# taz.de -- Initiative zu rechtsextremen Immobilien: Demokratiezentren statt Na… | |
> Kommunen sind immer wieder mit Neonazi-Treffs konfrontiert. Nun die Idee: | |
> Gibt es dort Straftaten, sollten die Gebäude gemeinnützig werden. | |
Bild: Verbarrikadiert und in der rechten Szene fest verankert: das Thinghaus in… | |
BERLIN taz | Erst wenige Wochen ist es her, da lud das Thinghaus zu einem | |
Konzert. Drei Szenebands traten in dem Neonazitreff auf, der sich hinter | |
hohen Holzzäunen in Grevesmühlen in Mecklenburg-Vorpommern verbirgt. Die | |
Einnahmen gingen auch an einen speziellen Adressaten: Ralf Wohlleben. Der | |
ist im NSU-Prozess als Waffenbeschaffer der Rechtsterroristen angeklagt. | |
Für die Stadt war das ein erneuter Affront. Seit Jahren schon feiern | |
Rechtsextreme im Thinghaus Konzerte und Grillfeste, auch Rocker waren schon | |
zu Gast. Der Verfassungsschutz attestiert dem Treff eine „überregionale | |
Bedeutung“ für die Szene. | |
Geht es nach mehreren Demokratie-Initiativen könnte solchen Neonazitreffs | |
bald ein besonderes Schicksal blühen. Denn derzeit berätder Bundestag über | |
einen Gesetzentwurf zur „strafrechtlichen Vermögensabschaffung“: Damit soll | |
es künftig leichter werden, kriminell erbeutetes Vermögen durch den Staat | |
zu beschlagnahmen. Bisher können die Täter dieses oft behalten. | |
Die Verbände dringen nun auf eine Sonderklausel in dem neuen Gesetz – und | |
reichten dazu kürzlich eine Stellungnahme ein. Werden künftig rechtsextreme | |
Immobilien beschlagnahmt, etwa nach einem Kameradschaftsverbot oder | |
kriminellen Geschäften, sollen diese danach gezielt weitergenutzt werden: | |
als gemeinnützige Einrichtung. „Aus Naziläden könnten so Demokratiezentrum | |
werden“, sagt Tobias Scholz von der Amadeu-Antonio-Stiftung, die die | |
Stellungnahme mitunterzeichnet hat. | |
## „Wirkungsvolles Repressionsinstrument“ | |
Die rechtsextremen Treffs schufen oft Angsträume, vielfach gingen von ihnen | |
Angriffe und rechte Propaganda aus. Die Klausel wäre dagegen „ein | |
wirkungsvolles Repressionsinstrument“, findet Scholz. | |
Die Verbände treffen sich zu diesem Thema eigens ab Donnerstag zu einer | |
Konferenz in Berlin. Und sie verweisen auf eine EU-Richtlinie von 2014. | |
Dort heißt es, die Mitgliedstaaten sollten Maßnahmen ermöglichen, um | |
„eingezogene Vermögensgegenstände für Zwecke des öffentlichen Interesses | |
oder soziale Zwecke zu verwenden“. | |
Unterstützung kommt auch aus der Politik. Die Grünen-Innenpolitikerin | |
Monika Lazar hält den Vorschlag für „einen guten Ansatz“. Je nach der | |
Straftat, die mit dem Gebäude verknüpft seien, könnte ein Träger gewählt | |
werden, der genau dazu präventiv arbeitet. „Das hätte eine besonders hohe | |
Symbolkraft“, betont Lazar. | |
Im Bundesjustizministerium, das den Gesetzentwurf verantwortet, hält man | |
sich bedeckt. Eine Sprecherin verweist aber darauf, dass die Bundesländer | |
schon heute über eingezogene Gegenstände frei verfügen könnten. „Damit | |
kommt grundsätzlich auch eine Verwendung zu gemeinnützigen Zwecken in | |
Betracht.“ | |
So wurde tatsächlich 2015 in Dortmund im früheren Zentrum des verbotenen | |
„Nationalen Widerstands“ ein Jugendcafé eröffnet – samt „Respekt-Bür… | |
Jugendamtes. Es war ein bewusstes Zeichen der Stadt. Und für die Verbände | |
ein vorbildliches Vorgehen. Nun wollen sie dieses auch gesetzlich | |
festschreiben lassen. | |
10 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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