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# taz.de -- Alleinerziehende über Grundsicherung: "Wir sparten an Kleidung und…
> Michaela Huth ist alleinerziehende Mutter. Die Kindergrundsicherung hätte
> der Familie einige Sorgen erspart, meint sie. Und hält es für ein
> Vorurteil, dass mehr Geld den Kindern nichts nütze.
Bild: Schulbedarf, Kindergarten, Kleidung - alles kostet Geld.
taz: Frau Huth, Alleinerziehende sind in Deutschland besonders häufig von
Armut betroffen. Was sind die größten Sorgen der Mütter und Väter?
Michaela Huth: Ich selbst war von Anfang an alleinerziehend mit meinen zwei
Kindern, und das Problem ist immer das Gleiche: Es fehlt an Kinderbetreuung
und Arbeitsplätzen, um sich den Lebensunterhalt selbst zu sichern. Ich habe
sogar in Düsseldorf mit anderen Alleinerziehenden eine Kita gegründet,
damit ich mir eine Stelle suchen konnte.
Aber 500 Euro Kindergrundsicherung schaffen noch keine Kitas und Jobs.
Das stimmt. Aber gerade weil beides nicht vorhanden ist, braucht man ja das
Geld - deswegen sind die Kinder ja arm. Die 500 Euro wären eine Maßnahme,
die viele Kinder aus der Armut rausbringen könnte. Sie sollen ja nicht
dafür bestraft werden, dass die Eltern getrennt leben. Ich bekam meine
Kinder, die heute 17 und 19 Jahre alt sind, als ich noch studiert habe.
Hätte ich damals eine Kindergrundsicherung gehabt, wäre ich viele Sorgen
losgeworden.
Es gibt doch schon Leistungen wie Kindergeld, Kinderfreibeträge,
Unterhaltsvorschuss, Bafög, Hartz IV und Sozialgeld.
Das deckt ja lange nicht den Bedarf der Kinder. Außerdem müssen Eltern die
Hilfen bei verschiedenen Stellen beantragen, und die Leistungen werden
gegeneinander aufgerechnet. Ich musste ständig zu verschiedenen Behörden
laufen - ich hatte keine andere Chance, es blieb ja kein Geld übrig, um
jeden Monat zu überleben. Und dann wurde alles gegeneinander aufgerechnet:
Meine Kinder haben, als ich eine Zeit lang von Sozialhilfe gelebt habe, vom
Kindergeld nichts bekommen. Wenn man 500 Euro von einer Stelle erhält, ist
das eine sehr starke Erleichterung. Ich zum Beispiel hätte dann mehr Zeit
gehabt und mich mehr um meine eigene Ausbildung kümmern können - damit ich
meine Kinder selbst ernähren kann.
Haben diese Probleme die Kinder beeinflusst?
Selbstverständlich. Mein Sohn und meine Tochter wussten, dass sie arm sind.
Der Vater konnte selbst nur den Minimalbetrag an Unterhalt für sie zahlen.
Ich habe einige Zeit von Sozialgeld gelebt und dann Teilzeit gearbeitet.
Finanziell ging es uns sehr schlecht, das Geld hat überall gefehlt. Wir
mussten auch bei Essen und Kleidung sparen.
Wie haben Ihre Kinder reagiert?
Beschwert haben sie sich selten. Sie fühlten sich für die Familie
mitverantwortlich und wollten mir keine Vorwürfe machen, auch wenn sie auf
vieles verzichten mussten. Aber sie waren auch oft traurig, wenn es zum
Beispiel kaum Taschengeld für die Klassenfahrt gab.
Kritiker der Kindergrundsicherung sagen, dass das Geld oft nicht für die
Kinder ausgegeben wird und man den Familien lieber anders helfen soll.
Das Geld ist für die Kinder, und die meisten Eltern respektieren das auch.
Kindergarten, Schulbedarf - da kommen eine Menge Kosten hinzu. Die meisten
geben ihren letzten Pfennig für die Kinder aus und achten darauf, dass sie
gut angezogen sind, damit sie nicht noch mehr stigmatisiert werden.
Ihre Kinder sind jetzt 17 und 19 Jahre alt. Was hat Sie als
alleinerziehende Mutter am meisten belastet?
Das Schlimmste ist immer: Man ist für alles allein verantwortlich. Das
Verhältnis zum Vater kann noch so gut sein, die Sorgen um Geld, Job und die
Erziehung kann man nicht teilen. Als Erwachsener ist man ja für sich selbst
verantwortlich - aber es wäre gut, wenigstens die Absicherung für die
Kinder zu haben: dass sie 500 Euro sicher haben.
15 Apr 2009
## AUTOREN
Nicole Janz
## TAGS
Unterhalt
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