# taz.de -- Abgas-U-Ausschuss im Bundestag: Gabriel verteidigt sich | |
> Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel wirft VW im | |
> Abgas-Untersuchungsausschuss „dämliches“ Verhalten vor. Sich selbst aber | |
> gar nix. | |
Bild: Sie sitzen doch alle in einem Auto: Gabriel mit dem früheren VW-Chef Mar… | |
BERLIN taz | Als der Untersuchungsausschuss des Bundestages zur | |
VW-Abgasaffäre seine Sitzung am Donnerstag kurz unterbrach, damit die | |
Parlamentarier zu einer namentlichen Abstimmung ins Plenum eilen konnten, | |
machte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eine flapsige | |
Bemerkung. Die Zeit könne er nutzen, um zu arbeiten. Sollte damit gemeint | |
gewesen sein, dass die Aufarbeitung des Skandals keine Arbeit sei? | |
Nein, diesen Eindruck wollte Gabriel während seiner mehrstündigen Befragung | |
dann doch nicht aufkommen lassen. Volkswagen, immerhin Deutschlands größter | |
Konzern, habe „selten dämlich“ gehandelt, indem er Abgaswerte von | |
Dieselfahrzeugen manipuliert hat. „Ich habe nicht für möglich gehalten, | |
dass bei VW mit krimineller Energie vorgegangen wurde, geltendes Recht zu | |
umgehen.“ Davon habe er erst erfahren, als VW im September vergangenen | |
Jahres dies gegenüber US-Behörden zugegeben hatte. Auch Kanzleramtschef | |
Peter Altmaier (CDU) hörte nach eigenen Worten ebenfalls erst damals von | |
illegalen Praktiken. | |
Für Gabriel war dies eine „Zäsur“, denn damit sei das Vertrauen in VW und | |
in die Marke „Made in Germany“ erschüttert worden. Er sei sehr besorgt üb… | |
den politischen und wirtschaftlichen Schaden gewesen, zumal zu diesem | |
Zeitpunkt parallel in Brüssel über die Einführung neuer Verfahren zur | |
Typzulassung von Fahrzeugen Verhandlungen liefen. | |
Diese Testverfahren sollen neben einer Prüfung der Fahrzeuge im Labor auch | |
Tests auf der Straße enthalten. Weil bei Tests auf der Straße in der Regel | |
schlechtere Bedingungen als im Labor (Temperatur, Straßenbelag, Seehöhe) | |
herrschen, wollte die Industrie einen neuen Umrechnungsfaktor, den | |
sogenannten Konformitätsfaktor. Dieser beschreibt, um wie viel mal höher | |
die Schadstoffemissionen bei der Straßenmessung gegenüber der Labormessung | |
sein dürfen. | |
Die Vorhaltungen der Opposition, Gabriels Haus habe sich im Sinne der | |
deutschen Autoindustrie bei den Verhandlungen auf europäischer Ebene für | |
einen möglichst hohen Konformitätsfaktor eingesetzt, wies Gabriel zurück. | |
„Außer uns und den Niederlanden wollte in Europa keiner einen | |
Konformitätsfaktor von unter 2.“ Dass man sich letztlich auf 2,1 einigte, | |
wertete Gabriel als Erfolg. Andernfalls hätte es keine Einigung gegeben. | |
Vor allem Italien und Tschechien hätten sich für Werte eingesetzt, die den | |
Vorstellungen des europäischen Automobilverbands näher gewesen wären. | |
Auch die ominöse „Transferfunktion“, mit der dereinst zusätzliche | |
Schadstoffemissionen durch aggressive Fahrweisen auf Testergebnisse | |
angerechnet werden könnten, hätten andere EU-Mitgliedstaaten gewollt. Im | |
Moment sei dieser Begriff nur eine Art Platzhalter im Verordnungstext. | |
„Darüber ist noch nicht entschieden.“ | |
Gabriel räumte ein, dass es schon zu seiner Zeit als Bundesumweltminister | |
im Jahr 2007 Kenntnisse über Abweichungen zwischen Labor- und Straßenwerten | |
bei den Abgasemissionen gegeben habe. Deshalb habe er auf neue | |
Testverfahren gedrängt. Hinweise auf illegale Abschalteinrichtungen habe er | |
nicht gehabt; auch Umweltverbände hätten ihm keine konkreten Hinweise | |
gegeben. | |
16 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
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