bleibt angemessen
Beim Amoklauf in München steht eine ganze Stadt still, ein riesiger
Polizeieinsatz läuft ab. In Berlin zeigt sich jetzt: Die Stadt bewahrt
Ruhe.
Sicherheitsgefühl nach dem Anschlag: Dann hätte jemand angerufen
Nach einem Blick aus dem Fenster stellt sich Berlin friedlich dar. Im
Internet herrscht dagegen Panik. Und was stimmt jetzt?
Kommentar zum Dilemma der Polizei: Bloß keine Panik schieben
Am Dienstagnachmittag stellte sich heraus, dass der Täter des Anschlags auf
den Weihnachtsmarkt vielleicht noch auf freiem Fuß ist.
Regierung zur Tat in Berlin: Kein Zweifel mehr an Anschlag
Die Ermittlungen laufen noch auf Hochdruck. Doch die Bundesregierung geht
mittlerweile mit Sicherheit von einem Anschlag aus.
Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt: Offenbar der Falsche festgenommen
Laut Generalbundesanwalt und Berliner Polizei gibt es Zweifel, dass der
Festgenommene der Täter ist. Die Sicherheitsbehörden gehen von einem
Anschlag aus.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.