# taz.de -- Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende: Alles hängt am Geld | |
> Alleinerziehende Eltern müssen weiter auf die Reform des | |
> Unterhaltsvorschusses hoffen. Die Kommunen lehnen die Mehrausgaben | |
> vorerst ab. | |
Bild: Liebe allein reicht auch für Kinder von Alleinerziehenden nicht. Zum Leb… | |
Berlin taz | Schlechte Nachricht für Alleinerziehende: Es ist weiterhin | |
unklar, ob jene Mütter und Väter, die von ihren getrennten PartnerInnen | |
keinen Unterhalt für ihre minderjährigen Kinder bekommen, bald mit mehr | |
Geld vom Staat rechnen können. | |
Die 16 MinisterpräsidentInnen der Länder, die sich am Donnerstag darüber | |
mit dem Bund verständigen wollten, machten eine Einigung zur umstrittenen | |
Reform des Unterhaltsvorschusses davon abhängig, ob die höheren Kosten | |
dafür fair zwischen Bund und Ländern verteilt werden. | |
Konkret geht es laut Familienministerium um 800 Millionen Euro Mehrkosten. | |
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DSGB) indes geht von 1,8 Milliarden | |
Euro aus, die eine Reform des Unterhaltsvorschusses kosten würde. Derzeit | |
tragen die Länder zwei Drittel, der Bund ein Drittel der Kosten. | |
DSGB-Geschäftsführer Gerd Landsberg forderte vor dem Treffen der | |
Ministerpräsidenten, Bund und Länder müssten „sämtliche Mehrkosten“ | |
übernehmen, die den Kommunen entstehen. Inklusive der Personal- und | |
Sachkosten. | |
## Geringe Rückholquote | |
Ähnlich sieht das Reiner Haseloff, CDU-Ministerpräsident von | |
Sachsen-Anhalt: Die Länder befürworten das Vorhaben von | |
SPD-Familienministerin Manuela Schwesig, sagt er. Der Bund jedoch müsse die | |
Länder entlasten. Erwin Sellering, Ministerpräsident von | |
Mecklenburg-Vorpommern, forderte, den „Verfolgungsdruck auf die säumigen | |
Zahler“ zu erhöhen. | |
Derzeit zahlen die Jugendämter der Kommunen den Unterhaltsvorschuss und | |
holen sich das Geld von den Vätern – und wenigen Müttern – zurück. Doch … | |
„Rückholquote“ ist gering: Nur knapp ein Viertel fließt wieder zurück in | |
die öffentlichen Kassen. | |
Die Alleinerziehenden empfinden den dauernden Streit als Affront. So | |
fordert der Verband Alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) in einer | |
Petition: „Lassen Sie die Trennungskinder nicht noch länger im Stich.“ | |
Sie drängen darauf, dass die Reform des Unterhaltsvorschusses, die Mitte | |
November vom Kabinett gebilligt wurde, fristgerecht umgesetzt wird. Danach | |
sollte der Unterhaltsvorschuss zum neuen Jahr ausgeweitet werden: Ab 1. | |
Januar 2017 sollte der Unterhaltsvorschuss für jedes betroffene Kind bis 18 | |
Jahre gezahlt werden. | |
Bislang erhalten Alleinerziehende, deren getrennte PartnerInnen keinen | |
Unterhalt zahlen, die staatliche Leistung höchstens sechs Jahre lang und | |
nur bis zum 12. Lebensjahr des Kindes. Für Kinder bis zu fünf Jahren | |
bekommen sie 145 Euro monatlich, 194 Euro gibt es für Kinder bis 12 Jahre. | |
## Erhöhter Verwaltungsaufwand | |
In Deutschland leben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 1,6 | |
Millionen Alleinerziehende, 90 Prozent von ihnen sind Frauen. Die Hälfte | |
von erhält laut VAMV keinen Unterhalt, ein Drittel unregelmäßig oder | |
ungenügend. Bundesweit beziehen 440.000 Eltern den Unterhaltsvorschuss. | |
Von der Reform profitieren laut Schwesig 260.000 Kinder. Unter ihnen | |
insbesondere Mütter mit geringen Einkommen, die durch mehr Unterhalt aus | |
der Armutsfalle geholt werden könnten. Hartz-IV-EmpfängerInnen haben nichts | |
von dem erweiterten Unterhaltsvorschuss, weil die Leistung mit dem | |
Sozialgeld verrechnet wird. | |
Die Kommunen rechnen damit, dass bundesweit rund 1.000 MitarbeiterInnen | |
zusätzlich eingestellt werden müssten, um den Verwaltungsaufwand zu | |
bewältigen. Um den Kommunen entgegen zu kommen, könnte das Geld | |
beispielsweise ab April rückwirkend zum 1. Januar ausgezahlt werden. So | |
würden Alleinerziehende nichts verlieren. | |
Letztlich hängt die Einigung über den Unterhaltsvorschuss von einer | |
grundsätzlichen Einigung über die Bund-Länder-Finanzbeziehungen ab. Und die | |
ist bislang offen. | |
9 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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