# taz.de -- Neue Vorwürfe im Abgasskandal um VW: Absprache mit Autobauern | |
> Laut EU-Kommission ist Deutschland zu nachsichtig mit der Autoindustrie. | |
> Verschwanden Unternehmen zuliebe kritische Passagen aus einem | |
> Untersuchungsbericht? | |
Bild: Der erhöhte Schadstoffausstoß bei VW ist im deutschen Autoland voll okay | |
Berlin dpa | Nach dem Ärger aus Brüssel wegen angeblicher Versäumnisse im | |
Abgas-Skandal erhebt die Opposition neue Vorwürfe gegen das | |
Kraftfahrt-Bundesamt (KBA). Die Aufsichtsbehörde habe Einschätzungen von | |
Fachleuten, die illegale Abschalteinrichtungen in Autos vermuteten, aus | |
einem umstrittenen Untersuchungsbericht „einfach tilgen“ lassen, sagte der | |
Grünen-Verkehrspolitiker Oliver Krischer. | |
Anlass sind Recherchen von „Spiegel Online“, „BR Recherche“ und der | |
Deutschen Presse-Agentur, nach denen in Entwurfsversionen des | |
Untersuchungsberichtes in Texten zu 14 PKW-Modellen Zweifel an der | |
Zulässigkeit der Abschaltung der Abgasreinigung formuliert wurden. | |
Zwar sind in der Endfassung des Berichts vom April die 14 Modelle einer | |
Gruppe zugeordnet, deren Stickoxid-Werte im Abgas „technisch nicht | |
ausreichend erklärbar schienen“. Aus den Beschreibungen der einzelnen | |
Modelle wurden die Passagen allerdings gestrichen. | |
[1][Wie eng das KBA und die Hersteller für den Untersuchungsbericht | |
zusammenarbeiteten], ging im November aus E-Mails hervor, deren Inhalt die | |
Deutsche Presse-Agentur, „Spiegel Online“ und „BR Recherche“ einsehen | |
konnten. | |
## Temperaturabhängige Emissionsminderung | |
„Die Unschuld der Hersteller scheint im Kraftfahrtbundesamt schon dann | |
erwiesen, wenn die Hersteller dies in einer kurzen Mail beteuern“, sagte | |
Krischer, der die Grünen-Fraktion als Obmann im Untersuchungsausschuss zur | |
Diesel-Affäre vertritt. KBA-Chef Ekhard Zinke verstehe sich „offensichtlich | |
als Dienstleister der Autoindustrie und nicht als Leiter einer | |
Überwachungsbehörde.“ | |
Infolge des VW-Dieselskandals um manipulierte Abgastests hatte | |
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) im September 2015 die | |
„Untersuchungskommission Volkswagen“ eingesetzt. Außerdem ordnete er | |
Abgas-Nachmessungen durch das KBA bei VW und anderen Herstellern an. Die | |
Ergebnisse dieser Messungen finden sich in dem Bericht der | |
Untersuchungskommission, der im April veröffentlicht wurde. | |
Im Fall der Opel-Modelle Insignia und Zafira verwiesen die Autoren in | |
früheren Versionen des Berichts auf ein Gutachten des Experten Georg | |
Wachtmeister von der Technischen Universität München. Unter anderem ging es | |
darum, dass bereits ab 17 Grad Außentemperatur das Abgas nicht mehr richtig | |
gereinigt wurde. | |
Wörtlich hieß es dazu im Entwurf: „Dieses Gutachten stützt die Zweifel an | |
der Zulässigkeit dieser temperaturabhängigen | |
Emissions-Minderungs-Strategie.“ Der Hinweis fehlt in der veröffentlichten | |
Fassung des Berichts. | |
## Mahnverfahren gegen sieben EU-Staaten | |
Auf Anfrage verwies Opel darauf, dass nur Ministerium und KBA Fragen zur | |
Untersuchungskommission beantworten könnten. | |
Das Ministerium teilte mit, bei den 14 Fahrzeugen habe die Kommission | |
Zweifel gehabt, ob die Abschaltung der Abgasreinigung „vollumfänglich mit | |
Motorschutzgründen gerechtfertigt werden könne und damit zulässig“ sei. | |
Darum seien sie in die entsprechende Gruppe von Fahrzeugen eingeordnet | |
worden. Auf Fragen nach der Streichung der Textpassagen ging das | |
Ministerium nicht ein. | |
Am Donnerstag hatte die EU-Kommission ein [2][Mahnverfahren gegen | |
Deutschland und sechs weitere Staaten eingeleitet]. Brüssel wirft der | |
Bundesrepublik vor, sie habe VW nicht für die Manipulation von | |
Schadstoffwerten bei Dieselautos bestraft und halte Informationen über | |
technische Daten zurück. Auch gegen Tschechien, Litauen, Griechenland, | |
Luxemburg, Spanien und Großbritannien [3][leitete die EU-Behörde sogenannte | |
Vertragsverletzungsverfahren ein]. | |
„Aus den Akten geht eindeutig hervor, dass dem Verkehrsministerium nicht | |
nur im Fall VW Belege für illegale Abschalteinrichtungen vorlagen“, sagte | |
Linke-Politiker Herbert Behrens, der dem Untersuchungsausschuss des | |
Bundestags vorsitzt. „Warum und durch wen die eigenen Erkenntnisse | |
schließlich zensiert wurden, wird im Untersuchungsausschuss zu klären | |
sein.“ | |
9 Dec 2016 | |
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